Im November 2011 erschien »The Elder Scrolls V: Skyrim«. Ein grenzenloses Abenteuer begeisterte Spieler und Kritiker. Es war der vorläufige Höhepunkt des Open-World-Zeitalters. Fast zeitgleich erschien auch »The Legend of Zelda: Skyward Sword«, das mit seiner kleinen, eingeschränkten Spielwelt auf viel Gegenwind stieß, trotz zahlreicher Höchstwertungen. Innerhalb der Zelda-Community ist »Skyward Sword« auch nach zehn Jahren ein zweischneidiges Schwert. Doch sollte es für immer im Podest ruhen oder mit der aktuellen Switch-Veröffentlichung noch einmal in den Videospielhimmel emporgestreckt werden?


Gemächlicher Einstieg

»The Witcher 3« und »Zelda: Breath of the Wild« gehören zu meinen Lieblingstiteln der letzten Generation. Dennoch tue ich mich mit den meisten Open-World-Abenteuern etwas schwer. Das freie Spielgefühl, das Erledigen von Quests und Sammelaufgaben befriedigen zwar meinen Geschmack. Doch nach einer gewissen Spielzeit törnt mich der Spielablauf teilweise ab, da mir der rote Faden oft fehlt. »Skyward Sword« spinnt seinen Faden in eine vorgegebene Richtung: Die Handlung schreitet linear und ohne Umwege voran, und nimmt sich dabei viel Zeit. Das Tempo ist manchmal genau richtig, dann drosselt es ein wenig. Vor allem im Prolog.

Es fängt damit an, dass meine Spielfigur Link – wie in fast allen Zelda-Ablegern – aus dem Schlaf gerissen wird. Ich starte ohne Schwert und Schild, noch mit sonstiger Ausrüstung. Bis hierher folgt »Skyward Sword« der etablierten Zelda-Formel, ohne ihr etwas Neues hinzuzufügen. Viele heutige Open-World-Spiele greifen zwar noch immer auf einen unbewaffneten Startcharakter zurück. Dieser lässt sich aber für gewöhnlich schnell aufrüsten, sodass nach den ersten zwanzig Spielminuten das Inventar mit zahlreichen Items belegt ist. »Skyward Sword« verlangt von mir hingegen, dass ich mich erst einmal mit der Spielwelt auseinandersetze.

Ich lerne die Hub-World – den Wolkenhort – und ihre Bewohner kennen. Mir werden grundlegende Aufgaben aufgetragen, die zwar nur ein anspruchsloses, redundantes Tutorial darstellen, deren Bewältigung aber optional ist. Außerdem erfahre ich etwas über die Persönlichkeiten der einzelnen Figuren. Grus bittet mich beispielsweise, Fässer für ihn zu tragen, da er sie nicht angehoben bekommt. Seine vollständige Charakterentwicklung bekomme ich erst zu einem späteren Zeitpunkt mit. Etwas Bedeutsames gibt es vorerst nicht tun. Das Spiel führt mich Schritt für Schritt in seine Spielmechanik und Welt ein, statt mich mit Quests und Items vollzupumpen. Jeder angesprochene Charakter, jede Zwischensequenz bekommt die volle Aufmerksamkeit geschenkt.

»Skyward Sword« verweilt allerdings zu lange am selben Ort. Besonders viel Geduld wird von Spielern verlangt, die das Spiel schon einmal durchgespielt haben und den Wolkenhort bereits kennen. Eine Spieleröffnung muss nicht zwangsläufig schnell abgearbeitet werden, nur um zahlreiche Gameplay-Elemente vorwegzunehmen. Sie sollte aber ebenso wenig den Spielaufbau ausbremsen, sondern eher mit reduziertem Gameplay unterhalten. Es ist zwar schön, dass ich mein Schwert erst erhalte, nachdem ich den kompletten Wolkenhort durchlaufen habe. Dazwischen fehlen allerdings motivierende Ereignisse, die mich an die Spielwelt binden. Ich habe »Skyward Sword« mehrmals beendet und bräuchte deshalb etwas Aufregenderes als eine gestreckte Dorf-Besichtigungstour.


