Liebe Leserinnen und Leser,

schön, dass ihr wieder mit dabei seid, um gemeinsam den Monat Juli zu verabschieden.

Natürlich erfahrt ihr auch diesmal, was wir in den letzten Wochen videogespielt, ferngesehen und musikgehört haben. Und natürlich darf auch diesmal ein geschätzter Freund des Hauses nicht fehlen: Unser langjähriger Twitter-Follower Christian Haubitz lässt uns wissen, welche Spiele, Bücher, Filme usw. er zuletzt in seinem Inventar hatte.

Oben drauf: das Thema des Monats. Wir schauen dem Hype ins Gesicht und fragen: Cyberpunk 2077 – Einmal zu oft verschoben?

Diskutiert mit, und lasst euch an den Bestandsartikel des Monats nicht entgehen, falls ihr den noch nicht kanntet. Und dann auf in den August! [sk]


INVENTORY: Die aktuellen Favoriten der Redaktion
foto7_2Sylvio @mussakku_laden

Spielt: The Turing Test, Thief (2014), Limbo
Liest: Gregory Maguire: Wicked
Schaut: Dr. House Staffel 1, Swimming Pool, Playtime
Hört: Black Eyed Peas
Und sonst? Entdeckt die lebensverbessernden Möglichkeiten, die sich durch eine Gefrierbox bieten.

ybhkbibl_400x400Iris @HiVidGa

Spielt: Star Wars: Jedi Fallen Order, Star Wars Battlefront II, The Walking Dead: The Final Season
Liest: Frank Herbert: Der Wüstenplanet, Henning Jauernig: Young Money Guide, diverse jap. Kochbücher
Schaut: Rick & Morty, The Walking Dead
Hört: Colin Stetson: Color out of Space (OST), Billy Eilish: When we all fall asleep, where do we go?, Robert Norden/No Breakfast Club: Querfeldein
Und sonst? Ist im Geburtstagsstress, weil die halbe Familie Krebs als Sternzeichen hat. Fühlt sich wie bestellt und nicht abgeholt was die Zukunft angeht (Corona).

OKhjZsqh_400x400Pascal @PascalGrasshoff

Spielt: Ghost of Tsushima, Necrobarista, Carrion, Desperados III, Röki, Panzer Paladin
Liest: Lindsay Ellis: Axiom’s End, Mary L. Trump: Too Much and Never Enough
Schaut: Parks & Recreation, 1917
Hört: Phoebe Bridgers, The Aces, mehr Rina Sawayama, das plötzliche Taylor Swift-Album
Und sonst? Zieht bald in eine ruhige Gegend und kann Spiele dann wieder ohne Noise-Cancelling-Kopfhörer genießen.

Erik @snoopykoira

Spielt: Chrono Trigger, killer7, Necrobarista (zum dritten Mal)
Liest: Thomas Bourke: The Consolation of Maps
Schaut: Nichts.
Hört: Polyphia, tricot, Rina Sawayama
Und sonst? Schläft momentan zu viel, weil das Semester endlich vorbei ist. Hat sich entschlossen, seine Abneigung gegen Souls-Like-Spiele endlich abzulegen und bald Ni-Oh zu starten.

Profilbild JessicaJessica @JessicaKathmann

Spielt: The Floor is Jelly, Candleman, Fran Bow
Liest: Kai Matuszkiewicz: Zwischen Interaktion und Narration – Die Heldenreise in digitalen Spielen als Handlungs- und Erzählstruktur
Schaut: Dunja Hayali
Hört: Celtic Woman: Ancient Land
Und sonst? Hat sich endlich ein neues Regal gekauft, um den sich inzwischen überall stapelnden Gamestudies-Büchern ein ordentliches Zuhause zu geben.

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Dennis @VG_Analyse

Spielt: Detroit: Become Human, The Last of Us Part II, Desperados III
Liest: Die neueste Ausgabe Film & Video: Das BDFA Clubmagazin
Schaut: Knives Out, 1917, The Gentlemen
Hört: Rammstein – unbetiteltes Album
Und sonst? Hat eine 7,7 Millionen Scoville Currywurst gegessen, damit das höchste Level an Schärfe im ausgehändigten Schärfepass bewältigt und wird nie wieder einen solchen Schärfegrad verspeisen.

Freund des Hauses: Christian @Skizzenbildner

Spielt: Shadow of the Tomb Raider, Rise of the Tomb Raider, Tomb Raider, Star Citizen, DOOM Eternal, The Surge 2
Liest: Samantha Cristoforetti: Die lange Reise – Tagebuch einer Astronautin, Sudhir Venkatesh: Floating City
Schaut: Aufbruch zum Mond, Der Soldat James Ryan, Cast Away, Apollo 11, Der Marsianer
Hört: Lord Huron, Of Monsters And Men, LP, Imagine Dragons
Und sonst? Zählt die Tage bis zum Release der PC Version von Horizon Zero Dawn und versucht bis dahin irgendwie noch durch den letzten Teil der Tomb Raider Reboots zu kommen.


