Lange war Nintendos Advance Wars-Reihe, die in Japan als Famicom Wars und Game Boy Wars bekannt ist, eine rein japanische Spielereihe. In Fernost brachte es die Serie von 1988 bis 2001 auf sechs Veröffentlichungen, ehe es im September 2001 endlich auch gen Westen ging.
Doch während Advance Wars und seine beiden Fortsetzungen mit Top-Wertungen überhäuft wurden und die Serie schon bald zu den gefeiertsten Marken in Nintendos Handheld-Portfolio zählte, verliefen die Veröffentlichungen im Heimatland Japan auf einmal ziemlich holprig. Anders als in den 1990ern war das Advance Wars der 2000er eine Marke, die ihr Erfolge vor allem im Westen feierte. Ob das der Grund war, weshalb der erste Heimkonsolen-Ableger seit dem 1998er Super Famicom Wars nicht in Japan, sondern in England entstand?
Die E3 2004 dürfte vielen Nintendo-Fans in bester Erinnerung sein. Es war das Jahr, in dem The Legend of Zelda: Twilight Princess zum ersten Mal präsentiert wurde. Doch auch sonst hatte Nintendo einiges zu bieten: ein neues Metroid Prime, ein neues Star Fox, ein neues Donkey Kong – und ein neues Advance Wars, erstmals in 3D und erstmals für den GameCube. Advance Wars: Under Fire lautete der Arbeitstitel des Spiels, das schon auf den ersten Blick weitaus actionorientierter daherkam als seine rundenstrategischen Geschwister auf dem Game Boy. Im Unterschied zu denen würde Advance Wars: Under Fire auch nicht von Intelligent Systems in Japan, sondern vom britischen Studio Kuju Entertainment entwickelt werden.
Das Ergebnis eines wohl durchdachten Plans, die Reihe endgültig auf ein westlichen Publikum zu münzen und auf der großen Konsole auch eine größere Zielgruppe anzusprechen? Nicht wirklich: Ein Interview vom Mai 2005 verrät, dass dem Spiel nie die Absicht zugrunde gelegen habe, das bekannte Advance Wars vom Game Boy auf den GameCube zu bringen. Vielmehr handelte es sich um ein zunächst namenloses Projekt, dessen Ambition es war, „to create an action game with tactical elements accessible to a console gamer“. Irgendwann brauchte das Projekt einen Namen und aufgrund der Kriegsthematik entschied sich Nintendo für Advance Wars.
Nachdem das Spiel als Advance Wars: Under Fire angekündigt worden war, war man allerdings unglücklich mit dem gewählten Titel. Die Entwickler waren der Ansicht, dass der Name Advance Wars für ihr Spiel eher unpassend und potentiell verwirrend sei. Im Unterschied zu allen anderen Spielen der Reihe handelte es sich nämlich nicht länger um ein Rundenstrategiespiel, sondern um einen Mix aus Echtzeitstrategie und Third-Person-Action. Noch nicht einmal das Universum ist dasselbe: Obwohl das Spiel die Cartoon-Ästhetik mit den Game-Boy-Spielen gemein hat, sind Figuren, Welt und Handlung komplett eigenständig.
Offenbar wollte man keine falschen Erwartungen wecken und schlimmstenfalls die Marke schädigen, und entschied sich deshalb, das Spiel umzubenennen und als eigenständige Serie zu betrachten. So wirkte Nintendo der verworrenen Namensgebung der Reihe auch diesmal nicht entgegen, als sie den Titel des Spiels nicht lange vor Release zu Battalion Wars änderten.
Ganz aus Spiel und Titel verschwunden sind die Bezüge zur Advance Wars-Reihe freilich nicht, und auch kaum ein Review kommt ohne einen Verweis zum Rundenstrategiespiel aus, weshalb es zutreffender ist, von einem Spin-off zu sprechen.
Der Titel war nicht die einzige Änderung am Spiel, die relativ spät erfolgte: Auch der Look wurde zwischen der ersten Präsentation auf der E3 2004 und dem Wiedersehen im darauffolgenden Jahr generalüberholt. Als das Spiel im Herbst 2005 in Nordamerika und Europa erschien, sah es sehr viel cartooniger und farbenfroher aus, als das in den ersten Screenshots und Videos noch der Fall war.
Für Japan teilte man die oben genannten Sorgen offenbar nicht, denn dort schließt der Spieletitel mit Assault!! Famicom Wars an die bekannte Namensgebung an (was allerdings auch nicht von Anfang an entschieden war, denn 2004 verwendete man auch dort den Arbeitstitel Advance Wars: Under Fire).



