Das ursprünglich für den 10. bis 12. Februar in Düsseldorf geplante #G4L Gaming-Festival wird nicht stattfinden. Dies ist einer knappen Meldung im offiziellen Ticket-Shop zu entnehmen, der über die Website der G4L aufgerufen werden kann. Die Absage wird mit „der allgemeinen konjunkturellen Lage und den gestiegenen Kosten“ begründet, kaum mehr als einen Monat bevor die Veranstaltung hätte stattfinden sollen.
Die G4L fällt damit bereits zum zweiten Mal ins Wasser, nachdem die ursprünglich für den Februar des letzten Jahres geplante Premiere wegen steigender Coronazahlen abgesagt werden musste. Die Veranstaltung wurde daraufhin für den Februar 2023 neu angesetzt, fand aber offenbar nicht genügend Zuspruch. Eine fast vollständige Funkstille vonseiten der Veranstalter lässt vermuten, dass sich der Traum von einer Düsseldorfer Alternative zur Gamescom auch dauerhaft erledigt hat.
Einem Post im offiziellen G4L-Discord ist zu entnehmen, dass die Meldung im Ticket-Shop seit dem 06. Januar online ist. Bis heute – immerhin fünf Tage später – bleibt die Startseite der G4L-Homepage einen angemessen deutlichen Hinweis schuldig und erweckt auch weiterhin den Eindruck, dass das Festival wie geplant vom 10. bis 12. Februar stattfinden würde. „Jetzt Tickets sichern“, heißt es dort auch heute noch, und nur wer sich tatsächlich bis zum Ticket-Shop vorarbeitet, wird mit der deprimierenden Meldung konfrontiert, dass die Messe abgesagt wurde.
Eine Pressemeldung oder ein sonstiges, ausführlicheres Statement des Veranstalters, die Agentur Mega Geeks, scheint bislang nirgends vorzuliegen. So berichteten zwar am 09. Januar auch GamesWirtschaft und am 10. Januar GamesMarkt über die Absage, besitzen aber allem Anschein nach auch keine Informationen, die über die knappen Hinweis im Ticket-Shop hinausgehen. GamesMarkt merkt lediglich an, dass auch die Branchenkonferenz #G4L Final Boss, die dem Festival am 08. und 09. Februar hätte vorausgehen sollen, nicht stattfinden wird, nachdem diese im vergangenen Oktober überhaupt erst angekündigt wurde.
Funkstille
Die Kommunikation lässt also zu wünschen übrig und fast könnte man den Eindruck bekommen, das Team der G4L sei untergetaucht: So fehlt auch auf den Social-Media-Kanälen bei Facebook und Twitter jeder Hinweis, dass das Event nicht stattfinden wird. Im G4L-Discord unterhalten sich eine Handvoll Nutzer über die Absage, haben aber, soweit für mich ersichtlich, ebenfalls noch kein Feedback von offizieller Seite erhalten, obwohl sie das G4L-Team bereits direkt adressiert haben.
Der Nutzer „KleinerDrache“ kritisiert, dass es „nirgends publik gemacht wird mit der Absage“ und gibt zu bedenken, dass es Personen gibt, die ihre Tickets bereits haben und mit in den Vorbereitungen für ihren Besuch stecken, und es möglicherweise noch gar nicht mitbekommen haben, dass die Veranstaltung abgesagt wurde. Und auch, dass es Leute gibt, die möglicherweise erst die Unterkunft und Anfahrt planen, bevor sie die Tickets kaufen.
Der Nutzer „ChrisChris“ ergänzt, dass „anscheinend […] nichtmal die Aussteller per Mail informiert [wurden]“, was, falls zutreffend, besonders unerfreulich wäre.
Schon in den vergangenen Wochen hätte außerdem auffallen können, dass die letzten Posts auf den Social-Media-Kanälen der G4L auf Anfang Dezember datieren, obwohl der Startschuss für das Festival immer näher rückte und das Marketing deshalb eigentlich hätte auf Hochtouren laufen müssen.
Bis Anfang Dezember tat man wohl auch sein Möglichstes, aber augenscheinlich nicht sehr viel länger. Ein Tweet vom 01. Dezember richtete sich an die „deutschsprachige #SmashBrosUltimate Community“, die man um Mithilfe bat, um Kontakt zum professionellen Smash-Bros-Spieler Tarik Fayazi herzustellen, den man gern zum Event einladen wolle. Besagter Tarik meldete sich wenige Tage später selbst unter dem Tweet, erhielt aber offenbar keine Rückmeldung. Darauf weist am 02. Januar in einem Post im G4L-Discord hin, wo er sich registriert hatte, um von sich aus noch einmal den Kontakt zu suchen.
Direkt darüber: Ein Post von einem User namens „Miku“, der oder die ebenfalls anmerkt, den Geschäftsführer wegen einer möglichen Zusammenarbeit angeschrieben, aber nach drei Wochen noch keine Rückmeldung erhalten zu haben. Dieser Post ist nun selbst schon wieder zwei Wochen alt. Ging der offiziellen Absage also bereits eine einmonatige Funkstille voraus?
