Im Verlauf meines Besuchs auf der Gamescom 2022 konnte ich auch einige für mich unbekannte Genres anspielen, zum Beispiel Zombie-Shooter in VR. Mit strategischen Aufbauspielen habe ich normalerweise ebenfalls wenig am Hut. Doch »Floodland« konnte mich mit seiner Thematik um den Klimawandel ansprechen.


Der nächste Schritt: Floodland

In einer überschwemmten Welt muss eine herunterkommende Zivilisation neu errichtet werden. Bei meiner kurzen Testspielrunde ist die Menschheit leider erneut gescheitert. Dafür war das Interview mit Game Director Kacper Kwiatkowski von Vile Monarch durchaus erfolgreich. Er hat zuvor an dem Antikriegsdrama »This War of Mine« gearbeitet. Sein Talent sollte also für ein aktuelles, ernstes Thema in einem Videospiel richtig aufgehoben sein.

Er schildert mir, was das Weltuntergangsszenario bereithalten wird: »Im Spiel gibt es nur wenige Ressourcen, es gibt keine Städte, keine Gesellschaft. Das sind die Gefahren, denen du dich stellen musst. Deine Siedler sind Nomaden, die sich zum ersten Mal niederlassen. Du musst für sie Essen und Trinkwasser finden. Die sozialen Spannungen sind eine weitere Herausforderung, weil deine Leute nicht nur einer Gruppe angehören. Sie haben verschiedene Glaubensrichtungen, verschiedene Fähigkeiten, und sie kommen oft nicht miteinander aus. Es gibt somit keine äußere Gefahr, die auf dich zukommt. Du musst um das Überleben kämpfen und deine Gemeinschaft zusammenhalten.«

In dem Survival-Szenario kommen außerdem einige schwerwiegende Konsequenzen auf den Spieler zu: »Es wird später im Spiel Parallelen zu echten Weltproblemen geben, in Bezug auf Ressourcen. Obendrein werden politische Strukturen neu geformt. Es liegt an dir, wie du sie formst; ob eher frei, egalitär oder eher autoritär. In dem Szenario gibt es dabei kein gut oder schlecht. Es hängt von deinen eigenen Weltvorstellungen ab, aber auch von den Spielsituationen. Wenn deine Leute beispielsweise mehr zu einer Autokratie aufblicken, dann könntest du sie mit mehr autoritären Gesetzen glücklich machen. Wenn sie unglücklich sind, können sie dagegen eine Gefahr für sich selbst sein. Sie bestehlen einander, tragen Kämpfe aus und gefährden deine Führung.«


Ein Wiedersehen: Dome Keeper

Neben den virtuellen Endzeitkatastrophen und Zombieapokalypsen blickte ich allerdings auch auf friedvolle Spiele. »Ikonei Island« und »Planet of Lana« konnten mich mit ihrem niedlichen Charme überzeugen. Es würde aber den Rahmen dieses Beitrags sprengen, auf alle Titel einzugehen, die ich gesehen habe.

Das Indie-Spiel »Dome Keeper« muss ich an dieser Stelle allerdings noch einmal erwähnen. Es wurde zwar bereits in meinem Erfahrungsbericht zur Langen Nacht der Computerspiele abgedeckt. Allerdings wollte ich unbedingt wissen, wie das Spiel sich seither weiterentwickelt hat. Außerdem war ich auf ein Wiedersehen mit dem Entwickler René Habermann gespannt. 

Er verriet mir, was sich bis zur Gamescom im Spiel verändert hat: »In der Demoversion gar nicht so viel. Wir haben für die Vollversion – wir sind jetzt kurz vor Abschluss – viel mehr Welten, viel mehr Monster und Sachen wie den Schwert-Dome. Das ist jetzt noch dazugekommen. Ansonsten ist es noch das gleiche Spiel. Die Community ist freudig erregt, dass es bald losgeht. Man sieht es ganz gut an unserem Discord-Server. Dieser hatte damals 200 Leute und ist dann ziemlich explodiert. Jetzt sind es 6000 Leute und wir sehen da noch Wachstum.«

Vor dem Release sollte das Marketing perfekt abgestimmt sein. René konnte mir mehr zu seinem Publisher und Geldgeber Raw Fury erzählen: »Die Zusammenarbeit mit Raw Fury ist super. Man sieht es hier an der Gamescom. Ich musste mich um nichts kümmern, die haben das alles organisiert und das ist natürlich großartig. Natürlich auch das Vertrauen von Raw Fury an uns. Sie finanzieren schließlich das Projekt komplett. Auch nach Release lassen sie uns nicht verhungern. Wir sind dann auch bereit, kostenfreie Updates für die Community bereitzustellen.«

Es scheinen also auch kleine Entwicklerteams vernünftig abgesichert zu sein. Folgen danach eventuell größere Projekte und teure Auslandsproduktionen?

René erzählte mir mehr über seine Zukunftsvisionen: »Ich bleibe auf jeden Fall hier, ich bin hier verwurzelt. Das nächste Spiel wird auch ein kleines Spiel. Wir werden im 2D-Bereich bleiben – kleinere Spiele, die in einem Jahr gemacht werden können. Es ist ein bisschen auszehrend, wenn man ein Vierjahresprojekt hat. Wenn man ein Spiel macht und weiß, dass es vier Jahre dauert. Dann sind die Chancen hoch, dass es am Ende sechs Jahre dauert. Wenige Spiele werden pünktlich fertig. Bei kleineren Spielen kann man sich kreativ austoben. Und man sieht es hier auf der Gamescom: Man muss kein AAA-Mega-Grafikspiel machen. Auch kleine Spiele, von einem kleinen Team produziert, können Spaß machen. Und die Leute spielen es genauso gerne.«


Gamescom-Fazit

Viele haben sich über den Mangel an großen Top-Titeln auf der diesjährigen Gamescom beschwert. Ich würde lieber über die große Aufmachung meckern. Einige Anspielstationen boten zu wenig, andere Präsentationen (»The Callisto Protocol«) boten sogar so ziemlich gar nichts. Hinzu kommt, dass es viele interessante Vorschauvideos und Spiele nur hinter verschlossenen Türen in der Business-Area zu sehen gab. Die Retro- und Indie-Area war mit ihrer kleineren Ausrichtung wesentlich liebevoller gestaltet. Das wäre wahrscheinlich die einzige Halle, die ich als einfacher Besucher betreten würde. Ohne Presseausweis hätte mich die Gamescom eventuell schon verloren. Darum sollte sie im nächsten Jahr mit kürzeren Wartezeiten und unterhaltsameren Präsentationen nachbessern. [dg]

Nachtrag vom 21.09.2022: Meinen Erlebnisbericht in Videoform (mit zusätzlichen Interviews und Spielszenen) gibt es nun auf YouTube zu sehen.


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Bilder: Dennis Gerecke (Fotos von der Veranstaltung), Presse- und Trailermaterial der Hersteller (Spiele-Screenshots)