Liebe Leserinnen und Leser,

schon im Dezember waren wir spät dran, im Januar ist es nun aber volle Absicht: Der Spielkritik-Quest-Log erscheint von dieser Ausgabe an stets am Monatsende. Schließlich ist es doch logischer, dass ein Quest-Log im Januar auch auf den Januar zurückblickt, und nicht auf den Dezember, oder!?

Und noch ein paar Änderungen gibt es: Zum einen ist Johannes zum letzten Mal mit dabei. Warum erklärt er unten, in seinem Inventory. Ich sage an dieser Stelle noch einmal DANKE!! – und verweise auf die 14 wunderbare Artikel, die er im Verlauf der letzten 2 Jahre für SPIELKRITIK geschrieben hat!

Darüber hinaus gibt es ab sofort nur noch eine Bestandsartikel-Empfehlung pro Monat, die im Gegenzug aber auch etwas ausführlicher begründet bzw. kommentiert sein darf. Hinter den Kulissen haben wir außerdem ein effizienteres System entwickelt, das uns helfen soll, uns für ein Thema des Monats zu entscheiden. Ja, das war tatsächlich oft nicht einfach, und eine zu späte Entscheidungsfindung war nicht zuletzt für unsere Gäste eher suboptimal. In Zukunft sollte das besser klappen.

Das Ergebnis unserer Entscheidungsfindung im Januar: Sind (aktuelle) Spiele zu lang? Diese Frage kommentieren wir und unser Gast in gewohnt knackigen 120 Wörtern.

Und dieser Gast, unser erster Freund des Hauses in diesem Jahr, das ist Christopher. Ihr findet Christopher bei Twitter, YouTube und auf Gamecontrast.de. Auf der Leipziger DreamHack durfte ich auch in diesem Jahr mit ihm fachsimpeln, dass wir zwar von Esport keine Ahnung haben, das Ganze aber trotzdem richtig spannend finden.

Ich hoffe, auch ihr findet die eine oder oder Inspiration in unseren Inventories. Und natürlich freue ich mich auf eure Kommentare! [sk]


BACKTRACKING: Der Bestandsartikel des Monats

Empfohlen von Sylvio: Nachgeforscht: Die Umbrella-Niederlassung von nebenan

Diesen Artikel empfehle ich, weil ich die Geschichte seiner Rezeption so kurios finde. Anfangs interessierte sich fast niemand für meinen (sicherlich nicht herausragenden) Beitrag über ein Meme und seine Geschichte. Nach einem ohnehin enttäuschenden Start sanken die monatlichen Seitenaufrufe schnell in den einstelligen Bereich, wo der Artikel ein Jahr lang herumdümpelte. Bis er dann offenkundig von Google entdeckt oder immer mehr Leute von einem Gedanken umgetrieben wurden: „Existiert die aus Resident Evil bekannte Umbrella Corporation vielleicht auch in der Realität!?“ Und so findet, wer beispielsweise „Umbrella Realität“ googelt – und das sind augenscheinlich gar nicht wenige – unseren Artikel auf Seite 1 der Ergebnisliste.

Noch kurioser ist allerdings der nochmalige Schub, den der Artikel seit Januar erfährt: Ich kann nur vermuten, bin mir da aber ziemlich sicher, dass es das Coronavirus sein muss, das die Leute – sei es aus harmlosem Jux oder in als Folge abstruser Aluhut-Vorstellungen – in Erwägung ziehen lässt, dass eine sinistre Biotech-Corporation hinter all dem stecke. Wasser auf die Mühlen ist außerdem ein neueres Foto, das bei Reddit und Co. die Runde macht und eine grüne Variante des Umbrella-Logos an einem chinesischen Labor zeigen soll. Einer, der dem Ganzen im letzten Jahr auf den Grund gegangen ist, kommt zu einem frappierend ähnlichen Fazit, wie ich damals.