Dörfliches Gemeinschaftsgefühl

Der Aufenthalt im Wolkenhort ist dennoch eine großartige Erfahrung – obwohl das Dorf gegenüber Open-World-Spielen winzig erscheint und nur wenige NPCs anzutreffen sind. Die gesamte Architektur sieht extrem vielseitig aus. Ob ein Marktplatz, ein Fluss oder ein Turm – alles wirkt einzigartig und einprägsam. Die Anzahl an Gebäuden fällt gering aus. Jede Räumlichkeit lässt sich jedoch betreten und ist dafür umso liebevoller gestaltet. Bis auf eine Bar in den Wolken gibt es keine weitere zivilisierte Ortschaft zu entdecken. Das einzige Dorf in »Skyward Sword« fühlt sich aber angenehm authentisch an. Denn kein Bewohner dient nur dazu, die Kulisse zu schmücken. Sie alle haben ihre eigene Unterkunft, ihren eigenen Schlafplatz, ihre eigene Tages- und Nachtroutine und ihre eigenen Macken.

Ich habe viele Städte in Spielen besucht, in denen Menschenmassen die Gehwege füllen. Was zunächst optisch ansprechend aussieht, wirkt am Ende spielerisch unübersichtlich. Denn oft gilt es, jeden NPC anzusprechen, um zu erfahren, ob dieser eventuell eine nützliche Quest bereithält oder doch nur einen überflüssigen Monolog von sich gibt. Die Bewohner im Wolkenhort fügen dagegen dem Spielfortschritt etwas Bedeutsames hinzu. So ziemlich jeder von ihnen erteilt mir spannende Aufträge, gibt mir nützliche Hinweise oder ein nützliches Item. Ich bekomme ihre Sorgen und Probleme allerdings nicht gleich zu Spielbeginn mit, noch kann ich auf sie alle gleichzeitig eingehen. Die meisten Questverläufe entfalten sich erst mit der Zeit.

Ich konnte im Prolog beobachten, wie Grus daran scheiterte, auch nur ein einzelnes Fass anzuheben. Er bittet mich eines Abends, ihm bei seinen Trainingseinheiten zu helfen. Mit meinem Ausdauertrank kann er sich stärken, doch die Quest ist damit nicht beendet. Denn er muss noch weitere Trainingseinheiten absolvieren, und ich ihm weitere Tränke überreichen, bis sein Kraftpotential das Maximum erreicht hat. Danach kann Grus Fässer werfen und belohnt mich mit einem passenden Minispiel. »Skyward Sword« lässt mich eindringlich an den Charakterentwicklungen teilhaben. Die Nebenquests erstrecken sich nur selten über die gesamte Spielwelt, noch lenken sie von der Hauptquest ab. Sie entfalten sich innerhalb einer begrenzten Umgebung und fühlen sich deshalb besonders intim an. Zumal es sich bei den Nebenquests immer um persönliche Anliegen handelt.

Das Spiel fokussiert sich auf den einzelnen Moment. Es gibt keine überflüssigen Nebenereignisse, die mich ablenken könnten. Selbst der Tag-Nacht-Zyklus findet nicht in Echtzeit statt und unterbricht somit niemals das Spielgeschehen. Stattdessen bestimme ich die Tageszeit, sobald ich mich ins Bett lege. »Skyward Sword« bietet mir in manchen Sidequests sogar echte Entscheidungsgewalt. Es ist das erste Zelda, in dem Dialogoptionen den Ausgang eines Geschehens beeinflussen. Ich kann einen Liebesbrief der Adressierten überreichen oder ihn einer mysteriösen Hand in der Toilette geben. Je nach Entscheidung kommen dabei witzige Beziehungen zwischen den Charakteren zustande.


