Drei Wochen und eine Coronakrise später melden wir uns zurück mit Ausgabe 132. Und es hat sich einiges angesammelt: Nicht weniger als zehn Artikel möchte ich euch diesmal ans Herz legen. Darüber hinaus hat Pascal vier Videos im Gepäck.

Den Anfang machen drei Interviews mit Menschen aus drei sehr unterschiedlichen Bereichen des Arbeitens und Schreibens mit und über Games: Unsere letzte Gastautorin Jessica Kathmann im Gespräch mit… unserem vorletzten Gastautor Mario Donick auf dessen Blog. VSG-André im Gespräch mit Pia vom Bücherstadt Kurier, sowie GamePro-Chefredakteurin Rae Grimm im Gespräch mit Fred von Games Career.

Für das GAIN-Magazin schrieb ich vor fast zwei Jahren einen der ersten großen deutschsprachigen Artikel über Tencent Games. Noch im letzten November bemerkte ich, dass „deutschsprachige Porträts des Unternehmens, die nicht zugleich zu Dramatisierung und Sensationalisierung neigen“ noch immer selten sind. Umso erfreulicher, dass Achim Fehrenbach ein unaufgeregtes Porträt für IGM verfasst hat und sich dabei auf die Einblicke zweier Experten berufen kann. Für die Zukunft bleibt spannend, welche Attribute dem „Riesen“ wohl noch vorangestellt werden können (schon vergeben sind nun still, geheim, versteckt und unbekannt).

Ein weiterer Artikel stammt von meinem Spielkritik-Kollegen Erik Körner. Während sein erster regulärer Artikel für uns noch (aber dem Vernehmen nach nicht mehr lange) auf sich warten lässt, zeigt er schon einmal sein Können in einem Artikel über u.a. antifeministische Tendenzen im Gaming. Bonuspunkte gibt es dafür, dass er als Beispiele für starke Videospiel-Protagonistinnen der 90er Jahre einmal nicht Tomb Raider, sondern Metroid und Perfect Dark nennt.

Das zweite Lesenswert in Folge stieß ich auf einen Artikel von „Kimimi“, der mich sogar noch mehr begeisterte als der letzte. Am Beispiel des hierzulande nie erschienenen SNES-RPGs Bahamut Lagoon argumentiert der gut geschriebene Beitrag sehr überzeugend, was einen Square-Titel eigentlich zu einem typischen Square-Titel macht.

In weiteren Meldungen: „Seniorgamer“ Harzzach mag Doom, hat aber schnell genug davon. Gaming Alexandria veröffentlicht und kommentiert das nie veröffentlichte N64-Spiel Viewpoint 2064. Jannick Gänger durchsucht nach über einem Monat immer noch die Wimmelbilder, pardon, Anzeigen von Spieletipps nach dem Hinweis Anzeige. Und Miguel Penabella erörtert, wie Need For Speed: Payback weniger an Autos und spannenden Rennen interessiert war, als daran, den im Spiel gezeigten Kampf gegen fiese Casino-Bosse durch die möglichst umfassende Implementierung von Casino-Spielmechaniken ad absurdum zu führen.

Pascal stellt seine Video-Empfehlungen weiter unten vor. Viel Spaß! [sk]


Lesenswert

Nicht nur Eskapismus: Spielen bei Corona. Interview mit Jessica Kathmann
(ueberstrom.net, Mario Donick)

[…] „Beispielsweise kam mal ein junger Mann mit Beziehungsschwierigkeiten zu mir, über die er aber nicht so gerne sprechen wollte. Es wurde allerdings deutlich, dass er seiner Freundin gegenüber sehr überprotektiv handelte. Er spielte gerne The Witcher 3 und berichtete, Ciri sei gestorben, weil er sie „zu viel beschützt“ habe […]. Hier haben wir dann tatsächlich an der Parallele zwischen seinem Verhalten im Spiel und seinem Verhalten seiner Freundin gegenüber gearbeitet, was ihm dabei half, seine grundsätzliche Beziehungsgestaltung langsam zu überdenken.“ […]

