Liebe Leserinnen, liebe Leser,

herzlich willkommen zum Quest-Log im Februar. Wer in den vergangenen Wochen regelmäßig auf unserer Seite vorbeigeschaut hat, dem wird aufgefallen sein, dass es nach dem vollgepackten Januar in den letzten Wochen doch ziemlich ruhig bei uns war. Doch keine Sorge – der März und vielleicht noch mehr der April werden deutlich lebendiger. Vor allem in Sachen Gastartikel dürft ihr euch auf viele spannende Artikel freuen, von mindestens drei Autoren und Autorinnen, die auf SPIELKRITIK noch gar nicht zu lesen waren.

Doch heute ist zunächst einmal der neue Quest-Log an der Reihe. Die Resonanz auf die letzte Ausgabe war ja ziemlich überwältigend. Kein anderer Quest-Log wurde so oft aufgerufen – und so zahlreich kommentiert! Vielen lieben Dank dafür! Wenn es unter dieser Ausgabe auch nur halb so viele Comments regnet, wäre das schon ein Erfolg.

Natürlich unterstützt uns auch diesmal eine wundervolle Freundin des Haues: Jessica ist Psychologin und wirft auf tiefengaming.blog einen „tiefenpsychologisch-analytischen Blick auf Games“. Regelmäßige Leser unserer Rubrik „Lesenswert“ kennen den einen oder anderen Artikel vielleicht schon. In unserem Kommentarbereich ist Jessica ebenfalls hin und wieder anzutreffen. Heute verrät sie uns ihre aktuellen Favoriten, und natürlich auch ihre Meinung zum Thema des Monats.

Und das lautet: „Explizite Gewaltdarstellungen als Verkaufsargument und im Marketing“. Die Idee zum Thema gaben u.a. der vieldiskutierte Trailer zu The Last of Us II von vor zwei Jahren, der zu Call of Duty: Modern Warfare vom letzten Jahr, oder auch die Präsentationen von Cyberpunk 2077. Wie steht ihr zum Thema? Fallen euch weitere Beispiele ein? Wir freuen uns auf eure Kommentare!

Und natürlich auch auf eure Inventories. Was spielt ihr im Moment, welche Filme, Alben und Bücher haben es euch gerade angetan? [sk]


BACKTRACKING: Der Bestandsartikel des Monats

Empfohlen von Sylvio: Earthbound, Crytek, Fake-Websites: News im Nintendo-Magazin big.N im Oktober 2000

Hinter den Kulissen entsteht gerade unser nächster Slowtalk, und ich darf schon mal verraten, dass ich mit einem geschätzten Gast über ein paar alte Spielemagazine diskutiere… Doch dazu im März dann mehr.

Um ein anderes altes Spiele-Magazin ging es in diesem Artikel: „News, so alt, dass sie schon wieder neu sind!“, versprach ich im Mai 2017.

Ich nahm mir den Newsteil der big.N vom Oktober 2000 vor und sah mir an, was aus dem, was damals berichtet, gemutmaßt und versprochen wurde im Nachhinein geworden ist. „20 Jahre klüger“ sozusagen.

Unter anderem geht es um die Homepage einer Forschungseinrichtung mit Namen JRAMOA, die sich mit „magnetospheric physics and astralplanology“ auseinandersetzt und Paralleluniversen erforscht – und kurioserweise Nintendo of America als primären Geldgeber listet. Wie passt das zusammen?

Es geht außerdem um ein N64-Rundenstrategiespiel mit einer „fast fotorealistischen Grafik“ und einem, auch nach Ansicht der Redakteure, „etwas ungeschickt gewähltem Szenario“. Sowie um die „bislang fast gänzlich unbekannten Crytek Studios“, die sich nach einem Publisher für ihre ersten Projekte umsehen. Und um „Notschlachtungen“ mittelmäßiger N64-Spiele bei Blockbuster Video.