Das ultimative Einkaufserlebnis

Der Wolkenhort bietet aber mehr als nur Sidequests. Im örtlichen Basar lässt sich die Ausrüstung zusammenzustellen – nirgendwo sonst. Der Ort ist somit einzigartig, die verschiedenen Händler machen ihn aber erst lebendig. Jeder von Ihnen verfügt über eine ausgereifte Persönlichkeit. Sie sind charmant, charismatisch und humorvoll. Es gibt einen dauergrinsenden Händler, der sein Lächeln verliert, sobald ich den Kauf ablehne oder nicht bezahlen kann. Der Getränkehändler verfeinert meine Getränke, während er seinen weinenden Säugling beruhigt. Und die verträumte Dame, die meine Ausrüstung verwaltet, verliebt sich in mich, wenn ich sie oft genug anspreche.

Die Einkaufstour wird dabei von einer stimmigen Hintergrundmusik begleitet. Bei jedem Händler erklingt eine andere Melodie. Diese wird in einem angenehmen Rhythmus ein- und ausgeblendet, sobald ich den Marktstand wechsle. Es ist der atmosphärisch eindrucksvollste Marktplatz, den ich bisher in einem Videospiel erleben durfte. Bemerkenswert ist auch, dass er sich in einem eingegrenzten Zelt von der Außenwelt abhebt.

Die Ausrüstung kann aber nicht nur gekauft, sondern auch beim Schmied verbessert werden. Für eine Verbesserung muss ich aber erst einmal bestimmte Ressourcen sammeln. Diese Open-World-Mechanik wurde wunderbar in die lineare Spielwelt integriert. Es ist nicht der übliche Sammelwahn – die Anzahl an Ressourcen ist begrenzt, sie einzusammeln lenkt nur wenig vom hauptsächlichen Abenteuer ab. Die Verbesserungen sind zudem recht lohnenswert, denn sie beschränken sich nicht ausschließlich auf einen plumpen Stärkeanstieg. Mein mobiles Fluggerät wird schneller, der Bogen schießt drei Pfeile ab und meine Schleuder feuert ein Streugeschoss.

Außerdem ist es eine Freude, den Schmied bei seiner Arbeit zuschauen. Er strahlt viel positive Energie aus. Seine vielseitigen Reaktionen können vollkommen überzeugen, obwohl er nur wenige Laute von sich gibt. Die ausgesprochenen Vokale heben die Charaktere einprägsam hervor. Die geschriebenen Dialoge können dagegen weniger beeindrucken.


Packende Story, schwach erzählt

Die Zelda-Reihe war noch nie für tiefgründige Geschichten bekannt. Die meisten Ableger fassen die Erzählung aber in kurzen, prägnanten Sätzen zusammen. »Skyward Sword« hingegen schwafelt ohne Unterbrechung. Es klatscht mir pausenlos Textboxen um die Ohren. Der geschriebene Text sagt nur wenig bis gar nichts aus. Einige Aussagen wiederholen sich permanent: Im Prolog werden mir Steuerungshinweise erklärt, die ich bereits zuvor gelesen habe – vereinzelte Zwischensequenzen ziehen sich dadurch unnötig in die Länge. Das Spiel möchte tiefsinnige Konversationen vermitteln, wie wir sie aus großen Open-World-Titeln kennen, ist dafür aber viel zu schwach geschrieben. Immerhin können der Plot und die Charakterentwicklungen überzeugen.

Es ist interessant, den Werdegang der Protagonisten zu beobachten. Jeder von ihnen hat sein eigenes Leitmotiv: Link als aufsteigender Held, Zelda als wiedererweckte Göttin und Bado, der sich von einem Kotzbrocken zu einem nützlichen Mitstreiter wandelt, dessen Entwicklung vor allem spielmechanisch bedeutsam ist. Generell entfaltet sich die Erzählung während des eigentlichen Spielgeschehens stärker als in den Zwischensequenzen. Es ist zwar schön, mit anzusehen, wie das Masterschwert geschaffen wird und an Stärke gewinnt. Die Momente, in denen ich das stärker gewordene Schwert einsetze oder gemeinsam mit Bado gegen den Verbannten kämpfe, sind aber wesentlich spannender.