10 Fragen an André Eymann (VSG)
(buecherstadtkurier.com, Pia Zarsteck)

[…] „Die Interaktion mit der Community des Blogs ist mir sehr wichtig, denn VSG ist nicht nur eine Veröffentlichungs-, sondern auch eine Interaktionsplattform. Die Kommentare zu den Beiträgen sind selten Einzeiler, sondern vielschichtiges und oft gut ausformuliertes Feedback, das den Text ergänzt und neue Aspekte hinzufügt. So entsteht ein Diskurs rund um die Inhalte. Ich persönlich trete hier als Herausgeber auf und versuche, die Beiträge der AutorInnen bestmöglich zu präsentieren und den Austausch zu fördern. Für einen Dialog eignet sich ein Blog, beziehungsweise die Kommentarkultur auf einem Blog, besser als die sozialen Medien.“ […]

Interview mit Rae Grimm – Head of GamePro.de bei Webedia Deutschland
(blog.games-career.com, Frederic Berg)

[…] „Mittlerweile schreibe ich selbst nur noch relativ selten Artikel. Vor ein paar Jahren war ich allem voran Redakteurin und habe Artikel geschrieben und Spiele getestet. Heute passiert das nur noch in Ausnahmefällen. Meine Aufgaben sind mittlerweile vor allem organisatorischer und strategischer Natur. Das heißt, dass ich vor allem hinter den Kulissen zugange bin und dort überlege, wie wir GamePro.de und ihre Redaktion weiterentwickeln können, wo Chancen und Potenziale sind und natürlich, wo unser Platz in der Gaming-Welt ist. […] Für das Schreiben bleibt da nicht mehr so viel Zeit.“ […]

Der unbekannte Riese: Die Firma Tencent im Porträt
(igmonline.de, Achim Fehrenbach)

[…] Doch wie geht Tencent eigentlich mit den eingekauften Firmen um? Übernimmt es die volle Kontrolle oder hält es sich eher zurück? „Tencent wählt normalerweise einen hands-off approach“, berichtet Daniel Ahmad. „Es lässt die Firmen machen, was sie am besten können. Tencent sucht grundsätzlich nach Investitionen und Akquisitionen, die im Einklang mit den eigenen Werten und Schwerpunkten steht.“ Bei Supercell etwa habe Tencent genau diesen hands-off approach gefahren. „Hands-on wählen sie nur, wenn sie die betreffenden Games nach China bringen oder die Erfahrung der Entwickler nutzen wollen, um eigene Games auf Basis jener IP zu erschaffen“, so Daniel Ahmad. […]

Der seltsame Fall von nicht markierter Werbung bei Spieletipps
(medienbiene.com, Jannick Gänger)

[…] Bei Spieletipps lässt sich rechts oben zwar erahnen, dass da ein Wort mit „a“ beginnt, eventuell „Aldi“ oder „Antiterroreinheit“ oder „Anzeige“, man weiß es aber nicht sicher. Ob es sich um Werbung handelt, lässt sich nicht zweifelsfrei sagen. […]

DOOM Mehternal
(seniorgamer.blog, Harzzach)

[…] Ja, ich denke, genau das ist es! Ich bin nach zwei Stunden satt, rundum zufrieden und brauche nichts mehr. Weder mehr DOOM 2016, noch Eternal. So ganz ohne negative Gedanken, ohne Frustration. Es ist alles in Ordnung, wie es ist, aber es ist auch schnell wieder genug. […]

Das Spiel mit Rechts
(akduell.de, Erik Körner)

[…] Rechtsextremes Gedankengut hat in der Internet- und Gamingkultur nicht nur im Vakuum der Imageboards einen Platz. Seit Jahrzehnten ist der Online-Mehrspielermodus eine feste Komponente vieler Titel. […] Durch diese Online-Komponente kann man ständig auf Leute treffen, die man durch seinen eigenen kulturellen oder gesellschaftlichen Hintergrund wahrscheinlich nicht treffen würde. Als Beispiel nennt Baeck: „Wer auf einem deutschen Server einen Shooter spielt, ist dann beispielsweise nicht mehr in seiner Berlin-Kreuzberg-Blase, wo man multikulturell, links-alternativ geprägt ist, sondern trifft da vielleicht auch auf Nazis.“ […]

The world is Square
(kimimithegameeatingshemonster.wordpress.com, Kimimi)