Rückblick: Die erste Absage
Bei alledem kommt hinzu, dass es bereits das zweite Mal ist, dass die G4L ins Wasser fällt. So war die Erstausgabe des Festivals eigentlich schon für den 11. bis 13. Februar 2022 geplant; die entsprechende Ankündigung erfolgte am 06. Oktober des Vorjahres und verriet große Ambitionen: Ein „Key-Consumer-Gaming-Mega-Event“ wollte man etablieren, „eine Multi-Dimension […], in der Publisher ihre Communities treffen und ihre Neuheiten zeigen können“. Dabei erwartete man „bis zu 45.000 Besucher“ – deutlich weniger als die Gamescom in Köln, aber immer noch rund doppelt so viele wie auf jedem anderen Gaming-Event in Deutschland.
Das Profil der G4L wirkte bei alledem bunt, aber wenig originell: Brettspiele, Retro-Games, Merchandise und Cosplayer, ein Streaming-Programm und immerhin fünfzig Indie-Aussteller sollten neben großen Publishern die Hallen füllen. Keine Messe und keine Con, sondern ein „Festival“ wollte man sein.
Ungefähr zur selben Zeit als die Ankündigung erfolgt war, verschlechterte sich die pandemische Lage wieder, die sich in den Sommermonaten 2021 zunächst deutlich entspannt hatte. Ich gab deshalb schon damals zu bedenken, dass man mit einer Terminierung auf den erfahrungsgemäß infektionslastigeren Winter eine Wette mit ungewissem Ausgang eingeht, die man dann leider auch verlor. Am 13. Dezember 2021 musste das Event unter Verweis auf die pandemische Lage abgesagt werden. Im selben Atemzug erhielt die G4L einen neuen Termin – exakt ein Jahr später.
Die erneute Absage
Und nun also erneut eine Absage. Besonders ärgerlich: Nachdem die Verschiebung beim letzten Mal mit immerhin zwei Monaten Vorlauf erfolgte, klarer kommuniziert wurde, und nicht zuletzt (aufgrund der allgemeinen pandemischen Lage) erwartbar war, erfolgte die Absage in diesem Jahr gerade einmal etwas mehr als einen Monat vor Veranstaltungsbeginn und unter Angabe von Gründen, die auf weniger Verständnis stoßen dürften. Mit einem lapidaren Verweis auf „die allgemeine konjunkturelle Lage und die gestiegenen Kosten“ weisen die Veranstalter die Verantwortung zumindest implizit von sich, müssen sich aber den Einwand gefallen lassen, ob das dann nicht schon früher abzusehen war, zumal die sozialmediale Funkstille seit Anfang Dezember die Vermutung nahelegt, dass man sich seiner Sache offenbar schon seit einer Weile nicht mehr sicher war.
Es würde mich außerdem nicht wundern, wenn neben (oder sogar vor) den genannten Gründen auch ein mangelndes Interesse von Besuchern (und möglicherweise auch Ausstellern) zu den Gründen zählt. Die G4L schaffte es aus meiner Perspektive nie, einen nennenswerten Hype zu erzeugen, auch und gerade dann nicht, nachdem die Premiere von 2022 auf 2023 verschoben werden musste. Was eigentlich die erste Gaming-Großveranstaltung „nach“ Corona und vor der Rückkehr der Gamescom (nach deren Corona-Pause) hätte werden sollen, geriet zu einem Spiele-Event unter vielen. Durften die Veranstalter im vergangenen Winter noch hoffen, die Corona-bedingte Disruption nutzen zu können und „ausgehungerte“ Messefans abzuholen, musste sich die G4L ein Jahr später im Konkurrenzumfeld einer komplett revitalisierten Gaming-Messe-Landschaft behaupten, in der die G4L zudem nicht der einzige Neuling war.
So hatte das vergangene Jahr neben dem Comeback der Gamescom eine Reihe von Messe-Premieren zu bieten, darunter die Polaris in Hamburg sowie die Gamevention in Neumünster und die DreamHack in Hannover, die jeweils an neuen Standorten und erstmals seit Pandemie-Beginn stattfanden. 2023 stehen die MAG-C in Erfurt und die CAGGTUS in Leipzig als semi-neue Events in den Startlöchern. Und während die Premieren in den meisten Fällen erfolgreich verliefen, so zeigten sie doch auch, dass eine große Gaming-Messe kein Selbstläufer ist: So blieb etwa die Polaris in Hamburg mit 10.000 Besuchern deutlich hinter den erhofften „mehr als 30.000“ Besuchern zurück, und auch die etablierte Marke DreamHack musste im Zuge ihres Umzug von Leipzig nach Hannover zumindest einen leichten Besucherschwund hinnehmen. Neben dem alten Platzhirsch Gamescom, der es trotz erschwerter Bedingungen durch Corona auf beachtliche 265.000 Besucher schaffte, konnte lediglich die Gamevention in Neumünster kräftig punkten und mit 25.000 Besuchern das selbstgesteckte Ziel erreichen, zum zweitgrößten Gaming-Event Deutschlands zu werden. (Auch wenn ich persönlich die offiziellen Besucherzahlen mit Blick auf andere Indikatoren ein wenig ungläubig betrachte.)