Und ist das nicht eine höchst interessant Entwicklung in Hinblick auf Medien und ihre Wirkung? Erst springt das Logo einer fiktiven Firma von der virtuellen Welt in die reale über, und dann ist es die Vorstellung böswilliger Biotech-Labore selbst, die sich „wie ein Virus“ in den Gedanken der Leute festsetzt und ein Stück weit unsere Wahrnehmung einer realen Pandemie prägt. Dass einige Leute Plague Inc. nutzten, um die Verbreitung des Coronavirus zu simulieren, zeigt ebenfalls, wie unsere Wahrnehmung der Welt inzwischen von Games und ihren Tropes geprägt ist. Eine spannende Case Study für Medienwissenschaftler?

Oder für Verschwörungstheoretiker: Erwähnte ich schon, dass „Corona“ zu allem Überfluss auch noch ein Anagramm von „Racoon“ ist, wie in „Racoon City“, dem fiktiven Schauplatz der frühen Resident Evil-Spiele???


INVENTORY: Die aktuellen Favoriten der Redaktion
foto7_2Sylvio @mussakku_laden

Spielt: Resident Evil: Revelations, Donkey Kong Country: Tropical Freeze, Firewatch
Liest: Gregory Grieve & Heidi Campbell: Playing with Religion in Digital Games, Eileen Chang: Das Reispflanzerlied
Schaut: Star Wars: The Last Jedi, Bad Grandpa, Three Billboards Outside Ebbing Missouri
Hört: David Bowie: Reality, Alice Cooper: Paranormal
Und sonst? Erkundet die Tiefen der religionswissenschaftlichen Digitalspielforschung.

ybhkbibl_400x400Iris @HiVidGa

Spielt: Neverwinter Nights 2, Star Wars Jedi: The Fallen Order, My Brother Rabbit
Liest: Theodor Storm: Der Schimmelreiter
Schaut: The Expanse, Star Trek: Picard, Halloween
Hört: Northern Lite: Evolution, Vulta: Sigils
Und sonst? Nimmt sich wieder mehr Zeit für Spielkritik und versucht, die nächsten Monate ihr IHK-Zertifikat zu absolvieren, damit sie sich der Geschichtsschreibung nebenberuflich widmen kann.

FQfN8Yx7_400x400Johannes @Jominathor

Spielt: Starcraft 2, Death Stranding
Liest: The Promised Neverland Band 10
Schaut: Haikyu!!, Sex Education
Hört: Soziopod: Der vernünftige Jahresrückblick 2019
Und sonst? Ist dankbar für die Zeit, die er in den letzten zwei Jahren als Teil der Spielkritik-Redaktion verbringen durfte, braucht nun allerdings erstmal ein wenig Pause vom klassischen Bloggen über Spiele. Vielen Dank für alles, sowohl ans Team als auch an Euch Leser! Man sieht/liest sich sicher eines Tages beim ein oder anderen Gastartikel wieder!

OKhjZsqh_400x400Pascal @PascalGrasshoff

Spielt: Mass Effect: Andromeda, Radiant Historia, Super Crush KO
Liest: N. K. Jemisin: The Fifth Season, die neue WASD
Schaut: The Good Place
Hört: Otoboke Beaver für mehr Energie in meinem Leben.
Und sonst? Hat diesen Monat binnen vier Tagen den kompletten Haupttext seiner Bachelorarbeit rausgeprügelt und genießt seitdem schamlos seine Freizeit.

Erik @snoopykoira

Spielt: Tokyo Mirage Session #FE: Encore
Liest: Nichts.
Schaut: Zahllose Videos, wie man Neo Soul und Math Rock auf Gitarre spielt.
Hört: Polyphia, Kazuki Isogai, tricot
Und sonst? Hat gemerkt, dass, wenn es mit dem Spielejournalismus nichts werden sollte, auch der Musikjournalismus eine attraktive Alternative wäre.

Freund des Hauses: Christopher @Chrangus

Spielt: Destiny 2, The Witcher 3, Dragon Ball Z: Kakarot
Liest: Stephen King: Das Institut
Schaut: Chilling Adventures of Sabrina, One Piece
Hört: Seit zwei Wochen wieder sehr viel Queen.
Und sonst? Arbeitet gerade drei Video-Ideen aus, von denen mindestens zwei wieder verworfen werden.


