Diesmal wagen wir einen Blick in die Dezemberausgabe des LIMIT-Magazins im Jahre 1996. Von der Titelseite wirft uns Arnold Schwarzenegger ein ungewohnt diabolisches Grinsen entgegen. Eddie Murphy als „Der verrückte Professor“ sowie Disneys „Der Glöckner von Notre Dame“ wirken im Vergleich fast schon normal.
Folge 5: Ausgabe Nr. 12/96
Das versprochene „Arnie von A bis Z“ ist keine leere Floskel: Tatsächlich hat die LIMIT auf zwei Seiten zu jedem Buchstaben des Alphabets genau einen „Fakt“ zur Hand. Q? „Qualm: Arnie ist leidenschaftlicher Zigarrenraucher. Seine Lieblingsmarke heißt ‚Romeo y Julieta‘ (Rome und Julia).“ X? „X-trem: erfolgreich. Als Bodybuilder gewann Big Arnie siebenmal den Titel ‚Mister Olympia‘.“ Y? „Yankee: ist der Spitzname eines amerikanischen Staatsbürgers. Seit dem 16. September 1983 ist Arnold Schwarzenegger ein Yankee.“ Und so weiter.
In Sachen längerfristiger Leserbindung schickt die LIMIT Jean-Claude Van Damme ins Rennen: „Die ersten zwei von insgesamt acht Teilen“ eines „lebensgroßen“ Van-Damme-Starschnitts warten darauf, an die Kinderzimmerwand gepinnt zu werden!
Leider fand ich selbst als damals Neunjähriger schon, dass Van Damme im weißen Unterhemd vor rein-weißem Hintergrund nicht das spannendste Motiv abgibt, das ich mir hätte vorstellen können. Außerdem hätte das Aufhängen des Starschnitts bedeutet, dass ich keines von den kleineren Postern auf den jeweiligen Rückseiten der Van-Damme-Einzelteile hätte aufhängen können.
Passend zum Extra durfte ein Artikel zum neuesten Van-Damme-Kinofilm natürlich nicht fehlen: Maximum Risk, bei dem Ringo Lam Regie führte, zählt allerdings zu den schwächeren Werken in Van Dammes Œuvre. Um eine FSK-16-Freigabe zu erhalten, schaffte es Maximum Risk in Deutschland nur gekürzt ins Kino. Für die LIMIT wie üblich kein Ausschlusskriterium.


MDK, Tekken 2 und Co.
Die ganz großen (oder ganz kuriosen) Themen lässt das Inhaltsverzeichnis diesmal vermissen (noch nicht einmal kindgerecht aufbereitetes Militärwissen gibt’s in dieser Ausgabe). Wenden wir uns deshalb direkt dem Videospiele-Teil zu, der diesmal wieder acht Titel auf zwei Seiten vorstellt. Und da dürften in der Vorweihnachtszeit doch einige Knaller dabei sein, oder?
Der „Tip des Monats“ gehört zweifellos dazu: MDK vom „Spielepapst David Perry“, das mit bemerkenswert nichtssagenden Sätzen und noch nicht einmal mit In-Game-Screenshots vorgestellt wird.
Echte Begeisterung vermittelt die Kurzkritik zum wegweisenden Tekken 2, bei dem man laut LIMIT die Schwächen des Vorgängers vergeblich suche. Das Prädikat „genial“ bekommt daneben auch Destruction Derby 2 verpasst, das auch über das LIMIT-Magazin hinaus den Ruf einer exzellenten Fortsetzung hat
Von der Spielegeschichte eher vergessen ist der 2,5D-Plattformer Pandemonium, der seinerzeit von Toys for Bob entwickelt wurde – dem Studio, das Anfang der 1990er mit Star Control (II) auf der Bildfläche erschien und sehr viel später (nach einigen eher mauen Jahren) mit der Skylanders-Reihe Millionen und Abermillionen in die Kassen von Activision spülen sollte. Pandemonium war kein schlechtes Spiel, stand aber u.a. im Schatten des fast zeitgleich erschienenen Crash Bandicoot, mit dem bekanntermaßen Naughty Dog seinen Durchbruch feierte. Da darf es als Ironie des Schicksals gelten, dass Toys for Bob sich den Beuteldachs später selbst aneigneten und diesen in Crash Bandicoot 4: It’s About Time (2020) nicht nur zum Comeback, sondern auch in neue Höhen führten. (PS: Eine sehr gelungene Podcast-Folge zu Pandemonium gibt’s bei Game Not Over.)