Der Verbannte gibt als seelenloser Erzfeind eine ebenso gute Figur ab wie sein Gehilfe Ghirahim, der den Kampf gegen Link lüstern genießt. Das Antagonisten-Gespann verschärft den Konflikt zusätzlich. Die sich wiederholenden Boss-Duelle gegen Ghirahim und den Verbannten haben mich deshalb selten gestört. Sie treten in einem angenehmen zeitlichen Abstand auf, verbinden sich kohärent mit der Geschichte, und bieten bei jeder Konfrontation veränderte Angriffsmuster. Ich habe definitiv schlimmere Boss-Wiederholungen innerhalb der Zelda-Serie erlebt:


Das Sidekick-Ungetüm

Ein Charakter, der mich allerdings wirklich genervt hat, ist Phai. Ich will jetzt nicht noch einmal auf ihren penetranten Aufschrei eingehen, der das Spielgeschehen unterbricht. Das haben andere Kritiker bereits ausführlich getan. Stattdessen möchte ich mich mit ihrem misslungenen Erscheinungsbild befassen. Als weibliche Figur fehlt es ihr an Anmut und Eleganz. Ihr lebloser Gesichtsausdruck schreckt mich in vielen Szenen ab. Wenn sie zu singen beginnt, laden ihre steif animierten Mundpartien zum Wegschauen ein. Phai drückt keinerlei Emotionen aus, obwohl sie innerhalb der Geschichte Gefühle entwickelt. Als geschlechtsneutrales, körperloses Wesen hätte sie eventuell besser funktioniert. Selbst der rührselige Moment, als sie sich von Link verabschiedet, lässt mich emotional kalt. Phai unterhält mit ihren lächerlichen Aussagen zumindest als Internet-Meme. Sie ist so etwas wie der Jar Jar Binks der Videospiele.


Reise statt Erkundung

Neben Phai als nervigen Sidekick ist wohl das Wolkenmeer der größte Kritikpunkt von »Skyward Sword«. Zelda-Fans stören sich oft daran, dass es hier kaum etwas zu entdecken gibt und die Inseln kaum Belohnungen ausschütten. Sie vergleichen den winzigen Luftraum oft mit dem riesigen Ozean aus »The Legend of Zelda: The Wind Waker«. Beide Spielwelten unterscheiden sich allerdings stark voneinander. Das Wolkenmeer sieht zunächst wie eine übliche Open-World aus, die es zu erkunden gilt. Doch die Karte ist nach den ersten Spielminuten aufgedeckt. Die Reise mit dem Vogel steht vielmehr im Vordergrund: Ich imitiere Flugbewegungen mit der Wiimote, erreiche so luftige Höhen, neige die Wiimote nach vorn, um im Sturzflug Tempo aufzunehmen. Das Fliegen ist dynamisch und vielfältig.

In »The Wind Waker« treibe ich lediglich ein langsames Boot in einer geraden Richtung zum Zielpunkt. Meine Hände brauchen währenddessen nicht einmal den Controller zu berühren. Die offene See mag zwar mysteriös erscheinen. Sie hält auch mehr Entdeckungen bereit als das Wolkenmeer. Doch gibt es ebenso viele, inhaltsleere Flächen zwischen den Entdeckungen. »Skyward Sword« füllt dagegen die leeren Flächen aus. Auf meinen Flugrouten fliege ich durch Turbo-Röhren, luchse einer Krähe Rubine ab, weiche Wirbelstürmen oder gegnerischen Angriffen aus. Die Reise im Wolkenmeer ist ein spielerisch aktiver Höhenflug.

