Werft die Zeitmaschine an und stellt das Zieldatum auf den April 1997! Heute möchte ich durch LIMIT Nr. 4/97 blättern. Selbstverständlich wird auch diesmal der Spieleteil im Mittelpunkt stehen, doch einen Blick auf die sonstigen Inhalte kann ich mir ebenso wenig verkneifen. Auf der Titelseite dribbelt uns Mehmet Scholl entgegen, also schon wieder ein Fußballer. Und so sehr ich den Scholli auch mag – die Fußballer-Dichte auf dem LIMIT-Cover wird mittlerweile echt eintönig.


Folge 9: Ausgabe Nr. 4/97
Immerhin befassen sich im Heftinneren gerade einmal zwei Seiten mit Fußball, bzw. mit Mehmet Scholl, bevor die LIMIT die anschließenden vier Seiten einem Kino-Großereignis widmet: Die Star-Wars-Trilogie kehrte zurück auf die Leinwand. Gemeint ist in diesem Fall natürlich die berühmt-berüchtigte Special Edition, mit neuen Szenen und Spezialeffekten, die der Veröffentlichung von Star Wars: Episode 1 im August 1999 schon einmal den Weg bereitete.
Und es war schon sehr durchdacht, das Timing. Da saß nun gerade die Generation in den Redaktionen und schrieb über zwanzig Jahre alte Filme, die sie gesehen hatte, als sie selbst Kinder oder Jugendliche waren, und brachte „die berühmteste Science-Fiction-Serie der Welt“ einer neuen Generation von Kindern und Jugendlichen nahe, der ich angehörte. Auf der Leinwand konnte ich die Special Edition dann zwar nicht sehen, weil mein Kleinstadtkino es entweder nicht für nötig hielt, einen unbedeutenden Nischenfilm wie Star Wars zu zeigen, oder aber keine Kopien abbekam (was in vor-digitalen Zeiten häufiger vorkam). Allerdings liefen ungefähr zur selben Zeit die Originalfassungen im Fernsehen, und so konnte auch mich die Begeisterung für das Star-Wars-Universum packen, die die Bilder und Texte in der LIMIT, aber auch zum Beispiel im Club Nintendo Magazin, zuvor schon kräftig angefacht hatten.




Etwas überraschend ist, dass das Thema Formel 1 trotz Saisonbeginn im Heft fast gar nicht vertreten ist, wogegen es ein zweiseitiger Beitrag über die weniger populäre GT1-Rennserie in die Ausgabe geschafft hat. Der Grund für die vermeintliche Unterrepräsentation ist das „Riesenposter“ und der Stickerbogen, die dem Heft als Extras beilagen. Auf der dort aufgedruckten Punktetabelle sollte man die Aufkleber mit den Namen der Formel-1-Fahrer platzieren und nach jedem Rennen entsprechend neu verschieben. Als Matheübung vielleicht ganz nett, funktionierte das in meiner Erinnerung allerdings mehr schlecht als recht…
Und sonst? Inline-Skating-Tricks. Comics (selbstverständlich). Ach, doch noch einmal Fußball: Sean Dundee auf zwei Seiten. Basketball: ein NBA-Lexikon. Fleischfressende Pflanzen. Leserbriefe, bei denen ich mich jedes Mal frage, ob sie erfunden sind. Und ein Gewinnspiel zum Film Independence Day, bei dem es als Hauptpreis einen von zehn Pagern zu gewinnen gab. Eine Technologie, die an mir in Gänze vorbeigegangen ist.
Unscheinbare Kleinode und ganz fiese Krähen
Games sind uns bis hierhin also nicht untergekommen, noch nicht einmal in irgendeiner Werbeanzeige. Bleibt also nur die dedizierte Powerplay-Rubrik auf der für sie reservierten Doppelseite ziemlich weit hinten im Heft. Und da lautet mein erster Eindruck leider: Frühjahrsflaute.
Im immer wieder anders befüllten Bereich auf der zweiten Seite unten sind diesmal unter der Überschrift „Warp“ (??) ein halbes Dutzend News-Meldungen versammelt. Unter dem Titel „Granatenscheibe“ tönt uns die zum Soundtrack von Command & Conquer besonders schrill entgegen. Die LIMIT schreibt sich in Ekstase und platziert die Leerzeichen mal wieder überall, nur nicht dort, wo sie hingehören. Ich gehe davon aus, dass das die gemeinte CD ist.