Down in the Dumps und Toonstruck sind typische Adventures der Mitt-90er, wobei letzteres einige sehr gute Wertungen einfahren konnte und bis heute Kultstatus unter Adventure-Fans genießt – auch weil Christopher „Doc Brown“ Lloyd die Hauptrolle spielt.
Die Rezeption von Starfighter 3000 war durchmischt, was wohl auch damit zu erklären ist, dass die Qualität des Spiels je nach Plattform variierte. Das Spiel erschien ursprünglich bereits 1994 auf dem Acorn Archimedes, einem Personal Computer auf ARM-Basis, und 1995 für die wenig erfolgreiche 3DO-Konsole, wo es einige gute Kritiken erhielt. In der LIMIT werden jedoch die 1996er Portierungen auf die PlayStation und den Sega Saturn vorgestellt, für die etwa die deutsche Maniac nur 61 Prozent übrig hatte. Die Saturn-Version besaß ich durch einen Zufall (und viele Jahre später) selbst einmal, fand sie aber nur langweilig.
Last, but not least: Andretti Racing. Klingt nach einem 08/15-Rennspiel, auf das mal eben der Name eines großen Rennfahrers geklebt wurde, aber das täuscht: Das Spiel, das später auch auf den Saturn portiert wurde, war ein hervorragender Vertreter seines Genres, bei dem man sowohl NASCAR- als auch IndyCar-Rennen bestreiten konnte, was aus dem Text der LIMIT leider nicht hervorgeht. Die Maniac bedachte beide Versionen mit 86 Prozent und lobte u.a. den gelungenen Split-Screen-Multiplayer.
Von fraglichem Nutzen ist wieder einmal die Cheat-Sektion. Für Donald in Maui Mallard gibt es „einige heißbegehrte Paßwörter“, und „einige“ ist dabei auch wörtlich zu nehmen, nämlich nur die für die ersten vier (von insgesamt acht) Levels. War der Rest vielleicht zu „heiß“ und hätte das Papier, auf dem das Heft gedruckt ist, in Flammen aufgehen lassen? Komplett rätselhaft ist der Cheat zu „Formel 1“, dessen Ausführung nicht nur wirr beschrieben ist, sondern bei dem die LIMIT auch zu erwähnen vergessen hat, was er eigentlich bewirkt! Das Internet von heute weiß zum Glück fast alles und so kann ich 26 Jahre später die Auflösung präsentieren: Er schaltet einen „Buggy Mode“ frei. Na dann.
Übrigens: Das Spiel mit dem schlichten Titel Formel 1 war der Hauptkonkurrent des oben schon erwähnten Andretti Racing – und das bestverkaufte Spiel in Europa im Jahr 1996! Es stammte von keinen Geringen als den Rennspiel-Experten Bizarre Creations, die ein paar Jahre später das wegweisende Metropolis Street Racer für die Dreamcast sowie Project Gotham Racing für die Xbox entwickelten. Es war überdies das erste Spiel, das unter dem Firmennamen Bizarre Creations veröffentlicht wurde. (Wenn dieser Absatz nicht Stoff genug für ein Videospiel-Quiz bietet!)