Die Inselbesuche wirken zwar auf den ersten Blick ernüchternd. Lediglich eine Minispielinsel und eine Bar sind lohnenswerte Abstecher. Die restlichen Inseln beherbergen inaktive Truhen, die sich erst zu einem späteren Zeitpunkt freischalten lassen. Das Spiel wirkt dadurch etwas eingeschränkt, aber auch weniger überladen. Es ist dennoch spaßig, auf den jeweiligen Inseln zu landen. Denn der Landeanflug lässt sich vielseitig ausführen. Die Inselgruppen sind hervorragend miteinander verbunden, sodass ich jede freigeschaltete Truhe hintereinander öffnen kann. Der Flug zieht sich nur selten in die Länge. Mein übergeordnetes Reiseziel, sind jedoch drei Portale, die zum Erdreich führen. Denn das eigentliche Abenteuer findet nicht über, sondern unter den Wolken statt.


Abwechslungsreiche Ereignisse

Unten auf der Erde angekommen, bin ich vorerst von der restlichen Welt abgeschnitten. Es gibt einen Wald, einen Vulkan und eine Wüste – eben die typischen Zelda-Gebiete. Viele Serien-Fans bezeichnen sie schlichtweg als größere Dungeons. Ich würde die Spielabschnitte jedoch vielmehr als abenteuerliche Erlebniswelten beschreiben, die abwechslungsreiche Aufgaben mit sich bringen. Im Wald von Phirone schwinge ich mich von einer Liane zur anderen und klettere auf einen Baum. Ich erklimme den Vulkan von Eldin, während Gegner Felsbrocken auf mich werfen. Und in der Wüste von Ranelle ist es meine Aufgabe, über Treibsand zu laufen, bevor er mich verschlingt. Im Gegensatz zu anderen Zelda-Titeln verbinden sich die einzelnen Spielabschnitte niemals miteinander. Dadurch entsteht ein Gefühl von Isolation. (In einem Videobeitag auf YouTube gehe ich noch einmal ausführlich auf die Spielwelt ein.) 

»Skyward Sword« verzichtet als einziges 3D-Zelda auf eine Schnellreisefunktion. Es verlangt von mir, dass ich jeden Spielabschnitt miterlebe – ohne Unterbrechung. Zwar können dadurch einige Längen entstehen, doch hat jeder Spielabschnitt seine eigene Identität und Spielfunktion. Ich rüste mich im Wolkenhort auf, reise mit meinem Vogel durch das Wolkenmeer und überwinde im Erdland zahlreiche Gefahren. Trotz linearer Spielstruktur darf ich frei entscheiden, wann ich mich ins Abenteuer stürze oder Nebentätigkeiten nachgehe. Dem Spiel wird häufig ein übermäßiges Maß an Handholding vorgeworfen. Und ja, es nimmt mich bei den ersten Gameplay-Vorstellungen an die Hand und zerdrückt sie regelrecht. Es weiß aber auch im richtigen Augenblick loszulassen – bei anspruchsvollen Such- und Rätselaufgaben hält selbst die penetrante Phai ihre Klappe.


Zielgerichtete Suche

Für die Erkundung der Welt steht mir die Aurasuche zur Verfügung. Sie sorgt für ein immersives Spielgefühl. Ich muss mein Schwert eigenhändig ausrichten, um einen Ausschlag zu erhalten. Dieser zeigt an, ob sich ein Quest-Gegenstand in der Nähe befindet. Den genauen Standort muss ich selbst ausfindig machen. Auf stupide Wegmarkierungen oder Questmarker wird glücklicherweise verzichtet. Versteckte Herzteile werden mir noch nicht einmal mit der Aurasuche angezeigt. Es fühlt sich darum umso schöner an, ein Herzteil zu entdecken – besonders da es nicht viele von ihnen zu finden gibt. Auch andere Geheimnisse sind von der Anzahl her gering, sodass ich mich vollkommen auf die Haupthandlung konzentrieren kann.

