„When someone really loves a character, they like to sketch them in their notebooks, right? That’s why we gave Kirby a simple circular design, so anyone could draw him.“

Satoru Iwata, 1993


Im dritten Teil dieser Reihe werden wir Kirby durch die KI-simulierten Augen eines Künstlers sehen, dem auch ich recht zugetan bin. Der Franzose Paul Gauguin lebte von 1848 bis 1903 und war somit für mehr als zwei Jahrzehnte ein Zeitgenosse Picassos. Er starb sehr jung – mit 54 Jahren – fast auf den Tag ein Jahr bevor Dalí geboren wurde. Der Sterbeort des gebürtigen Parisers verweist dabei bereits auf einen thematischen Schwerpunkt seines Werks: Französisch-Polynesien.

Nach einem ersten Besuch der exotischen Inselkette in den Jahren 1891 bis 1893 setzte er sich ab 1895 dauerhaft dort nieder. Inspiriert von der polynesischen Inselwelt und ihren Bewohnern schuf er einige seiner berühmtesten Werke, darunter „Nafea faa ipoipo?“, zu deutsch „Wann heiratest Du?“ (englisch „When Will You Marry?“, französisch „Quand te maries-tu?“).

Es entstand im Jahre 1892, während seines ersten Aufenthalts auf Tahiti, doch als Gauguin das Gemälde nach seiner Rückkehr nach Paris im Jahre 1893 verkaufen wollte, fand sich zunächst kein Abnehmer. 1917 erwarb der bedeutende Kunstsammler Rudolf Staechelin das Gemälde und rund 100 Jahre später könnte der Unterschied kaum größer sein: Im Winter 2014/15 wechselt „Nafea faa ipoipo?“ für rund 210 Millionen Dollar den Besitzer und zählt damit zu den fünf teuersten Gemälden aller Zeiten.

Bemerkenswert: Mit seinen Bildern prägte Gauguin die europäische Vorstellung vom Leben in der Südsee. Dabei malte er nicht immer das, was er auf dem Eiland tatsächlich sah, sondern richtete sich nach dem, was sein europäisches Publikum sehen wollte. Gauguin tat sich nämlich schwer, vom Verkauf seiner Bilder zu leben. Seine letzten Lebensjahre auf Tahiti verbrachte er in Krankheit und relativer Armut.

Ruhm und Anerkennung erlangte Gauguin erst nach seinem Tod. Doch nicht nur milliardenschwere katarische Kunstsammler interessieren sich für seine Bilder. Paul Gauguin gilt heute als bekanntester Vertreter des sogenannten Synthetismus, eine von mehreren Stilrichtungen, die dem Post-Impressionismus zugerechnet werden. Kritischer betrachtet wird inzwischen sein Privatleben und die von seinen Bildern ausgehende Exotisierung und Erotisierung der polynesischen Gesellschaft.


Doch kommen wir dazu, wie das KI-Modell Dall-E Mini (respektive Craiyon) den Stil des Künstlers repliziert, wenn es gebeten wird, den wandlungsfähigen Videospielhelden Kirby darzustellen.

Bereits die initiale Anfrage erzielte gute Ergebnisse. Damit meine ich wie üblich, dass a) der Stil Gauguins erkennbar ist, und b) dass auch Kirby erkennbar ist. Im Vergleich zu den Kreationen des KI-Picassos und des KI-Dalís wirken die neun Bilder des simulierten Gauguin jedoch weniger variantenreich.

Dies ändert sich auch auf den drei nachfolgenden KI-Generationen kaum, die in Farbe, Form und Komposition vergleichsweise einförmig sind. Auffällig ist, dass Kirby dominanter ist, wenn man den Prompt auf „Kirby by Gauguin“ beschränkt, während der Prompt „Kirby by Paul Gauguin“ stets auch Bilder hervorbringt, auf denen Kirby kaum oder gar nicht sichtbar ist.

Sämtlichen Kreationen gemeinsam sind die bronzefarbenen Frauenfiguren, die somit als Markenzeichen Gauguins gelten dürfen. Die KI greift hier klar das oben schon erwähnte Vorzeigewerk „When Will You Marry?“ auf, aber auch eine Reihe von relativ „ähnlichen“ Frauendarstellungen, etwa „Arearea no varua ino“ („Die Vergnügungen des Bösen Geistes“) oder „Tahitian Women on the Beach“ (oder dessen stärker erotisierte Abwandlung „Parau api“). Das gesamte prä-polynesische Frühwerk Gauguins wird hingegen ignoriert, ebenso wie seine Landschaftsdarstellungen und seine von Kritikern hoch geschätzten religiösen Werke (etwa „The Yellow Christ“).

Hervorzuheben ist die Wärme und Sinnlichkeit, die von den KI-Kreationen ausgeht und Gauguin fast schon gerecht wird. Bemerkenswert scheint mir der geradezu zärtliche Umgang der tahitischen Frauen mit dem kugelrunden Kirby, der die Behandlung sichtlich zu genießen scheint und anders als bei Dalí wieder freudestrahlend dreinschaut.


Im Anschluss habe ich auch diesmal wieder versucht, Dall-E Mini dazu zu bringen, ein spezifisches bzw. das bekannteste von Gauguins Gemälden unter Einbeziehung Kirbys zu adaptieren, also das schon mehrfach erwähnte „Nafea faa ipoipo?“. Da dessen Einflüsse in den obigen Kreationen bereits unverkennbar waren, ging ich davon aus, dass ein spezifischerer Prompt ähnliche Resultat hervorbringen würde. Doch ganz so einfach war es nicht…

Der simple Prompt „Kirby in Nafea faa ipoipo?“ brachte nämlich weder Kirby noch Gauguin hervor, sondern nur, äh, Flugzeuge… Mit dem Prompt „Kirby in Paul Gauguin’s ‚Nafea faa ipoipo?'“ wusste die KI zumindest zur Hälfte, was ich wollte – nur Kirby war nirgendwo zu sehen. Ich schrieb deshalb fortan „Nintendo’s Kirby“, was die KI bereits in der Vergangenheit dazu brachte, den rosa Edelknödel stärker zu gewichten. Das gelang auch hier, doch haben die Bilder, die der Prompt „Nintendo’s Kirby in Paul Gauguin’s ‚Nafea faa ipoipo?'“ hervorbrachte, nur noch entfernt mit dem Gemälde Gauguins zu tun. Auch die schwülwarme Erotik ist dahin. Versteht Dall-E vielleicht den englischen Namen des Gemäldes besser? Nicht unbedingt: Die Resultate des Prompts „Nintendo’s Kirby in Paul Gauguin’s ‚When Will You Marry?'“ erinnern farblich vollends an das Dreamland und von Gauguins Inselschönheiten ist nicht mehr viel zu sehen.

So bleibt es dabei, dass die mit Abstand authentischsten Adaptionen – auch von „Nafea faa ipoipo?“ im Speziellen – mit dem simplen Prompt „Kirby by Gauguin“ oder „Kirby by Paul Gauguin“ erreicht werden.


Eine weitere Folge dieser Reihe gibt’s in Kürze. Wünscht ihr euch einen bestimmten Künstler oder habt ihr selbst interessante Kreationen erzielt? Schreibt’s im Kommentarbereich. [sk]