Liebe Leserinnen und Leser,
es war ein ruhiger Monat bei SPIELKRITIK, doch zumindest unsere regelmäßigen Rubriken halten den Betrieb aufrecht, so auch der Quest-Log.
Erneut begrüßen wir einen geschätzten Gast in unserer Runde, und zwar den Manuel, a.k.a. Dengeki Gamer. Manuel streamt und podcastet, und ist ein Drittel von a Hat of Media. Mit uns wird der jahrelange Nintendo-Enthusiast unser Thema des Monats kommentieren, das provokativ lautet: „Wird Nintendo zum Bad Guy?“
Hintergrund der Frage: Fragwürdige Digitalpreise, künstliche Verknappung von Produkten, das fortwährende Kleinreden des sogenannten Joy-Con-Drifts oder einfach nur eine ungewohnte Vielzahl schlapper Spiele. Die kleine „Kontroverse“ um den Skyward-Sword-Amiibo ist da nur das jüngste Glied der Kette.
Selbstverständlich interessiert uns auch brennend, was ihr über dieses Thema (oder unsere diesbezüglichen Kommentare) denkt. Schreibt es uns im Kommentarbereich!
Das tradtionelle Herzstück des Quest-Logs darf natürlich auch nicht fehlen: Unsere aktuellen Inventories verraten euch, was wir derzeit (am liebsten) spielen, schauen, hören, lesen und sonst so machen. Viel Spaß! [sk]
INVENTORY: Die aktuellen Favoriten der Redaktion
Sylvio @spielkritik
Spielt: The Surge 2, Onimusha Tactics, Assassin’s Creed: Rogue Remastered
Liest: Paul Auster: Die Brooklyn-Revue
Schaut: The Transporter, Der Prinz aus Zamunda 2, Christoph Schlingensief – In das Schweigen hineinschreien
Hört: Westernhagen: So weit – Best of
Und sonst? Hat sich coronabedingt mal wieder einen Drucker zugelegt, was coronabedingt gar nicht so einfach war. Ist demnächst dann wieder auf der Jagd nach dem perfekten CD-Player.
Pascal @pascalthehoff
Spielt: Mass Effect: Legendary Edition, Nioh 2, Pokémon Smaragd-Edition, Olija
Liest: Shida Bazyar: Drei Kameradinnen, Alena Schröder: Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
Schaut: The Handmaiden, Labyrinth of Cinema, Jennifer’s Body
Hört: TEKE::TEKE, Black Midi, L’Impératrice, Måneskin, Free Jazz
Und sonst? Lernt im Lockdown-Jahr 2021 einfach mal Französisch und hat gemerkt, wie perfekt alte Pokémon-Spiele sich eignen, diese Sprachskills zu vertiefen.
Jessica @JessicaKathmann
Spielt: Fallout 4, It Takes Two, Walden: A Game
Liest: Henry David Thoreau: Walden; or, Life in the Woods
Schaut: Nichts Bestimmtes.
Hört: Nichts Bestimmtes.
Und sonst? Unterrichtet seit neuestem Psychology for Game Design und freut sich über interessierte Studis!
Dennis @VG_Analyse
Spielt: Resident Evil 2 (N64), Worms W.M.D, It Takes Two
Liest: Philip K. Dick: Das Orakel vom Berge
Schaut: Heat, Im Westen nichts Neues (1930), Tödliche Entscheidung
Hört: The Offspring: Let the Bad Times Roll
Und sonst? Freut sich auf die kommenden Geburtstagsfeiern, die Ende Mai anstehen.
Freund des Hauses: Manuel @dengekigamer
Spielt: Final Fantasy XIV, Hyrule Warriors, und immer wieder Densha de Go zum Entspannen.
Liest: Neben Frag Iwata, Lovelace & Babbage und Oishinbo vor allem alte Notizen die endlich mal digitalisiert werden müssen.
Schaut: GTO: Great Teacher Onizuka, Kamen Rider Saber, und immer wieder ein paar alte Filme.
Hört: Burnout Syndromes rauf und runter.
