Diesmal tischte mir der allmächtige Zufall die bislang letzte Staffel der »Sam & Max«-Reihe auf, die 2010 von Telltale Games unter dem Titel »The Devil’s Playhouse« veröffentlicht wurde. Die fünf Episoden der Season sind bei PS Now separat gelistet – und um ehrlich zu sein wies mir mein Zufallszahlengenerator die zweite Episode zu. Das wäre in Unkenntnis des Staffelauftakts allerdings Blödsinn. Daher habe ich, stellvertretend für die Season, einen Blick auf »Episode 1: The Penal Zone« (dt.: »Der Straf-Raum«) geworfen. Konnte mich das Comedy-Adventure mit Hund und Hase zum Schmunzeln bringen?
Ein Beitrag aus der Reihe Reingestreamt: Speed-Dating mit der PS3-Bibliothek.
»Sam & Max: The Devil’s Playhouse« hinterlässt einen derart seltsamen (um nicht zu sagen billigen) ersten Eindruck, dass ich die Lautstärkeeinstellung meines Fernsehers zweimal überprüfte. So ertönt im grautristen Titelbildschirm nicht die Spur einer Hintergrundmusik und auch die Soundeffekte beim Navigieren durch das Hauptmenü könnten zurückhaltender nicht sein. Wirklich seltsam ist das, als spielte man die Beta- oder Alpha-Version eines noch in Entwicklung befindlichen Spiels.
Im Spiel selbst ist die Präsentation glücklicherweise nicht ganz so spartanisch. Einen merkwürdigen Einstieg erlebe ich aber auch hier in Form des Prologs. Gefangen auf einem Alien-Raumschiff werde ich mitten ins Story-Geschehen geworfen und mit einer Reihe von adventure-untypischen Spielmechaniken konfrontiert, die ich in einem »Sam & Max«-Spiel nicht erwartet hätte. Zwar beschränken sich meine Kenntnisse der Reihe auf ein kurzes Anspielen der Wii-Fassung von »Sam & Max Save the World« auf der Games Convention 2008, aber das hatte ich als ziemlich klassisches Adventure in Erinnerung.
Im Nachhinein erfuhr ich, dass diese Spielmechaniken in der Tat neu waren für die Reihe – und die Vorgängerstaffeln noch viel klassischere Point-and-Click-Adventures. Offenbar möchte man den Fans der Serie von der ersten Minute an zeigen, welche Neuerungen die dritte Staffel in petto hat, und Neueinsteigern, dass »The Devil’s Playhouse« kein altbackenes Point-and-Click-Abenteuer ist, sondern etwas Modernes.
Im Rückblick erscheint das Spiel wie der gescheiterte Versuch einer Genre-Modernisierung. Das, was später – spätestens ab »The Walking Dead« (2012) – als die ›Telltale-Formel‹ populär werden sollte, fehlt hier nämlich noch völlig. Statt den Fokus weg von Rätseln und hin zu Story und Figuren zu verschieben, lehnt »The Devil’s Playhouse« in die Gegenrichtung – das heißt, in Richtung 3D-Action-Adventure. Ein Kurs, der sich offenbar als Sackgasse entpuppte, weil er das Genre nicht zugänglicher machte, sondern verkomplizierte, und das Publikum somit nicht vergrößerte, sondern eher noch einschränkte.
Eigentlich bin ich für Point-and-Click-Adventures mit Comedy-Einschlag sehr zu haben. Ich bin außerdem ein großer Fan der kaum bekannten »Strong Bad«-Reihe aus demselben Hause Telltale. Sam und Max hingegen befremdeten mich eher, und das nicht nur, weil das Spiel mich glauben lässt, dass ich seine Vorgänger gespielt haben sollte, um seine Gags zu verstehen. Die erste Dreiviertelstunde lang quälte ich mich durch das Abenteuer und sehnte dem Moment entgegen, da meine pflichtschuldige Mindestspielstunde endlich rum ist.
Nachdem der überladene Prolog vorüber ist, wird das Spiel zwar etwas besser, krankt aber an verschiedensten Dingen: Die unsaubere Technik und eine unangemessen umständliche Steuerung könnte ich leicht verschmerzen. Schlimmer wiegt, dass das Spiel für meinen Geschmack niemals wirklich witzig ist und mir kaum auch nur ein Schmunzeln entlocken konnte. Humor ist – mehr als die meisten Dinge auf der Welt – Geschmacksache, und andere mögen das anders empfinden. Was mich betrifft, stehen »Sam & Max« für eine Art Humor, mit der ich relativ wenig anfangen kann. Ich glaube allerdings, dass man auch aus dem Gegebenen mehr hätte herausholen können, wenn die Sprachausgabe und das Timing in den Dialogen besser wären.
Da der Humor allein das Spiel nicht trägt, zieht sich der langsame und langwierige Spieleinstieg umso mehr. Eine Fülle von Szenerien wollen erkundet und lange Gespräche geführt werden – die durchsetzt sind von Gags, die ich nicht verstehe oder über die ich nicht lachen kann – bevor ich an einen Punkt gelange, an dem sich endlich auch spielerisch etwas tut.
Immerhin: Nach circa einer Stunde – gerade, als ich »Sam & Max« schon zu den Akten legen wollte – da gelang es mir doch, einen nennenswerten Fortschritt zu erzielen. Ein ›Rätsel‹ will ich es kaum nennen, da seine Lösung eigentlich nur voraussetzt, die Spielwelt einmal komplett durchkämmt zu haben, aber es war befriedigend, dass es endlich voranging. Von diesem Moment an fügten sich zunehmend mehr Puzzleteile ineinander und im Verlauf der nächsten 60 Minuten schritt ich beim Lösen der Rätsel stetig voran, wodurch das Spiel unterhaltsamer wurde. Max‘ Fähigkeit zum ›Blick in die Zukunft‹, der einige recht interessante Rätsel und Quasi-Hilfestellungen erlaubt, möchte ich sogar als gelungenes Gameplay-Element bezeichnen.
So verbrachte ich dann doch fast zwei Stunden mit »Sam & Max« und fragte mich schon, ob ich die Episode nicht auch fertigspielen sollte. Denn wie umfangreich kann die erste Folge eines episodischen Telltale-Adventures schon sein? Vier bis sechs Stunden, sagt das Internet… Oha. Nein, dann lasse ich das besser. [sk]
Reingestreamt-Fazit: »Sam & Max: The Devil’s Playhouse« erhielt damals gute Kritiken, doch so sehr ich auch versuche, das Spiel aus den Augen des Jahres 2010 zu sehen, die Erfahrung bleibt ernüchternd. Liegt es an mir oder sind »Sam & Max« einfach nicht lustig? Ich denke, ich spiele lieber noch einmal »Strong Bad’s Cool Game for Attractive People« (2008) – das gibt es übrigens auch bei PS Now.
- Spielspaß: ♥♥♡♡♡
- Zugänglichkeit: ♥♥♥♡♡
- Fortsetzungswahrscheinlichkeit: ♥♥♥♡♡
- Erkenntniswert: ♥♥♡♡♡
Sam & Max: The Devil’s Playhouse – Episode 1: The Penal Zone
(dt.: Sam & Max: Im Theater des Teufels – Episode 1: Der Straf-Raum)
Telltale Games / Telltale Games & Daedalic Entertainment, 2010
Gespielt auf PlayStation 3 (via PS Now). Auch für Windows, Mac OS und iPad.