Und dann war da noch Mia Hamm Soccer 64: „Ebenfalls fraglich dürfte sein, ob ein Damenfußballspiel nicht doch eher männliche als weibliche Fans anzieht, aber egal“, urteilten die News-Autoren. Natürlich enthält der Artikel auch Scans des Newsteils, um alles selbst nachzulesen.

Ich hätte große Lust, mir noch einmal so einen Newsteil vorzunehmen, aus einer anderen Ausgabe. Wenn das Interesse an derartigen Retro-Artikeln doch nur eine Spur größer wäre. Die Recherche all der vielen Einzelthemen ist nämlich doch recht aufwendig…


INVENTORY: Die aktuellen Favoriten der Redaktion
foto7_2Sylvio @mussakku_laden

Spielt: BioShock, Donkey Kong Country Returns, BioShock 2
Liest: Eileen Chang: Das Reispflanzerlied, Oliver Steffen: Level Up Religion: Einführung in die religionswissenschaftliche Digitalspielforschung
Schaut: Tokyo Girl, The Report, Parasite
Hört: Fugees: The Score
Und sonst? Lebt von Deadline zu Deadline.

ybhkbibl_400x400Iris @HiVidGa

Spielt: Mass Effect 2 (mit ALOT), Neverwinter Nights 2, Shadow Warrior 2
Liest: Sascha Lobo: Realitätsschock: Zehn Lehren aus der Gegenwart
Schaut: Komplizen des Bösen, Star Trek: Picard, Star Trek: Enterprise
Hört: MAMA: White Water, alte Game-Soundtracks
Und sonst? Fürchtet sich nicht vor dem Coronavirus, aber vor der Zukunft der Menschheit im Allgemeinen (sieht zu viele Sci-Fi-Serien in letzter Zeit).

OKhjZsqh_400x400Pascal @PascalGrasshoff

Spielt: Dreams, Ever Oasis, Bug Fables
Liest: Min Jin Lee: Pachinko
Schaut: Die große Vietnamkriegs-Doku auf Netflix weiter.
Hört: Allie X, Oh Wonder, Macross 82-99
Und sonst? Genießt den ruhigen Jahresbeginn – eigentlich ganz schön ohne ständige Spiele-Releases.

Erik @snoopykoira

Spielt: Tokyo Mirage Session #FE Encore
Liest: Broschüren zu Rechtsextremismus im Gaming
Schaut: Dank Netflix Ghibli-Filme im Marathon.
Hört: Love Live OST auf Spotify
Und sonst? Denkt darüber nach, nach Tokyo Mirage Sessions eine Pause von RPGs einzulegen und Bayonetta sowie Devil May Cry 3 endlich nachzuholen.

Freundin des Hauses: Jessica

Spielt: Flower, Last Day of June, The Talos Principle: Road to Gehenna, Assassin’s Creed: Odyssey
Liest: Ingrid Riedel: Die vier Elemente im Traum, Aufsätze aus C.G. Jung: Gesammelte Werke
Schaut: The Blacklist, Blindspot
Hört: Matthijn Buwalda: Rechtop Mens
Und sonst? Arbeitet an Artikeln zu Ori and the Blind Forest und zu Eliza. Freut sich auf Ori and the Will of the Wisps.


SIDE QUEST: Explizite Gewaltdarstellungen als Verkaufsargument und im Marketing

Sylvio meint:

Halböffentliche Präsentation von Cyberpunk 2077 am 05. Oktober 2019 in Erfurt; Kinosaal, um die 400 Leute. Die Gewaltdarstellungen im Spiel selbst empfinde ich nicht als Problem; wie im Rahmen der Präsentation damit umgegangen wurde schon. Nach einem Bossfight zum Beispiel: Die Widersacherin kauert am Boden, der Spieler darf entscheiden, ob er sie mit dem Leben davonkommen lässt oder quasi hinrichtet. Zunächst gibt der Vorspielende die Entscheidung ans Publikum weiter, doch war die Frage offenbar rhetorischer Natur. Noch bevor ein Konsens gen Bühne schallt, drückt er auch schon ab. Nun würde ich keinem einzelnen Spieler vorwerfen, so zu entscheiden. Aber muss man eine solche „Hinrichtung“ kontextlos vor 400 Leuten zelebrieren, als die „coolere“ der beiden Varianten, was von Teilen des Publikums auch noch bejubelt wird?