Nachdem Battalion Wars zur letzten Generation der GameCube-Spiele zählte, darf sein direkter Nachfolger, Battalion Wars 2, oder kurz BWii, zur ersten Generation der Wii-Spiele gezählt werden. Im Oktober 2007 erschien das Spiel in Nordamerika, im Verlauf der ersten Jahreshälfte 2008 auch in den anderen Territorien. Die vermutlich größte Neuerung im Vergleich zum Original war der Online-Modus, in dem sich Battalion Wars erstmals auch gegeneinander spielen konnte. Entsprechend lautet der japanische Titel des Spiels: Assault!! Famicom Wars VS.
Ebenfalls neu sind die Marine-Einheiten, die es zwar in allen Advance Wars-Spielen gab, nicht aber im ersten Battalion Wars. Auch die Möglichkeit, Fabriken und Flughäfen einzunehmen, und dort Nachschub zu produzieren, rückt das Spiel geringfügig näher an die Handheld-Episoden. Und natürlich wurde die Steuerung an die Möglichkeiten der Wii angepasst und geht damit, nach einem Empfinden, etwas besser von der Hand als noch auf dem GameCube.
Es ist nicht klar, ob das Spiel als Flop betrachtet wurde (die nicht sehr zuverlässigen Angaben bei vgchartz.com sehen die Verkäufe etwas unter denen des GameCube-Vorgängers). In jedem Fall markierte BWii das Ende der Spin-off-Reihe (nicht aber das Ende von Kujus Zusammenarbeit mit Nintendo: Aus der ging ab 2009 die Art Academy-Reihe hervor).


Doch auch die Wars-Hauptreihe für die Nintendo-Handhelds sollte kurz darauf ihr Ende finden. 20 Jahre nach dem Ur-Famicom Wars auf dem NES erschien Anfang 2008 für den Nintendo DS Advance Wars: Days of Ruin. Und auch hier konnte Nintendo es offenbar nicht lassen, bei der Betitelung zumindest ein bisschen Verwirrung zu stiften: In Europa und Australien lautet der Untertitel des Spiels nämlich Dark Conflict.
Dieses Spiel kam nun wieder aus dem Hause Intelligent Systems, und während es sich spielmechanisch vergleichsweise eng am Vorgänger Advance Wars: Dual Strike orientierte (wenn auch erweitert um einige neue Mechaniken und andere Einheiten), geht es ästhetisch und storytechnisch neue Wege. Der farbenfrohe Spielzeugsoldaten-Look musste einem düsteren, dezent erwachseneren Look weichen, und an die Stelle eines (verniedlichten) Gegenwartsszenarios tritt eine trostlose Postapokalypse. Es heißt, dass man mit diesem düsteren Turn das westliche Publikum ansprechen wollte, zumal die Reihe inzwischen ja ohnehin vor allem dort bekannt war, und weniger in Japan.
Die amerikanische und die europäische Version des Spiels unterscheiden sich übrigens nicht nur im Titel, sondern weisen noch weitere Unterschiede in der Lokalisierung auf, die zum Beispiel in den Dialogen hervortreten. Der Grund dafür: Nintendo of America und Nintendo of Europe übersetzten das Spiel unabhängig voneinander, jeweils auf Basis des japanischen Originals. Die amerikanische Übersetzung gilt als die bessere; deutsche Texte gibt es aber selbstverständlich nur in der europäischen Verkaufsversion.
Und was ist mit Japan? Dort hätte das Spiel unter dem Titel Famicom Wars DS: Lost Light erscheinen sollen. Nach mehreren Verschiebungen wurde die Veröffentlichung schlussendlich aber abgeblasen. Erst im Oktober 2013 erhielten japanische Spieler die Gelegenheit, doch noch Hand an den Titel zu legen. Allerdings nur auf dem Nintendo 3DS und auch nur in digitaler Form: Club-Nintendo-Mitglieder mit Platin-Status durften sich über einen Download-Code freuen. (Eine Quelle besagt außerdem, dass Mitglieder ohne Platin-Status das Spiel ab Mai 2014 für 800 Punkte erwerben konnten, aber für die Korrektheit dieser Info kann ich nicht garantieren.)




Sieht man von einzelnen Wiederveröffentlichungen im eShop der Wii U – sowie in Japan auch des Nintendo 3DS – ab, markiert Days of Ruin a.k.a. Dark Conflict das Ende der Reihe. Warum ging es danach nicht weiter? Und was ist vom Remake zu halten? Einige Spekulationen dazu, sowie abschließende Gedanken zur Serie generell, gibt’s in der nächsten und letzten Folge dieses Features. [sk]
Habe den Artikel nicht gelesen, aber finde es ziemlich widerlich und würdelos in der jetzigen Situation über Kriegsspiele zu schreiben. Aber vermutlich tut man hier ja alles für Klicks, da kann man die Moral schon mal auf Abstellgleis schicken, wie?! Ein Unfollow haste Dir damit redlich verdient!
LikeLike