30 Spiele aus 30 Jahren Videospiel-Geschichte.

Nicht die „besten“ Spiele, nicht die „wichtigsten“, und schon gar nicht meine „Lieblingsspiele“. Aber immer welche, die es zu kennen und über die es sich zu sprechen lohnt. Die Fortsetzung von 25 Spiele aus 25 Jahren. Ein Möchtegern-Kanon, eine Hall of Fame, und meine persönliche Auswahl von 30 der denkwürdigsten und repräsentativsten Werke, die das Medium seit 1991 hervorgebracht hat.


Gut eineinhalb Jahre sind vergangen, seit ich einen Listicle mit dem Titel „25 Spiele aus 25 Jahren“ veröffentlichte. Es war eine Antwort auf die damals populären Listen der Spiele des Jahrzehnts (also der 2010er). Welche Kriterien meiner Auswahl zugrunde lagen, warum ich die Betrachtung auf 25 Jahre ausdehnte, und warum ich davon absah, exakt ein Spiel pro Kalenderjahr zu nennen – all das könnt ihr im entsprechenden Blog-Post nachlesen. Und natürlich, welche 25 Titel schlussendlich das Rennen machten.

Die Resonanz auf meine Auswahl konnte sich sehen lassen, was aber nur einer der Gründe war, warum ich direkt im Anschluss an die Veröffentlichung auch schon über eine Fortsetzung nachdachte: Viele Games mussten unberücksichtigt bleiben, die ebenso gut (oder sogar noch dringender) in die Liste hätten eingehen können. Und natürlich steht die Zeit nicht still und es stellte sich die Frage, welche Titel das Jahr 2020 repräsentieren könnten. Eine Fortsetzung mit 26 Spielen aus 26 Jahren also? Oder darf es noch ein wenig mehr sein?

Es sollte nicht zu einfach sein und so wollte ich wagen, was ich mich letztes Jahr noch nicht traute: die recht willkürlich gezogene Demarkierungslinie des Jahres 1995 zu überschreiten und weiter in die Vergangenheit zu reisen. Das Jahr 1991 soll den Startpunkt der Betrachtung nun bilden, sodass sich zusammen mit dem inzwischen Geschichte gewordenen Jahr 2020 „30 Spiele aus 30 Jahren“ ergeben.

Bitte beachtet, dass es sich nicht um eine Revision der alten Liste handelt: Keines der dort genannten Spiele taucht hier erneut auf. Es handelt sich aber auch nicht um eine „B-Liste“ oder um eine „zweite Reihe“, die der ersten Liste nachgeordnet wäre. Beide Listen sollten als gleichwertig verstanden werden und alle nachfolgend genannten Spiele hätten genauso gut schon auf der ersten Liste auftauchen können. Die 30er-Liste stellt somit eine Ergänzung bzw. Fortsetzung der 25er-Liste aus dem letzten Jahr dar – sie ist der zweite Band desselben Buches oder die zweite Staffel derselben Serie. Sie entstand unter Berücksichtigung der Auswahl aus dem letzten Jahr und mit dem Ziel, die weißen Flecken des 25er-Kanons mit Farbe zu füllen (mehr dazu weiter unten). Sie kann aber auch für sich stehen – oder sollte es können. Und sollte sie nur halb so viel Resonanz erzeugen, wie die Liste aus dem letzten Jahr, dann dürft ihr euch nächstes Jahr auf 35 Spiele aus 35 Jahren freuen.

Damit genug der Vorrede (ein Nachwort folgt weiter unten) und Vorhang auf für das Ergebnis monatelanger Erwägungen und Abwägungen, Umstellungen und Neuaufstellungen: Meine (nächsten) „30 Spiele aus 30 Jahren“.


  1. Another World (1991)
  2. Cho Aniki (1992)
  3. Princess Maker 2 (1993)
  4. Donkey Kong Country (1994)
  5. Terranigma (1995)
  6. Blast Corps (1997)
  7. Der Industriegigant (1997)
  8. The Longest Journey (1999)
  9. Pokémon: Goldene & Silberne Edition (1999)
  10. Colin McRae Rally 2.0 (2000)
  11. Super Smash Bros. Melee (2001)
  12. Rez (2001)
  13. Postal 2 (2003)
  14. Star Wars: Knights of the Old Republic (2003)
  15. Metroid Prime 2: Echoes (2004)
  16. Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging (2005)
  17. S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl (2007)
  18. Deadly Creatures (2009)
  19. Mafia II (2010)
  20. BioShock 2: Minerva’s Den (2010)
  21. Infinity Blade (2010)
  22. Dark Souls (2011)
  23. Spec Ops: The Line (2012)
  24. P.T. (2014)
  25. Yakuza 0 (2015)
  26. Emily Is Away (2015)
  27. Hitman (2016)
  28. Frostpunk (2018)
  29. Control (2019)
  30. Microsoft Flight Simulator (2020)

Anmerkungen

Na, was meint ihr? Bevor ihr den Kommentarbereich unsicher macht – und vor allem dann, wenn ihr den Begleittext zum Vorgängerartikel nicht gelesen habt – lest bitte noch noch die folgenden Anmerkungen:

1. Es handelt sich um meine persönliche Auswahl und nicht um den Versuch, einen wie auch immer gearteten „allgemeinen Konsens“ abzubilden. Das bedeutet allerdings nicht, dass es sich um meine persönlichen „Lieblingsspiele“ handelt; es bedeutet noch nicht einmal, dass ich alle Spiele auf der Liste selbst gespielt habe. Auf die meisten trifft das zu, und einige Underdogs hätten es ganz sicher nicht in die Auswahl geschafft, wenn dem nicht so wäre, aber manche (wie S.T.A.L.K.E.R. oder Dark Souls) kenne ich bislang nur vom Hörensagen. Bei diesen Spielen sind die Argumente so stark, dass ich mich auch ohne intime Spielkenntnis auf der sicheren Seite wähne (und sei es wegen ihrer Bedeutung für den Videospieldiskurs).