SIDE QUEST: Cyberpunk 2077 – Einmal zu oft verschoben?
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Dennis meint:

Ich kann mir nicht erklären, wo der Hype um Cyberpunk 2077 herkommt. Mich hat das Konzept eines Cyberpunk-RPGs, in der Spieler ihren Charakter mit diversen kybernetischen Komponenten aufrüsten und aufleveln können, zunächst abgeholt. Auf der Gamescom 2019 wurde mir jedoch eine Spielszene vorgestellt, die mich etwas enttäuscht hat. Eine generische Open World-Quest, der bekannte Skilltree um Fähigkeiten aufzubessern und papierartige Animationen, die jede Durchschlagskraft vermissen lassen. Cyberpunk 2077 hat das Potenzial ein gewöhnliches Open World-Spiel zu werden. Vielleicht ist die Erwartungshaltung einfach zu hoch, sodass CD-Projekt wahrscheinlich gezwungen ist, das Spiel für einen andauernden Feinschliff immer wieder neu zu verschieben. Aber eventuell lohnt sich die Wartezeit und Cyberpunk 2077 wird doch das ersehnte Top-Spiel, auf das viele hoffen.

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Pascal meint:

Wenn Red Dead Redemption 2 mir eines beigebracht hat, dann, dass unreflektierter Medienhype und ethisch fragwürdige Arbeitspraktiken manchmal doch zu monumentalen, beeindruckenden Spielen führen können. Ich möchte Cyberpunk 2077 für den ganzen Scheiß hassen, aber ein bisschen gespannt bin ich ja schon, was die Köpfe hinter Witcher III mit x-fachem Budget und ohne Fantasy-Setting erschaffen können. Was RDR2 mich ebenfalls gelehrt hat: WENN man sich schon darauf einlässt, ein solches Werk zu rezipieren, ist eine zynisch-voreingenommene Ablehnung ein Dealbreaker für ein Spiel, das so generisch vielleicht gar nicht ist.

Christian meint:

Nachdem mich der E3 Trailer und die exzellente Kampagnen-Demo 2018 noch magisch in die Welt von Cyberpunk 2077 gezogen haben, sind mein Interesse und meine Vorfreude auf den Titel nach zwei Jahren auf dem Nullpunkt angekommen. Der voluminöse erste Glockenschlag ist fast verhallt und im gleichgültigen Dauergeläut vieler kleiner Glocken aufgegangen, mit denen CD Projekt Red derzeit versuchen, den Hype um ihr Spiel bis ins Weihnachtsgeschäft zu retten. Ihr Problem dabei: Hype ist eine positive Form von Stress und wie jede Form von Stress nicht unbegrenzt erhaltbar. Der geplante Release im April hätte Cyberpunk 2077 perfekt bei der aufgeheizten Kundschaft abgeliefert. Mit ihren – sicherlich notwendigen – Verschiebungen scheinen CD Projekt Red ihr Publikum aber nun zu überspannen.

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Sylvio meint:

Fast ein Jahr ist mein Besuch der großen Live-Präsentation in Erfurt inzwischen her, die die heiße Phase der Hype-Kampagne hatte einleiten sollen. Alles schien perfekt orchestriert, wie 2077 zunächst nur ausgewählten Journalisten, dann kleinen Kreisen des Publikums, und schließlich immer mehr Fachmagazin-Lesern nahegebracht wurde, sodass sich jeder in der Infoschnipsel-Verwertungskette einmal erst-informiert und wichtig fühlen durfte. Doch seit der Apriltermin platzte, scheint die Hype-Maschine eine gewisse Unwucht zu erzeugen, die selbst gemessen an den Maßstäben anderer AAA-Hypes bedrohlich wirkt und einigen Beteiligten noch auf die Füße fallen könnte. Die GameStar etwa warb jüngst damit, auf 24(!) Seiten „die wohl längste Preview“ ihrer Geschichte abgeliefert zu haben. Damit manövriert sich die Spielepresse selbst in ein Dilemma: Wie könnte die GameStar eine Wertung unterhalb von 90 Prozent noch glaubwürdig vermitteln, wenn 2077 am Ende doch nicht soooo gut sein sollte? Nach monatelanger Komplizenschaft fehlt der Games-Presse buchstäblich der Abstand und sie ist vor allem eines: Teil des Problems.