Mich hat die lineare Levelausrichtung deshalb nur wenig gestört. Denn sie bietet einen entscheidenden Vorteil gegenüber einer frei erkundbaren Open-World. Viele Spieler schätzen es, sich in einer offenen Spielwelt zu verlieren. Doch geht damit auch der Fokus auf das Hauptziel verloren, wenn eine Spielwelt mit allerhand nebensächlichen Orten und Sammelkram auf mich wartet. Bei mir ist zumindest das Verlangen groß, kein Nebenereignis auszulassen, wenn ich im Vorfeld nicht weiß, welche Aufgaben spannend und welche uninteressant sind. In den drei Gebieten von »Skyward Sword« gibt es zwar auch Insekten und Materialien zum Sammeln. Diese lassen sich aber unbedenklich auf dem Weg zum Hauptziel einsacken.

Hinzu kommt, dass die Gebietskarte komplett aufgedeckt wird, sobald ich das jeweilige Gebiet betrete. Und nicht nur das. Eine Zwischensequenz zeigt mir an, was mich in dem Level erwartet und welche Gefahren auf mich zukommen – lediglich die Geheimnisse bleiben verborgen. Ich erhalte dennoch eine klare Übersicht und einen wundervollen Ersteindruck. Es ist die perfekte Gelegenheit, sich mit der Spielwelt gedanklich auseinandersetzen und schon einmal Herangehensweisen zu planen.

Das Spiel schickt mich später in die bereits erkundeten Gebiete zurück. Das häufig kritisierte Backtracking hat mich jedoch kaum gestört. Denn es kommen immer neue Areale und Ereignisse hinzu. Im Wald von Phirone tauche ich im Wasser ab, in der Wüste von Ranelle fahre ich mit einem Boot durch Wüstensand und im Vulkan von Eldin wird eine Feuerwand gelöscht. Die Prüfungen der drei heiligen Flammen können ebenso überzeugen. Sie ähneln der Tränensuche aus dem vorherigen Zelda-Titel »Twilight Princess«. Und auch wenn die Suche nicht ganz so originell wie im Vorgänger ist, bietet sie eine anspruchsvolle Herausforderung. Die Tränen sind zudem durchdacht in die Umgebung platziert worden, sodass jede Prüfung eine andere Geschicklichkeitseinlage mit sich bringt.


Unverbrauchtes Kampfsystem

Mit weiteren Ereignissen treten auch weitere Gegner in Erscheinung. Sie werden zahlreicher, stärker und vereinzelt auch größer. Die Gefechte fordern unterschiedliche Taktiken und einen vielfältigen Einsatz von Items. Trotz der recht hohen Vielfalt in den Kämpfen, kommt »Skyward Sword« auch hier nicht an den zahlreichen Kampfoptionen eines großen Open-World-Titels heran. Und das möchte es auch nicht. Denn das Spiel legt großen Wert auf den Kampf mit Schwert und Schild.

»Skyward Sword« ist in meinen Augen das Spiel mit der besten Schwertführung. Und ich sage bewusst Schwertführung, nicht Kampfsystem. Denn Kampfsysteme gibt es in unterschiedlich reizvollen Variationen, sodass die Kämpfe aus verschiedenen Spielen auch komplett anders funktionieren. »Skyward Sword« lässt mich aber einen sensationellen Umgang mit dem Schwert miterleben – und das nicht nur im Kampf. Bereits der Erstkontakt mit dem Himmelsschwert strahlt eine unglaubliche Faszination aus. Ich ahme die Bewegungen direkt nach, wenn das Schwert aus dem Stein gezogen wird und hebe es gezielt in den Himmel, um es aufzuladen. Mit einem ruckartigen Hieb schleudere ich den aufgeladenen Strahl gegen ein Siegel. Dieser feinfühlige Moment macht mich behutsam mit dem Schwert vertraut.