Dass EAs „NBA Live 97“ zum Tipp des Monats erkoren wurde, ist wohl eher der schwachen Konkurrenz geschuldet. Der Rezensionstext ist okay, sieht man von dem seltsam konstruierten Einstieg einmal ab: LIMIT-Lesern sollte man die Popularität von Basketball doch eigentlich nicht mehr erklären müssen?
„Slam Tilt“ ist ein Flipperspiel und interessanter, als es vielleicht klingt. Zwar wurde es nicht mehr von Digital Illusions (DICE) entwickelt, wie seine legendären Vorgänger Pinball Fantasies und Pinball Dreams. Es wurde aber ebenfalls von 21st Century Entertainment vertrieben und war ebenfalls ursprünglich auf dem Amiga zu Hause, wo es Wertungen im 90er-Bereich einfuhr. Die in der LIMIT rezensierte PC-Umsetzung gilt allerdings als eher schwach.
„Sonic 3D: Flickies‘ Island“ gehört mit seiner Iso-Perspektive zu den schwarzen Schafen der Sonic-Reihe und erhielt sehr gemischte Rezensionen. Die ganz große Begeisterung ist auch der LIMIT nicht anzumerken: „Alles in allem ein rasantes und übersichtliches Spiel.“ Warum als System nur das Mega Drive angegeben ist, obwohl seit Februar auch die Saturn-Version in Europa draußen war, weiß vermutlich wie so oft noch nicht einmal die LIMIT selbst.
„Monster Trucks“ lässt sich nur mit Zusätzen ergoogeln, zumal es diesen Titel nur in Europa trägt und in den USA als „Thunder Truck Rally“ bekannt ist. Es stammt allerdings aus dem Hause Reflections und wurde von Psygnosis auf den Markt gebracht. Große Namen also, die jedoch an der mittelmäßigen Qualität des Spiels wenig ändern.
„Das Hexagon-Kartell“ ist laut LIMIT „eine top Hubschraubersimulation aus Deutschland“. Und das kann man schon so sagen, vergab doch die deutsche PC Games damals stolze 91 Prozent für das Spiel aus dem altehrwürdigen Hause Ascaron.
„The Crow: City of Angels“ kennen viele sicherlich als Film, aber die bloße Existenz der gleichnamigen Spielumsetzung ist vermutlich nur härtesten Krähen-Fans bekannt. Das hat, trotz schicker Render-Grafik, seinen Grund: Das Spiel ist, laut einhelliger Meinung der Presse, grottenschlecht. Eine 1,0 von 10 bei IGN und eine Reihe von Negativ-Awards sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Lediglich die LIMIT schwimmt unerschrockenen Mutes gegen den Meeresstrom – und meint zwar auch, dass die Rätsel „ein wenig zu kurz“ kommen, die Actionpassagen dafür aber „enormen Spaß“ machen.
Fun Facts: Verantwortlich für das Machwerk ist ein kanadisches Studio namens Gray Matter, benannt nach seinem Gründer Chris Gray und keinesfalls zu verwechseln mit den sehr viel jüngeren Gray Matter Studios. Das unmittelbare Vorgängerprojekt vor „The Crow“ trug den austauschbaren Namen „Perfect Weapon“ und wurde seinerzeit als „Tekken 2 meets Resident Evil“ beworben, was leider abgefahrener klingt, als das Spiel es tatsächlich war. Das nachfolgende „The Crow“ sollte dann das letzte veröffentlichte Spiel des Studios bleiben, auf dessen Konto neben anderen Gurken auch eine Umsetzung von „Wayne’s World“ für das Super Nintendo geht.
Und dann ist da noch „Tobal No. 1“. Meines Wissens auch kein Spiel, das heute großen Klassikerstatus genießt, obwohl es durchaus Gründe dafür gäbe. Handelt es sich doch um ein gutes bis sehr gutes Prügelspiel aus dem Hause Square. Na gut, entwickelt wurde es von DreamFactory, die später auch den schwer gehypten PS2-Titel „The Bouncer“ machten. Allerdings war es auch das erste Spiel, das Square überhaupt auf der PlayStation veröffentlichten – vor Final Fantasy VII und all den anderen Spielen, mit denen sie sich und Sonys Konsole in neue Erfolgssphären schossen.
Den Verweis auf Squares Rollenspiele bleibt aber auch die LIMIT nicht schuldig und endet mit diesen krummen Sätzen: „Ganz auf Rollenspiele wurde nicht verzichtet. So warten kleine Puzzles auf Lösung.“
Lasst euch das mal Wort für Wort durch den Kopf gehen. [sk]
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