SIDE QUEST: Sind (aktuelle) Spiele zu lang?

Christopher meint:

Ich glaube nicht, dass aktuelle Spiele zu lang sind. Es kommt immer darauf an was man daraus macht. Sicherlich wirken gerade AAA-Blockbuster mit ihren offenen Welten heutzutage fast schon unschaffbar. Allerdings zwingt mich niemand, die etlichen Nebenaufgaben zu erfüllen und die Welten bis auf den letzten Grashalm zu durchforsten. Viele aktuelle Spiele lassen einem mittlerweile die Wahl, ob man mehrere Hundert Stunden investieren möchte, oder nur der Hauptgeschichte folgen will und dafür schon nach 20 Stunden durch ist. Die Spieldauer ist aufgrund der technischen Möglichkeiten sicherlich mittlerweile höher als noch vor zehn Jahren, jedoch gibt es durch den großen Spielemarkt aktuell auch gute Alternativen und genügend Abwechslung für den kleinen Appetit.

Pascal meint:

Je mehr großartige kurze Spiele ich spiele, desto unerträglicher wird für mich alles jenseits der zwanzig Stunden. Gerade Abo-Services wie Xbox Game Pass oder Apple Arcade sind ein Füllhorn toller kleiner Indie-Perlen, die ich ohne finanzielles Risiko ausprobieren kann. Einige meiner absoluten Top-Spiele 2019 waren kaum zwei Stunden lang, vermittelten in dieser Zeit aber mehr Spaß und Emotionen als viele Spiele, an denen ich mehrere Wochen sitze. Ich habe nichts gegen lange Spiele, aber mein Anspruch an durchweg wertvolle Inhalte ohne Streckung wird immer höher. Ich denke, kompakte Spielerfahrungen werden langfristig die Zukunft des Mediums darstellen… mit einer Gegenströmung für endlos lange Service-Games.

Erik meint:

Ich bin ja ungern das von Semantik besessene Hinterteil, das die Spielregeln hinterfragt, aber: Was ist eigentlich zu lang? War ein Persona 5 – mit seinen über 100 Stunden – zu lang? Definitiv. Das lag allerdings weniger an der reinen Zahl der Stunden, sondern ihrer mangelhaften Gestaltung. Ich habe nichts gegen Spiele, deren Dauer dem dreistelligen Bereich winkt – gerade als armer Student. Lange Titel verschaffen mir genug Zeit, in sie einzutauchen, mich zu Hause zu fühlen und eine emotionale Verbindung mit ihnen aufzubauen. Solange diese Stunden ansprechend gefüllt sind, könnte mir die Länge nicht egaler sein. Kurze Spiele sind für mich oft nur Gaumenreiniger. Nicht, dass ich sie nicht für ebenbürtig halte. Allerdings eignen sie sich hervorragend dafür, zwischen größere Werke gestopft zu werden.

Sylvio meint:

Natürlich gibt es nicht die fixe Zahl von Stunden, ab der ein Spiel zu lang ist. Allerdings merke ich doch immer wieder, dass Spiele im Schnitt deutlich länger sind als früher. Spätestens auf der PS4 kenne ich kaum noch einen Titel, von dem ich finde, dass er nicht zumindest etwas zu lang war. Und so ist der zu erwartende Spielumfang längst zum Hauptargument geworden, das mich von möglichen Spielekäufen abhält. Wenn nun also “Umfang” nicht länger für, sondern gegen ein Spiel spricht, verbaut die Branche sich damit nicht selbst den Markt? Für Entwickler ist es ein Teufelskreis, den ein Einzelner kaum durchbrechen kann. Ich für meinen Teil würde allerdings mehr bzw. häufiger Geld ausgeben, wenn die Spiele, die ich dafür kriege, kompakter wären.


Logbucheintrag Ende. Ende Februar melden wir uns wieder – mit neuen Empfehlungen alter Beiträge, neuen Favoriten in Film, Funk und Fernsehen, und neuen Meinungen zu einem neuen Thema des Monats. Und natürlich mit einem neuen Freund (oder einer neuen Freundin) des Hauses. Bis dahin!