Ein Beitrag von Christopher Blair
anlässlich des Specials: 20 Jahre GTA III
Spielerisch muss ich ja nicht allzu viele Worte über GTA III verlieren. War das Spiel doch ein Paradigmenwechsel und wegweisend für ein ganzes Genre. Wegweisend war es jedoch auch in Sachen Gewalt, wenn ich mich so an die Gespräche auf unseren Schulhof erinnere.
Wir müssen erstmal festhalten, dass GTA III in Deutschland nur geschnitten erschienen ist. Oder so dachte es sich die USK – denn ähnlich wie einst bei Body Harvest von DMA Design galt das nur für die deutsche Sprache auf der Disc. War die Konsole auf Englisch eingestellt, konnte man Blut und Gewalt völlig unzensiert erleben. Ich war der Botschafter dieser Nachricht auf dem Schulhof – und dadurch gefeierter Star.
Für viele war Grand Theft Auto III das erste Spiel, das sie unzensiert zocken konnten. Schnell redete jeder auf dem Schulhof darüber, wen er erschossen oder verprügelt hatte. Wir zockten zusammen und wollten den „Sandkasten“ ausreizen, und töteten jeden, der uns vors Auto kam. Meine Eltern wurden sogar vom Schuldirektor zitiert, weil ich nicht‑jugendfreie Medien auf dem Schulhof verteilte. Doch GTA interessierte am Ende niemanden – es waren die Hentai-Bilder, die für Entsetzen sorgten. Meine Eltern mussten sich jedenfalls zusammenreißen, nicht laut loszulachen. Sie hätten ohnehin kein Problem mit der Gewalt in den Videospielen gehabt und als Kind schaute ich bereits harte Actionfilme mit ihnen. Die Eltern von meinen Freunden hatten ebenfalls keinerlei Bedenken.
Doch im Frühjahr darauf passierte es und Erfurt wurde zum Zentrum einer Debatte um sogenannte Killerspiele. Auch auf unseren Schulhof haben wir darüber geredet und in jugendlichem Trotz erstmal über eine Hexenjagd geschimpft. Doch je mehr wir darüber reflektierten, umso vielschichtiger wurden unseren Ansichten über das Thema.
Ich hatte GoldenEye, Doom und sogar Wolfenstein gespielt und nie die in diesen Spielen dargestellte Gewalt hinterfragt. Erstmals mit GTA III änderte sich meine Einstellung zu Gewalt in Videospielen. Ich habe sie nicht mehr bedingungslos akzeptiert, sondern mein Handeln in Spielen hinterfragt und abgewägt, ob ich das Spiel auch so spielen muss. Möglicherweise spukte es in meinem Kopf für kurze Zeit, dass ich mich vielleicht auch zu sehr beeinflussen lassen könnte. Dank meiner Freunde und den Gesprächen auf dem Schulhof war ich mir aber sicher, dass ich Gewalt in Spielen trotz allem genießen darf.
Der Autor:
Christopher Blair
Gastautor Christopher wurde mit dem Controller in der Hand geboren. Seine Eltern brachten ihm das Zocken bei, das er später auch zu seinem Job machen würde. Bei diversen Publikationen schreibt er über Games, Anime und Filme und nutzt seine freie Zeit, um seine Sammlung zu pflegen.
Quelle Titelbild: Originalfoto Erfurter Gutenberg-Gymnasium by ASK, via Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0). Eigene Bearbeitung (sk).
Interessanter Ansatz. Leider kenn ich auch heute noch genug Leute, die per se einen schädlichen Einfluss von Videospielen ausschließen, von „zuviel spielen“ abgesehen.
Solange man das zu Spielende aber nicht gänzlich unreflektiert konsumiert, ist es aus meiner Sicht schon so wie du schreibst: dann kann man Gewalt in Games auch mal genießen.
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