BACKTRACKING: Der Bestandsartikel des Monats

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GASTSPIELER: Licht, Kamera, Action! Narrative Regieführung in Spielen (empfohlen von Sylvio) 

Nehmen wir einmal an, dass viele Gamer mit dem Medium Film genauso gut vertraut sein dürften wie mit dem Medium Computerspiel, so ist es doch erstaunlich, wie eindimensional die beiden Kunstformen miteinander verglichen werden. „Filmreif in Szene gesetzt“ seien so etwa die Spiele von David Cage. Doch warum eigentlich? Was bedeutet das?

In diesem Zusammenhang will ich an einen Artikel erinnern, der im Monat seines Erscheinens recht häufig aufgerufen wurde und eine angeregte Diskussion im Kommentarbereich nach sich zog – danach aber fast vollständig in Vergessenheit geriet und in den letzten beiden Jahren kaum noch rezipiert bzw. aufgerufen wurde. Sehr zu unrecht, wie ich finde.

Der Artikel, den Johannes Alvarez Lopez für die zweite Staffel von GASTSPIELER schrieb, beschäftigt sich mit einem Thema, das bis heute nur wenig Aufmerksamkeit erfährt, obwohl ich gerade hier großes Entwicklungspotential für erzählende Spiele sehe: Die „Regieführung“ in Spielen, wie Johannes seinen Themenkomplex in Anlehnung ans Medium Film nennt, auch wenn ich glaube, dass der Begriff im Bereich digitaler Spiele in dieser Form nicht etabliert ist. Er umfasst Gestaltungsbereiche, die im Film als Unter- oder Hilfsdisziplinen der Regie zum Ausdruck kommen, wie den Schnitt, die Kamera oder das Set-Design. Durchaus möglich, dass „Regieführung“ als Begriff deshalb debattierbar ist. Dass der Artikel eine ganze Reihe von interessanten Denkanstößen bietet, wird dadurch aber nicht geschmälert.

Dass Spiele sich schon seit einer Weile offenbar in den Gedanken verliebt haben, gerade im Medium Film einen Bruder im Geiste gefunden zu haben, scheint bei genauerer Betrachtung kein Wunder zu sein. So eint die beiden Medien beispielsweise der immer weiter voranschreitende technische Fortschritt was ihre Produktionsmittel angeht, sowie ein offenbar wachsendes Verlangen nach hyperrealistischen Darstellungen. Da liegt es nahe, dass nicht nur in Bezug auf äußerliche Erscheinungen, sondern auch in Puncto Erzählformen immer wieder enorme Annäherungen […] an das große, vermeintlich coolere Geschwisterteil vonstattengingen.

Doch natürlich gibt es Unterschiede. Sie werden in Johannes‘ Artikel leicht verständlich, aber auf wissenschaftlicher Grundlage umrissen. Eine Frage etwa, die auch mich seit längerer Zeit umtreibt, ist die, wie Spiele das in Filmen so allgegenwärtige Stilmittel der Schnitte stärker nutzen könnten. Bieten sich auf diese Weise vielleicht Möglichkeiten, Schnellreisen weniger immersionsbrechend zu inszenieren? Und wie schaut es außerhalb von Cutscenes mit Kameraperspektiven und Kameraschwenks aus? Einem Stilmittel, das in Resident Evil zentral war, in Eternal Darkness in Bewegung versetzt und vollendet wurde, im Zeitalter meist frei beweglicher Videospiel-Kameras aber kaum noch eine Rolle spielt. Auch das „environmental storytelling“ in Spielen unterscheidet sich von dem in Filmen und stellt durch die (auch zeitlich) oft freie Begehbarkeit von dreidimensionalen Räumen andere Anforderungen an ihre Gestaltung. Es bieten sich so aber auch ganz neue Möglichkeiten.

Diese und ähnliche Themen werden in Johannes‘ Artikel kaum mehr als angerissen, was den Vorteil hat, dass der Artikel sehr gut für erste Denkanstöße und als Einführung in die Materie taugt. Wer nach dem Lesen Lust auf mehr hat, findet unter dem Haupttext eine Sammlung an Quellen und weiterführenden Links. Die vielen umfangreichen Replies im Kommentarbereich dürfen ruhig auch noch einmal erwähnt werden. [sk]


Logbucheintrag Ende. Ende August melden wir uns wieder – mit neuen Empfehlungen alter Beiträge, neuen Favoriten in Film, Funk und Fernsehen, und neuen Meinungen zu einem neuen Thema des Monats. Und natürlich mit einem neuen Freund (oder einer neuen Freundin) des Hauses. Bis dahin!

Beitragsbild dieser Ausgabe: Screenshot aus Spider-Man (Sony, 2018), nachbearbeitet; offizielles Artwork zu Cyberpunk 2077 (CD Projekt Red, 2020)