Generell gilt, dass ich bei allen Spielen, die sich auf der Liste wiederfinden, objektive Gründe nennen kann, warum sie meiner Meinung verdient haben, auf einer Liste von 30 Spielen aus 30 Jahren aufzutauchen. Solltet ihr die Aufnahme eines Titels gar nicht nachvollziehen können, fragt gern im Kommentarbereich nach! :)

2. Die Auswahl sollte über den Gesamtzeitraum von 30 Jahren hinweg ausgewogen sein, auch und gerade in der Kombination mit der ersten Liste. Zwar verzichtete ich auch diesmal auf die arbiträre Vorgabe, exakt ein Spiel pro Kalenderjahr zu nennen, achtete aber darauf, dass das Ungleichgewicht zwischen den Jahrgängen nicht zu stark wird.

So machte ich es mir zur Vorgabe, für alle Jahrgänge, die auf der 25er-Liste noch gar nicht vertreten waren, je mindestens einen Titel auszuwählen. Andererseits achtete ich darauf, dass die Jahrgänge, die bereits in der ersten Liste doppelt besetzt waren, auch diesmal maximal durch zwei (und nicht durch noch mehr) Spiele vertreten werden.

Legt man beide Listen zusammen, findet man nun für jeden einzelnen Jahrgang mindestens einen und höchsten vier Titel. Das ist immer noch eine erhebliche Varianz; doch wie in den Erläuterungen zur ersten Liste schon erklärt, halte ich nicht viel davon, stur aus Prinzip eine Gleichverteilung zu erzwingen. Einige Jahrgänge sind stärker als andere und es muss genügen, die weniger starken nicht vollständig zu ignorieren.

Entscheidend ist, ist, dass der Kanon insgesamt ausgewogen ist, etwa dann, wenn man sich Blöcke zu jeweils fünf Jahren herausgreift: In diesem Fall kommt man auf mindestens acht und maximal zwölf Titel je Halbdekade, und das erscheint mir doch schon ziemlich ausgeglichen. Des Weiteren habe ich darauf geachtet, dass innerhalb der 30er-Liste keine Lücken von mehr als einem Kalenderjahr klaffen (eine Verbesserung zur alten Liste, wo es eine solche Lücke gab).

3. Natürlich wollte ich nicht nur bei den Jahrgängen eine gewisse Ausgewogenheit erreichen und eine möglichst große Bandbreite von Spielen abdecken, sondern auch in möglichst vielen anderen Aspekten. Bereits über die 25er-Liste machte ich mir viele Gedanken, doch über die Zusammenstellung der 30er-Liste dachte ich noch gründlicher nach (daher auch die Verspätung).

Nicht nur musste ich tiefer schürfen, weil einige allzu offensichtliche Kandidaten bereits im letzten Jahr dabei waren. Ich finde auch, je umfangreicher ein Kanon ist (und mit der neuen Liste wird er von bislang 25 auf nun 55 Spiele erweitert), desto dringlicher ist es (oder desto selbstverständlicher sollte es sein), unterschiedlichste Spielarten des Mediums abzudecken, diversere Kriterien zu berücksichtigen und nicht ganze Bereiche der Kultur unberücksichtigt zu lassen (auch wenn es meine persönliche Auswahl bleibt).

Die Liste aus dem letzten Jahr war sehr konsolenlastig. Diesmal achtete ich darauf, mehr Computerspiele in die Auswahl aufzunehmen. Auch Mobile- und Casual-Games, (experimentelle) Indie-Spiele, sowie Spiele für zuvor unberücksichtigte Plattformen und Spiele aus mehr unterschiedlichen Ländern oder mit interessanten Entwicklungsgeschichten sollten auftauchen. Und natürlich sollten mehr Genres abgedeckt werden, auch abseits der im letzten Jahr dominierenden „erzählenden“ Genres.

4. Ihr merkt schon, wie vielfältig die Kriterien für eine ausgewogene Auswahl sein können, und so verbleiben selbstverständlich auch nach Zusammenstellung der 30er-Liste ausgedehnte weiße Flecken auf der Landkarte der Kunstform Videospiel, die aufzudecken ich mir für die nächste Ausgabe vornehme.

Es sei daher auch noch einmal betont, dass es sich nicht um eine exklusive, sondern um eine offene Liste handelt – dass das „Fehlen“ eines Titels also nicht bedeutet, dass er es nicht möglicherweise auch verdient hätte, genannt zu werden.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Spiele, die es auf die Liste geschafft haben, haben es ganz sicher verdient, in die Hall of Fame der Videospiele aufgenommen zu werden. Ja, auch die weniger offensichtlichen. Neben, sicherlich, vielen anderen, die nur auf ihre Erwähnung warten. Bei durchschnittlich zwei Titeln pro Jahrgang (wenn wir beide Listen kombinieren) ist die Konkurrenz groß und ich bin ehrlich gesagt sehr glücklich darüber, dass es so viele dem Vernehmen nach spannende Spiele gibt, die ich noch nicht einmal gespielt habe.


Genug gequatscht! Ich würde mich freuen, euch im Kommentarbereich zu sehen. Sagt mir, welche (vor allem auch weniger offensichtlichen) Titel eurer Meinung nach in einen Kanon von 30 Spielen aus 30 Jahren gehören, und gern auch warum. Oder erstellt direkt eure eigene Liste. Glaubt mir, es macht Spaß. Tut es gern auch auf euren eigenen Blogs und lasst einen Link da. Ich bin gespannt! [sk]


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