Die G4L plante, wie zuvor erwähnt, sogar noch eine Nummer größer und ging wohl davon aus, die schiere Einwohnerstärke der Metropolregion Rhein-Ruhr auf ihrer Seite zu haben. Aber damit eben auch die Gamescom als Konkurrenz fast direkt vor der Haustür. Zwar war die G4L mit ihrem Februar-Termin zumindest kalendarisch noch immer maximal weit vom Event in Köln entfernt, aber geographisch eben gar nicht – im Unterschied zu dem halben Dutzend anderer Gaming-Events im Norden und Osten der Republik, die den potentiellen Vorteil haben, jene Besucher anzusprechen denen die Reise in den äußersten Westen Deutschlands zu teuer und zu weit ist.
Doch so wenig förderlich diese Umstände auch sind: Vor allem beim Marketing dürfte es gehörig gehakt haben. Obschon im offiziellen Discord eine engagierte (wenn auch kleine) Community vorfreudig auf die Veranstaltung blickte und nach der ersten selbst die zweite Absage noch verständig hinnimmt, darf man irritiert und etwas ratlos feststellen, dass etwa der Twitter-Account der G4L, rund sechzehn Monate nach seiner Erstellung – bei gerade einmal 160 Followern rumkrebst. Sogar die im Vergleich zu den Ambitionen der G4L winzige NEXO Nerd-Expo kommt auf mehr. Facebook? Kaum bessere 234 Follower. Instagram? Immerhin 479. Aber noch einmal: Die G4L rechnete mit bis zu 45.000 Besuchern – eine Zahl, die meines Wissens auch nie offiziell nach unten korrigiert wurde.
„Konjunkturelle Lage“ und „gestiegene Kosten“ – das kann natürlich viel bedeuten, unter anderem auch eine Zurückhaltung vonseiten der Aussteller, die nachweislich dazu tendieren, in Zeiten wie diesen an Standgrößen zu sparen oder gleich gar nicht zu kommen. Der einzige wirklich namhafte Publisher, dessen Kommen angekündigt war, war meines Wissens THQ Nordic. Es ist aber wohl auch davon auszugehen, dass einfach der Ticketvorverkauf nicht allzu gut gelaufen ist – und sich deshalb auch die Zahl derer, die der G4L ernstlich nachweinen, in Grenzen halten dürfte.
Dies ist nicht der Ort und Zeitpunkt für Boshaftigkeiten. Ich bin mir sicher, dass die Veranstalter diejenigen sind, die vom Ergebnis ihrer zweijährigen Bemühungen am meisten enttäuscht sind, und sicherlich ihr Möglichstes getan haben, um es dazu nicht kommen zu lassen. Und ja, natürlich gab es unverschuldete Gründe: Die pandemische Entwicklung damals, und nicht von der Hand zu weisende wirtschaftliche Erschwernisse diesmal. Aber so ein bisschen nach Debakel riecht es schon, und die Art und Weise, wie diese Umstände in den letzten Wochen (nicht) kommuniziert wurden, verdient Kritik.
Und auch wenn es heißt, aller guten Dinge sind drei: Ich glaube nicht, dass wir einen weiteren Anlauf der G4L erleben werden. Das Vertrauen scheint verspielt, der Bogen überspannt, und schon jetzt herrscht ein Überangebot an Alternativen, im Vergleich zu denen es dem Konzept der G4L an Eigenständigkeit mangelt. R.I.P. #G4L? Ja, wahrscheinlich schon. [sk]
PS: Es passiert nicht zum ersten Mal, dass eine in Düsseldorf geplante Videospiel-Messe die Segel streichen muss. Bereits im Jahr 2000 sollte dort die Interactive Games Expo IGEX als „erste Messe ausschließlich für Video- und Computerspiele auf dem europäischen Festland“ etabliert werden. Woran es scheiterte, und wie aus diesem Scheitern auf Umwegen schließlich zwei Jahre später die erste Games Convention hervorging – das könnt ihr in diesem Artikel nachlesen. Und wenn ihr wissen wollt, welche Gaming-Events außer der G4L in diesem Jahr in Deutschland stattfinden, werft einen Blick in unseren Gaming-Event-Kalender.
Hattet ihr vor, die G4L zu besuchen? Habt ihr von der Absage rechtzeitig erfahren? Wir freuen uns auf euer Feedback im Kommentarbereich!
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Quelle Titelbild: Mega Geeks GmbH.