Mit einem Fuß aus der Zeit gefallen, den anderen ins Pachinko-Münzfach gerammt, ist »Touhou Luna Nights« der Jackpot am Kaugummiautomaten. Es ist so, wie Menschen in den 1980ern sich ein Spiel aus dem 22. Jahrhundert vorgestellt hätten – die konsequente Fortführung traditioneller Arcade-Ästhetik ins Jahr 210X.
Ein Blick auf die luxuriösen Sprites, die butterweichen Animationen und das überzeichnete HUD genügen; schon fühle ich das schmierige Button Set eines Automaten an meinen Fingern. »Touhou Luna Nights« sieht pompös aus und verbirgt damit seine eigentliche Banalität. Die Existenz dieses Spiels ergibt für mich keinen Sinn. Und doch könnte es befriedigender kaum sein, wie meine Gegner explodieren und tausend bunte Sammelsteinchen mich umschwirren wie ein sturmgewordener Münzregen.
Metroidvanias und Arcade-Automaten sind natürliche Gegenpole. Ausufernde Progression und ein hungriger Münzschlitz vertragen sich einfach nicht. Kein Wunder also, dass wir warten mussten, bis wir eine solche Experience zu Hause erleben können.
Als Metroidvania neigt »Touhou Luna Nights« deutlich zur Vania-Seite. Wenn die Protagonistin einen Haken schlägt, weht ihr Kleid mit derselben Animation im Wind wie Alucards Mantel in »Symphony of the Night«. Doch viel wichtiger: Die Action steht klar im Vordergrund. Die Erkundung ist zweitrangig und gerade so umfangreich, dass sie das Kämpfen und Hüpfen untermalt, ohne sie zu unterbrechen.
Die Arcade-Anleihen bleiben rein ästhetisch, doch macht sie das nicht weniger hypnotisierend. »Touhou Luna Nights« könnte kaum mehr blitzen und blinken – als hätte es noch nicht gemerkt, dass es gar nicht in einem Automaten feststeckt, der neben Dutzenden anderen um unsere Aufmerksamkeit buhlen muss. Doch auch ohne Arcade-Automat erscheinen sämtliche Steuerungsangaben im Interface als Joystick statt als Steuerkreuz. Robotische Sprachsamples gratulieren uns regelmäßig zu nichtigen Erfolgen wie »MAGIC POINTS MAX« – als bräuchte ich noch einen Anheizer, um weiter in dieses Spiel versinken zu wollen.
Was zur Hölle ist eigentlich Touhou?
Wollt ihr meine ehrliche Antwort? Ich habe keine Ahnung. Der Name war mir ein Begriff, aber ich habe »Touhou Luna Nights« nahezu blind gekauft, nachdem ich es im Jahr 2019 in der Gamescom Indie Arena gesehen hatte. Seitdem habe ich herausgefunden: Das Touhou Project ist eine langjährige japanische Spielereihe, die größtenteils aus Bullethell-Shootern besteht. Ohne eindeutigen Rechteinhaber trägt ein Konglomerat verschiedener Studios die Reihe in verschiedenste Richtungen.
Die dadurch entstandene, komplexe Lore um kämpfende Mädchen entzieht sich mir komplett. Obwohl sämtliche Charaktere im Spiel weiblich sind, würde ich »Touhou Luna Nights« niemals als vorbildliche Repräsentation weiblicher Charaktere beschreiben. Zu plump sind dafür die minderjährigen Abziehbilder stereotyper Frauenberufe vom Zimmermädchen bis zur Hexe. Letztlich war mir das (seltene) Gequassel so egal, dass ich sogar die finale Cutscene übersprungen habe. Das ist mir bisher noch nie passiert. Dennoch blieb alles in einem Rahmen, der die Weeb-Schwelle jeder Person, die schon mal einen Anime im O-Ton gesehen hat, nicht übersteigen dürfte. Abseits der Mädchen ist »Touhou Luna Nights« alles, was an japanischen Spielen geil ist und alles, was an japanischen Spielen weird ist. Es ist einfach 1 Vibe. [pg]
Touhou Luna Nights
Vaka Game Magazine, Team Ladybug / Why so Serious?, PLAYISM
PC [26. Februar 2019], Nintendo Switch [TBA]
Quelle Screenshots: Eigene
Quelle GIFs: Publisher