FUN ONLINE
Ein etwas umfangreicheres Thema habe ich noch, und zwar die, ich nenne sie einmal, Online-Ambitionen der LIMIT. Die habe ich am Ende der letzten Folge schon kurz angesprochen, nachdem die LIMIT sie im Spieleteil der Novemberausgabe selbst angeteasert und versprochen hatte, dass es diesmal mehr dazu gäbe. Und das gibt es auch. Eine Doppelseite ist der „ersten virtuellen Online-City der Welt“, FUN ONLINE, gewidmet.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass im Verlag der LIMIT ein Schwestermagazin namens „Fun Online“ erschien, das auf einer der inneren Umschlagseiten auch beworben wurde (siehe Scan ganz unten). Vor diesem Hintergrund ist es ein wenig verwirrend, dass die „virtuelle Stadt“ ebenfalls den Namen Fun Online trägt – im Beitrag in der LIMIT allerdings so dargestellt wird, als handele es sich dabei um den dedizierten Online-Auftritt des LIMIT Magazins, statt um einen eigenständigen Service: „Endlich! LIMIT gibt es jetzt im Cyberspace. Wir haben aber nicht nur eine coole LIMIT-‚Schnupper‘-Seite […] für euch. Ihr könnt gleich eine ganze Stadt entdecken.“
Im Internet-Archiv ist der frei zugängliche Teil der Fun-Online-Website archiviert und darf nach Herzenslust durchstöbert werden. Wenn ich das Ganze korrekt rekonstruiere, dann war es aber wohl so, dass den Mittelpunkt des Services eine Software bildete, die man sich auf dem PC installierte und die dann auch die diversen vorgerenderten Räumlichkeiten enthielt, die im LIMIT-Artikel zu sehen sind. Aus dieser Software heraus ließ sich dann auf eine Reihe von internetgestützten Features zugreifen – was ein Abo erforderte, das nach dem Ende einer kostenlosen Testphase Geld kostete. Wer bereits einen Internetzugang hatte, zahlte 7,95 DM pro Monat; die „schnelle, direkte Verbindung über das FUN ONLINE-eigene Netzwerk“ kostete 29,95 DM.
Es handelt sich also um ein Jugendangebot aus der Ursuppe des Internets, das auf der Website auf dem Stand vom Sommer 1997 wie folgt beschrieben wird:
„Per Mausklick kannst du durch die 3-D Stadt spazieren. In jedem Gebäude der Stadt findest du aktuelle Infos und brandheiße News zu Themen wie Sport, Musik, Stars, Filme, Videos und vieles mehr. Natürlich gibt es auch massenweise Spiele. Per e-Mail kannst du direkt mit deinen Freunden quatschen oder in den verschiedenen Chat-Räumen andere Kids kennenlernen. Was sonst noch in FUN ONLINE abgeht kannst du hier sehen. Also, surf mit!“
Muss ich noch mehr dazu sagen? Ich denke nicht, zumal das Ganze mit Videospielen auch nur am Rande zu tun hat. In seiner ursprünglichen Form als ambitionierter, multimedialer Service hielt sich das Angebot nicht sehr lang und auch das gedruckte Fun-Online-Magazin wurde in der zweiten Jahreshälfte 1997 bereits wieder eingestellt. Teile des Services überlebten allerdings erstaunlich lange und Reste der Community waren bis 2003 noch aktiv. Das ultimative Ende von Fun Online in den Nullerjahren ist im Internet dann auch vergleichsweise gut dokumentiert:
- Aus die Maus: Fun-Online wird eingestellt
- Ende: Egmont Interactive macht dicht
- Egmont Ehapa verkauft Fun-Online
- Haefft.de startet Angebot mit FunOnline-Resten
Natürlich würde mich an dieser Stelle noch interessieren, ob es unter euch Abonnenten des Services oder regelmäßige Besucher der späteren Online-Community gab!?


„Powerhits zum Mini-Preis!“
Etwas Amüsantes noch zum Abschluss: Zwar spielte Pop-Musik in der LIMIT (anders als Filme) fast gar keine Rolle, trotzdem ließ es sich der Verlag nicht nehmen, den „BRAVO Hits“ Konkurrenz zu machen und eigene Sampler unter die Leute zu bringen. Gerade einmal 9,99 DM kostet der HIT! Pack Nr. 6. Ein Schnapper? Nur so halb. Gerade einmal sechs Tracks – und ein ominöser Bonustrack – sind auf den CDs enthalten (wenn auch nicht die schlechtesten).
Und wo gibt’s die „Power-CD“ zu kaufen? Nicht(!) im Handel, sondern „exklusiv bei LIMIT und ausgewählten Sparkassen“. Wahrlich, die 90er haben angerufen!
Das tun sie auch im Januar wieder, wenn ich durch die nächste Ausgabe des LIMIT-Magazins blättere. Die enthält dann auch abseits von Games wieder ein Thema, mit dem viele, die die Neunziger miterlebt haben, nostalgische Erinnerungen verbinden. Bis dahin! [sk]


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