[…] A quiet confidence underpins the work here, as if this high bar of expertise is nothing more than business as usual for Square even if other developers would be shouting from the rooftops if they had managed to create something this beautiful. […] The story backs up the game, the game backs up the graphics, and the graphics back up the story. You can rearrange that previous sentence any way you choose and it still remains true because everything in Bahamut Lagoon is designed entirely with nothing but Bahamut Lagoon in mind: It’s not got the depth of Tactics Ogre, or the difficulty of Thracia 776, or the dazzling straight-to-the-point punchiness of Shining Force, and that’s because Bahamut Lagoon is Bahamut Lagoon. And Bahamut Lagoon is Square. […]

Opened World: Exploitation by Design
(haywiremag.com, Miguel Penabella)

[…] For a game ostensibly about rebelling against the greed of casino overlords, Payback absolutely fetishizes every aspect of gambling, finding ways to incorporate its oppressive economic logic to gameplay under the guise of challenge and lighthearted fun. […] In what’s probably the most famous racing game franchise of all time, Need for Speed Payback seems totally uninterested in the appeal of cars and the excitement of racing. […]

Viewpoint 2064 (N64, Unreleased)
(gamingalexandria.com, togemet2)

[…] Today we have released Viewpoint 2064, an unreleased Nintendo 64 game which was shown off at Space World, also known as Shoshinkai. Massive thank you to the anonymous user who donated this to us for a release. […] If the few minor issues were fixed and the game was released as is with the same content as this prototype, it’s likely Viewpoint 2064 would have sold poorly as it is very rough in many areas by 1999 standards. Controls are smooth and the game does attempt some 3D viewpoint shifting and environmental hazards, but these are expected basics of the genre which weren’t going to turn the industry’s head by 1999. […]


Sehenswert

Animal Crossing’s fake language is different in Japan, and here’s why
(youtube.com, Polygon, 00:14:21)

Eine unheimlich spannende Untersuchung von (meist älteren) Spielen, die Soundeffekte als Ersatz für tatsächliche Sprachausgabe nutzen. Dreh- und Angelpunkt ist die Fantasiesprache aus Animal Crossing, die tatsächlich aus existierenden Sprachen konstruiert ist. Am Ende erklärt eine Psycholinguistin, wie solche Fantasiesprachen, trotz ihrer abstrakten Natur, auf uns wirken. [pg]

Understanding the Music of Sonic the Hedgehog
(youtube.com, Liam Triforce, 01:40:02)

Großartige Musik ist die vielleicht einzige Konstante aller Sonic-Spiele. In den frühen 90ern waren Sonic-Soundtracks wegweisend in ihrer Verwendung von Sounds aus Pop, Funk und anderen Genres. Vor allem Sonic CD leistete beeindruckende Pionierarbeit für CD-basierte Soundtracks. Die frühen 3D-Spiele adaptierten Rock und Gesang; später ging es dann in orchestrale Gefilde – alles, ohne je die typische Sonic-Identität zu verlieren. [pg]

The Bootleg Pokemon Diamond & Jade – Region Locked Ft. Arin Hanson of Game Grumps
(youtube.com, DidYouKnowGaming?, 00:11:13)

Wer (wie ich) zur Blütezeit von Pokémon Kind war, hatte sicherlich diesen einen Freund, der aus dem Auslandurlaub ein Pokémon-Spiel vom Schwarzmarkt mitbrachte. In diesem Video geht es zum einen darum, dass dieses Fake-Pokémon Diamant eigentlich nur ein existierendes Monster-RPG in anderer Verpackung ist. Zum anderen geht es darum, dass genau dieses Fake-Spiel namens Telefang eigentlich gar nicht so schlecht war. [pg]

Neo Cab ist GENIAL, hier ist wieso – Analyse
(youtube.com, Gescheit Gespielt, 00:40:30)

Neo Cab ist eines der Spiele des Jahres 2019, das ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. In diesem Video erfahrt ihr (in einer bis zum Ende zunehmend spoiler-schwangeren Analyse), was den Erzählstil und die Struktur der Visual Novel im Uber-Taxi so grandios macht. [pg]


Lust auf mehr? Die Games-Lesetipps der Woche gibt es jetzt jeden zweiten Freitag auf SPIELKRITIK.com. Die vergangene Ausgabe von Lesenswert findet ihr HIER.