„Hinterlistig und fies sind sie irgendwie doch beide.“

In einer Woche ist Bundestagswahl. Und egal wie die nächste Regierung auch aussehen wird, eine wird in Zukunft nicht mehr dabei sein: Angela Merkel, seit November 2005 im Amt, hat mehr als zwei Konsolengenerationen überlebt und wurde in den letzten sechzehn Jahren ungefähr genauso oft neu aufgelegt wie GTA V und Skyrim.


Die Ära Merkel, das ist auch die Ära Craig. Daniel Craig. Seit 2006 „im Amt“, war der fast so lang James Bond wie Merkel Kanzlerin. (Und beide könnten sie schon weg sein, wenn es doch nur geeignete Nachfolger gäbe!)

Im November 2005, fast zeitgleich mit Angela Merkels Amtsantritt, grub Electronic Arts aber zunächst Sean Connery noch einmal aus. Mit James Bond 007: From Russia with Love (dt. Liebesgrüße aus Moskau) erschien der Nachfolger zum Spiel Alles oder Nichts (das letzte mit Pierce Brosnan) und die erste Videospielumsetzung des gleichnamigen Filmklassikers aus dem Jahr 1963. Dafür konnte nicht nur Sean Connery noch einmal als Sprecher gewonnen werden – auch Angela Merkel tauchte im Spiel auf.

Das behauptete zumindest ein Berliner Videospielmagazin mit dem verkopften Namen [ple:]: „Im Zuge einer von langer Hand geplanten Kampagne zur Kontaktaufnahme mit der Jugend hatte die CDU den Publisher Electronic Arts überredet, ihre beste Kraft ins Spiel zu integrieren. Die im In-Game-Advertising derzeit wegweisenden Manager bei EA stimmten gegen die Zahlung einer niedrigen sechsstelligen Summe zu, ‚Angie‘ dezent in die Story zu integrieren.“

Und so sieht „Bösewichtin Rosa Klebb […] fast genauso aus wie Angela Merkel, wenn ihr die Partei-Werber nicht gekonnt die Falten wegretuschieren.“

Unglaubwürdig? Selbstverständlich. „Nur noch schnell zur Sicherheit“ weist auch der Chefredakteur der [ple:] darauf hin: „Die Geschichte ist natürlich ausgedacht.“


Genauso unglaubwürdig wäre es vermutlich gewesen, hätte man den Leuten damals erzählt, dass Merkel das Amt der Bundeskanzlerin sechzehn Jahre lang begleiten würde. Eine Frau! Aus dem Osten! Und wie die schon aussieht! Das kann nicht lange gut gehen.

For better or worse, das konnte es doch. Vier Legislaturperioden später sind die Falten tiefer und Angela Merkel ist nicht mehr 51. Sean Connery ist dahingeschieden, Daniel Craig möchte abdanken und die Xbox 360 – die am selben Tag erschien, an dem Merkel Kanzlerin wurde – sie kam und sie ging. Motion-Controls, 3D-Fernseher, PlayStation-Handhelds – kein Trend hielt sich länger als Merkel.

Und „In-Game-Advertising“? Wurde nie der große Renner. Es war den Microtransactions vorbehalten, zur Geißel der spielenden Menschheit zu werden und die Frage aufzuwerfen, ob man die denn irgendwann auch wieder wegbekommt.

Denn hinterlistig und fies sind sie irgendwie doch beide. [sk]


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Bilder: Eigene Scans der Seiten 64 und 65 des [ple:]-Magazins vom Dezember 2005. „Realität: Angela Merkel“, von Christian Gaca. Die Urheberrechte liegen bei den entsprechenden Rechteinhabern.