Und so überflüssig die Tutorials auch sein mögen, die Schwertübungen sollten ernst genommen werden. Denn die Kämpfe haben es in sich. Wildes Rumgefuchtel mit dem Schwert geht meist mit einem gegnerischen Konterangriff einher. Ich muss die Gegner genau durchschauen, denn sie blocken gekonnt meine Hiebe. Eine angetäuschte Bewegung und ein gezielt entgegengesetzter Schlag durchdringt die Verteidigung. Der Endgegner im Spiel ist besonders hart. Seine Angriffe sind schnell und erbarmungslos. Kein Item kann ihm etwas anhaben, nur das Schwert verursacht Schaden. Ich muss mein Masterschwert somit meisterlich führen, um ihn zu besiegen. »Skyward Sword« hält die schwersten Kämpfe innerhalb der Zelda-Serie bereit – mit Ausnahme von »Zelda II: The Adventure of Link«.

Die Motion-Control-Steuerung sticht bei der Schwertführung am deutlichsten hervor. Sie ist komplett für die Wiimote ausgerichtet worden. Doch mit dem kürzlichen Switch-Release hat sich dieser Umstand geändert. Und auch wenn ich Motion-Controls bevorzuge, halte ich es für angebracht, dass ein Spiel mit solch einzigartigem Gameplay nicht auf einer Hardware stecken bleibt. Die Variante mit dem Analogstick sieht in meinen Augen vielversprechend aus. Das Kernmerkmal der Bewegungsimitation sollte damit problemlos gelingen.


Erinnerungswürdige Dungeons

Wenn es etwas gibt, dass in Open-World-Spielen in Vergessenheit gerät, dann sind es meist die Dungeons. »Breath of the Wild« bildet da keine Ausnahme: Die Innenbereiche sehen oft eintönig aus, und auch spielerisch herrscht eine gewisse Monotonie. Doch selbst der größte Kritiker von »Skyward Sword« sollte wohl neidlos anerkennen, dass die Dungeons zu den besten der Serie gehören. Sie strotzen nur so vor Ideen, Kreativität und Rätseln. Ich aktiviere mit einer riesigen Kugel zwei Schalter, durchquere mit ihr den kompletten Dungeon, bis sie sich am Ende in den Boss verwandelt. Die Räume sind clever konstruiert, ihre Architektur sieht beeindruckend aus. Einige Dungeons gehen in die Vertikale, andere verfügen über eine clevere Zeitmechanik, die das Level umgestaltet.

Der Turm des Himmels stellt einen besonderen Höhepunkt dar. Hier muss ich Räume in einem Schiebefix-Puzzle durchdacht zusammenschieben, um mir einen Weg zum Ziel zu erarbeiten. Es sind genau solch geniale Dungeons, nach denen sich Zelda-Fans sehnen. Und vielleicht erfüllt »Breath oft the Wild 2« diese Sehnsüchte. Doch das Hauptaugenmerk ist immer noch die Spielwelt. »Breath oft the Wild 2« kann sich aber auch in der Hinsicht einige Punkte von »Skyward Sword« abschauen. Denn es ist zwar aufregend, flüchtige Ereignisse vor mir zu haben, die ich frei entdecken und erleben darf. Doch es ist ebenso überwältigend, wenn ein Spiel einen besonderen Moment vorbereitet und mich bewusst zu ihm führt. [dg]


The Legend of Zelda: Skyward Sword
Nintendo EAD / Nintendo
Nintendo Wii (18. November 2011); Nintendo Switch (als The Legend of Zelda: Skyward Sword HD; 16. Juli 2021)
Producer: Eiji Aonuma
Director: Hidemaro Fujibayashi

Quelle Titelbild: Presskit

Quelle Screenshots: Skyward Sword: eigene Screenshots aus der Wii-Fassung. Majoras Mask, Wind Waker HD, Twilight Princess, Breath of the Wild: YouTube.


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