Und sonst? Versucht viel zu viele Projekte auf einmal abarbeiten und kommt mit nichts so wirklich voran. Das Übliche.
SIDE QUEST: Wird Nintendo zum Bad Guy?
Manuel meint:
Als Fan, der 1990 mit einem GameBoy sein Videospiel-Leben begonnen hat, sehe ich meine Lieblings-Videospielfirma immer in einem positiven Licht, und zumindest die aktuelle Diskussion um den Skyward-Sword-Amiibo kann ich nicht nachvollziehen. Trotzdem geht nicht alles spurlos an mir vorbei. Super Mario 3D All-Stars als jüngstes Beispiel ist mir extrem sauer aufgestoßen, allerdings nicht wegen der künstlichen Verknappung, auch digital, sondern vor allem weil so ein qualitativ fragwürdiger Titel als Jubiläums-Präsent auf den Markt geworfen wurde. Bis jetzt gehört Nintendo immer noch zu den wenigen Brachen-Vertretern, denen ich solche „Ausrutscher“ verzeihe und deren Titel ich blind kaufe. Doch mit jeder Ankündigung, jedem neuen Spiel und jedem Kauf wird das Vertrauen neu auf die Probe gestellt und die ersten Risse in der sonst so felsenfesten Überzeugung sind schon zu erkennen. Ich nehme an, nicht nur bei mir.
Dennis meint:
Nintendo hat im Jahr 2003 das kreativ designte Rennspiel F-Zero GX herausgebracht. Need for Speed: Underground – ein Rennspiel mit repetitivem Streckendesign – überholte F-Zero GX in den Verkaufszahlen mit großem Abstand. Spieler konnten ein Jahr später im futuristischen Shooter Metroid Prime 2: Echoes eine anspruchsvolle Spielwelt erkunden. Die Mehrheit hat sich jedoch durch die eintönigen Kampfareale in Halo 2 geballert. Ich war zu dieser Zeit knallharter Nintendo-Fan und musste verbittert feststellen, dass Nintendo mit qualitativen Großproduktionen keinen Erfolg einfahren konnte. Selbst das allzeitbeliebte Zelda-Franchise blieb hinter den Verkaufserwartungen zurück. Dabei gab es zum Kauf von The Wind Waker den Klassiker Ocarina of Time gratis dazu. Heute verschenkt Nintendo nichts mehr. Sie haben anscheinend gelernt, dass großes Marketing mehr Geld einbringt, als großartige Spiele. Und warum viel Energie in Spielen investieren, wenn es doch so einfach geht? Der Aufguss Super Mario 3D All-Stars hat sich blendend verkauft, ebenso wie das altbackende Spielprinzip von New Pokémon Snap. Die Mehrheit will anscheinend keinen Anspruch, sondern einfach konsumierbare Inhalte.
Pascal meint:
Neben den immer häufiger uninspirierten Spielen scheitert Nintendo für mich vor allem auf einer Vertrauensebene. Wieso sollte ich einer Firma trauen, die eine Zeitbombe wie den Joy-Con-Drift vollen Wissens selbst in aktuelle Modelle der Switch Lite verbaut? Wieso soll ich Multiplattform-Spiele bei Nintendo kaufen, wenn sie mir die mit Abstand nutzerunfreundlichste Shop-Erfahrung mit schlechter Historie in Sachen Abwärtskompatibilität und Langlebigkeit bieten? Aktuell wiederholt sich zudem im kleineren Rahmen das Dilemma der Wii, die einige Jahre nach Launch den Anschluss an neue TV-Technologien verlor. Aber gut, dann spiele ich 2023 eben Metroid Prime 4 mit 30fps in 720p. Da kann das Gameplay der seltenen Flaggschiff-Titel noch so sehr King sein – die Rahmenbedingungen schmälern die Freude.