PS: Dass die Präsentation in Erfurt kein Einzelfall war, zeigt dieser Artikel, dessen Autor der Präsentation in Berlin beiwohnte. Der lesenswerte Part beginnt ab der Zwischenüberschrift „Zwischen Kunst und Kind“.

Jessica meint:

Aus dem Informationsgedanken heraus möchte ich, wenn es Gewaltdarstellungen in einem Spiel gibt, diese auch beispielsweise in einem Trailer sehen, um mich entscheiden zu können, ob das Spiel was für mich ist. Andererseits ist bei Trailern die Gefahr noch größer, dass ungeeignetes Publikum (z.B. Kinder) sie zu sehen bekommt; außerdem befeuern sie die Killerspieldebatte natürlich noch stärker. Der Anteil an Gewaltdarstellungen im Marketing sollte m.E. in etwa dem im Spiel entsprechen. Ein Ego-Shooter-Trailer ohne explizite Gewaltszenen scheint mir wenig sinnvoll; umgekehrt möchte ich bei einem emotional bewegenden bzw. storylastigen Spiel Entsprechendes im Trailer sehen. Grundsätzlich scheinen Gewaltdarstellungen häufig mit „Action“ gleichgesetzt zu werden – und Action ist im manchmal eintönigen Lebensalltag einfach verlockend und zieht daher durchaus als Verkaufsargument.

Erik meint:

Gewalt im Marketing ist für mich dann in Ordnung, wenn sie das Kernelement des Spiels darstellt; siehe Doom Eternal. Doom ist stumpfer, “harmloser” Spaß, der ausschließlich darauf basiert, Monster in ihre Einzelteile zu sprengen. Ähnliches gilt für Titel wie Mortal Kombat. Bei Spielen, deren Gewaltdarstellung offensichtlich als Mittel zum Zweck funktioniert, sieht es anders aus. In narrativ-fokussierten Spielen ist die Gewalt oft an Fragen der Moralität oder Humanität gebunden. Wenn SpielerInnen vor die Wahl gestellt werden, einen hilflosen NPC zu verschonen oder hinzurichten, ist das nicht dieselbe Entscheidung wie einen beliebigen Charakter auf der Straße abzuknallen. Solche Szenen müssen stets in ihrem Kontext gelesen werden. Sie dann aus diesem Kontext zu reißen, ist inakzeptabel – vor allem, wenn es ums Marketing geht.

Iris meint:

Zuallererst habe ich grundsätzlich nichts gegen Gewaltdarstellungen als Verkaufsargument. Denn natürlich kommt es hier auch auf das Genre des Spiels an. Bei Horrorspielen ist die Devise meist: je verstörender, desto besser. In solchen Fällen denke ich an The Suffering, Condemned oder Dead Space. Ein Ego-Shooter, dessen „Waffengewalt“ und die „coole“ Darstellung dieser sind ein anderes Thema. Saints Row lebt zuweilen von seiner humoristischen Gewaltdarstellung und macht dies auch in seinem Marketing deutlich, denn Gewalt soll „Spaß machen“. Dies kann man verurteilen oder nicht, doch manche Spielegenres leben gerade davon und setzen im Marketing auf den Reiz des Verbotenen und die Neugier, nicht-alltägliche Gewalt ohne Konsequenzen zu erleben.


Logbucheintrag Ende. Ende März melden wir uns wieder – mit neuen Empfehlungen alter Beiträge, neuen Favoriten in Film, Funk und Fernsehen, und neuen Meinungen zu einem neuen Thema des Monats. Und natürlich mit einem neuen Freund (oder einer neuen Freundin) des Hauses. Bis dahin!