Sylvio meint:
Mit der Vertrauensebene spricht Pascal einen wichtigen Punkt an. Als ich im November 2012 meine letzte Nintendo-Konsole kaufte, tat ich das im Vertrauen, dass Nintendo mich nie enttäuscht hatte. Und nein, ICH wurde auch von der Wii U nicht enttäuscht! Doch seither hat sich viel verändert und rückblickend bin ich sehr froh, seit dem Kauf meiner ersten PlayStation im Sommer 2018 von Nintendo nicht länger „abhängig“ zu sein. Dabei sind es weniger die kleinen Aufreger und Ausrutscher, die mich stören. Ja es ist nicht noch einmal diese unverhohlene Profitgier, die so im Widerspruch steht zu „meinem“ Nintendo der 2000er – das natürlich auch Geld verdienen wollte, dabei aber bemüht war, günstige Konsolen zu produzieren, die auch Leute wie ich sich zum Launch leisten konnten. Das wahrhaft Bedauernswerteste ist jedoch der verlorengegangene Wille zur Exzellenz, für den Nintendo einmal stand. Einst werkelte Kyoto an Spielen, bis sie im Rahmen der Möglichkeiten vollkommen waren. Heute, so scheint es, wird mit dem Entwickeln aufgehört, wenn klar ist, dass das Ding sich verkauft. Nintendo war einmal der beste Spielentwickler der Welt. War.
Logbucheintrag Ende. Ende Juni melden wir uns wieder. Ein neuer Freund (oder eine neue Freundin) des Hauses und ein neues Thema des Monats werden natürlich auch dabei sein. Lasst euch überraschen. Bis dahin!
Beitragsbild dieses Quest-Logs: Screenshot aus Heavy Rain (Quantic Dream & Sony, 2010/2016). Stark nachbearbeitet.
Spielt: Children of Mana, Suikoden 2, Trails of Cold Steel II
Liest: J.R.R. Tolkien – Beren und Luthien
Schaut: Akte X, WandaVision
Hört: LukHash, Metallica, Blind Channel
Und sonst? Freut sich auf jede Menge neue alte Spiele, die angekündigt wurden.
Für mich ist Nintendo schon längst der Bad Guy. Deren Geschäftspraktiken sind jetzt schon seit einer Weile (seit Iwatas Tod?) ein illustres Experiment, um zu testen, mit wie wenig Aufwand und wie viel Dreistigkeit sich die willige Fanbasis noch melken lässt. Da bin ich wirklich froh, auch auf anderen Plattformen unterwegs zu sein, denn ich bin nicht gewillt, Nintendos Kundenunfreundlichkeitauch noch mit Geld zu belohnen.
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Tatsächlich begann für mich die Nintendo-Magie schon mit dem GameCube-Zeitalter langsam zu verschwinden. Dennoch muss man anerkennen, dass Nintendo auch in dieser Ära (und danach) noch auf sehr hochwertige Produkte zum fairen Preis setzte.
Seit der Switch hat sich das jedoch massiv geändert. Das Marketing wurde maximiert, die Leistung minimiert. Zeiht man die Indie-Titel und Ports ab, erscheinen jährlich auch nicht mehr Spiele als zu den dünnen Wii U Zeiten. Die Switch hat jedoch eine deutlich größere Spielerbasis und steht zudem in der Blüte ihrer Lebenszeit. Umso verwunderlicher ist es daher, dass das System derart schlecht unterstützt wird.
Die dreiste Preisgestaltung, minderwertige Hardware und mangelhafter Online-Service haben für mich schließlich das Fass überlaufen lassen: Als Nintendo-Fan seit dem SNES muss ich leider sagen, dass das Thema Nintendo für mich abgeschlossen ist. Die Switch war vorerst meine letzte Nintendo-Konsole.
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So unterschiedlich ist die Wahrnehmung. Die Switch ist meine erste Nintendo-Konsole und sicherlich nicht die letzte. Alleine »Breath of the Wild« war den Kauf (für mich) schon wert, ganz zu schweigen von den vielen Titeln, die ich mit meiner kleinen Tochter oder anderen Kids zusammen spielen kann (z.B. Mario Kart, Super Mario, Yoshi’s Island, …). Die Menge an 3rd-Party Spielen macht es dann rund, so kann ich Diablo oder Thimbleweed Park im Handheld-Modus spielen, oder eben auch (den einzig richtig guten Titel der Microsoft Studios) Ori. Bei Titeln, die auf mehreren Plattformen erscheinen, greife ich immer häufiger zur Switch-Version (Handheld!). Die Preise dieser Spiele sind auch viel stabiler, um sie später gebraucht wieder zu verkaufen.
Ich bin sicherlich (noch) kein Fanboy und empfinde die Verkaufspolitik von Nintendo auch eher niederträchtig. Aber es wird ja niemand dazu gezwungen, für ein Wii U-Remake 50 oder 60 Euro hinzulegen. Angebot und Nachfrage machen den Preis. Wenn es nicht genug Leute geben würde, die bereit sind, dieses Geld zu zahlen, dann würde es nicht funktionieren. Ich habe da wenig Probleme mit, da ich nie vorher Nintendo gespielt habe.
Neben der PS5 hat die aktuelle und sicherlich auch die nächste Switch einen festen Platz neben meinem TV. Und wenn wir von Bad Guy Allüren sprechen, fällt mir da Sony in letzter Zeit aber häufiger negativ auf (zuletzt mit dem „Verbot“ von Crossplay bei Borderlands 3) als Nintendo oder Microsoft.
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Kritik über die aktuellen Geschäftspraktiken von Nintendo liest man ja häufig. Die Kommentare hier zeigen meines Erachtens sehr schön, dass viele bei dem Thema Nintendo-Kritik zustimmen, sich aber im Grund genommen dann doch widersprechen.
Manche nehmen die Zeit nach dem ersten Jahr der Switch als Grenze wann es bergab ging (damit man Odyssey und Breath of the Wild nicht als Gegenbeispiel nehmen kann, wo Nintendo noch positiv war). Andere die Wii U, andere den Tod Iwatas, andere ab der Casual-Ära durch die Wii… Einig sind sich viele nur darin, dass es bergab ging und es früher eigentlich besser war.
Wer erst die Switch-Ära als Grenze nimmt, für den ist die Wii-Zeit noch ein Positiv-Beispiel. Daher widersprecht er eigentlich dem, der sagt ab der GC-Ära ging es schon bergab.
Wer hat denn nun Recht? Meines Erachtens alle bzw. niemand. Ich klammer einmal die Ära vor dem N64 aus. Nicht weil ich sage, dass Nintendo vorher alles perfekt gemacht hat. Obwohl ich ein riesengroßer SNES-Fan bin, haben sie auch da meines Erachtens nicht alles perfekt gemacht und teilweise auch schon Grundsteine für den Misserfolg der Folgejahre gelegt. Vorher war es halt so, dass PC und Konsole sehr getrennte Märkte waren. Auch wenn das Mega Drive signifikante Marktanteile hatte, hat Nintendo dominiert und auch die meisten Third Party-Spiele auf der Konsole besessen. Auch war der Spielemarkt noch viel stärker Japan-dominiert. Kurzum der Markt und Nintendos Position waren so unterschiedlich zu heute, dass man das nur noch sehr schwer vergleichen kann.
Ab dem N64 kann man meines Erachtens für jede Generation genügend Beispiele aufzeigen, wo Nintendo nicht kundenfreundlich agiert und man ihnen den Bad Guy zuschieben kann. Auf der anderen Seite gibt es aber genauso für jede Generation die Positivbeispiele.
Alle oben aufgezählten Dinge sind meines Erachtens völlig valide. Man lässt jedoch außer Acht, dass Nintendo auch zu Zeiten von N64, Gamecube, Wii… ebenfalls Dinge machte, die kritikwürdig sind. Auch machen sie noch heute sehr viele positive Dinge.
Wenn man das Framing heute=böse & damals=gut schon als Prämisse ansetzt, kann man sehr viele Dinge finden, die genau dazu passen. Wie gesagt finde ich, dass alles was hier geschrieben wurde Hand und Fuß hat. Jedoch verleitet diese Framing dazu, das zu übersehen, was nicht zur Prämisse passt und das ist eben auch einiges.
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