Die handverlesenen Games-Lesetipps der Woche – Ausgabe 128.
Der Artikel der Woche stellt euch ein Videospiel-Magazin der 1990er vor, das dem Klischee japanischer Verrücktheit mehr als gerecht wird: Wer nach dem Lesen des kurzweiligen und gut geschriebenen Beitrags den Mut hat, tiefer in dasselbe einzutauchen, darf sämtliche fünf Ausgaben von Game Urara außerdem online einsehen.
Für diese Ausgabe war ich wieder etwas intensiver bei WordPress unterwegs und stieß auf Artikel von alten Bekannten: „Seniorgamer“ Harzzach über misslungene Speichersystem in (vor allem, aber nicht nur) Walking Simulatoren. Sowie „Archaeogamer“ Dom Schott im Gespräch mit einem Modder, der dafür sorgt, dass die Schlachten in Ages of Empires II weniger blutleer daherkommen.
In weiteren Meldungen: Gedanken zur „Digitalisierung“ der Spielkultur. Einblicke in die Antragstellung für die deutsche Games-Förderung. Sowie ein regelrechter Hexenhammer von einem Artikel: Andreas Inderwildi über die historisch-dämonologischen Ursprünge der Demon-Lore in Games.
Einige Jahre älter ist ein kurzer, aber umso prägnanterer und deshalb vor allem „Einsteigern“ in die Thematik empfohlener Artikel über Imperialismus und Religion in der Civilization-Reihe.
Pascal war wie üblich an der Videofront unterwegs und bringt von dort einen kommentierten Walkthrough durch Viewtiful Joe mit, sowie einen Speedrun durch Blazing Chrome. Johannes fand Podcasts über schlimme Taten in Spielen, über die Faszination von Roguelikes und Roguelites, sowie über Games als potentielle Propaganda-Maschinen. Viel Spaß! [sk]
Lesenswert
Game Urara – Japan’s Filthiest Underground Gaming Magazine [NSFW]
(gamingalexandria.com, Senn)
[…] Game Urara was not like other gaming magazines at the time. The content could be described in one word: Madness. […] The magazine quickly transitions from casual discussions of video games and guides, to borderline illegal practices of suspicious “drug” dealings, piracy, hacking, and whatever of illegal interest found in the communities back then. […] This magazine did not attempt to sugar-coat gore, scat, and other bizarre paraphilia, and neither did it try to filter its advertisements. […]
Darf kreative Freiheit alles?
(seniorgamer.blog, Harzzach)
[…] Der Entwickler hat wirre Ideen im Kopf, die ihm zwar dabei helfen ein faszinierendes Spiel zu entwerfen, die aber an der falschen Stelle vielerorts für ruinierte Gebiße, zerstörte Tischkanten und Blutflecken auf dem Türrahmen sorgen. Aus seiner Sicht ist das natürlich eine rein künstlerische Entscheidung. Die man so akzeptieren kann. Die man aber auch kritisieren kann. Denn so wie der Entwickler die kreative Freiheit hat sein Spiel zu verunstalten, wie er das möchte, so hat der Spieler die Freiheit solche Furzideen mit einem entnervten Augenrollen zu kommentieren. […]
Deutsche Games-Förderung: “Für uns ist das eine echte Katastrophe“
(gamestar.de, Petra Fröhlich)
[…] Games-Entwickler: […] Hinzu kommt, dass bei den Sachbearbeitern des DLR nur wenig Branchenwissen vorhanden ist. Dinge, die in der Branche eigentlich selbstverständlich sind, muss man aufwändig erklären und begründen. Das nimmt dann teilweise bizarre Formen an. Zum Beispiel: Warum ist eine Unity-Lizenz für die Entwicklung eures Spiels notwendig? Könnt ihr nicht statt Unity nicht eine andere, kostengünstigere Software verwenden? Was ist ein Switch-Entwicklerkit? Was genau macht eigentlich ein Level-Designer? […]
Über den Wandel der Spielkultur
(videospielgeschichten.de, André Eymann)
[…] Tatsächlich gab es den Laden mit dem passenden Namen „Funtasia“ noch, aber schon vor dem Eintreten musste ich mit Bedauern die „Alles muss raus!!!“-Aufkleber an den Fensterscheiben zur Kenntnis nehmen. […] Nachdenklich verließ ich das Geschäft und erinnerte mich an so manchen Spieleladen-Besuch der Vergangenheit, bei dem ich neue Spiele kennenlernte und sogar manchen Freund fand. Schließlich kaufte man damals nicht nur ein Spiel und ging dann wieder. […] Spieleläden waren eine soziale Begegnungsstätte, die oft genug auch Anlaufpunkt und Rückzugsort für die gemeinsame Spiel- und Jugendkultur waren. […]
Digital Demonology: The Historical Origins of Gaming’s Infernal Obsession
(egmnow.com, Andreas Inderwildi)
[…] Much of Christian demon lore has its roots in Jewish and Middle Eastern myth and folklore, and thus reaches back many hundreds if not thousands of years. While demons or demon-like entities play a major part in the myths of cultures all over the world, no other demonic tradition has managed to entrench itself as firmly in pop culture as that of the Judeo-Christian variety. Video games, too, have relied on this demon lore to imbue the darker aspects of their worlds with a sense of authenticity and a distant, archaic past. […]
Imperialism and Religion in the Civilization series
(religionpoliticsgames.wordpress.com, Kathrin Trattner)
[…] As one can see, this principle of strictly linear development also applies to religion. Before being able to found a religion, one needs to discover certain cultural techniques and develop them further, meaning one needs to go through “primordial” forms such as polytheism first before being able to comprehend concepts such as monotheism. In Civilization IV, the player can choose from seven religions: Buddhism, Christianity, Confucianism, Hinduism, Islam, Judaism, and Taoism. To give an example: Before being able to found Islam, the player needs to comprehend the technique of “Divine Right”. This is particularly interesting, as it implies that the cultural and intellectual precondition for Islam is a political one. […]
„Menschen suchen das Hässliche“: Der Österreicher, der die erfolgreichste Mod für Age of Empires 2 entwickelt hat
(archaeogames.net, Dom Schott)
[…] Die Änderungen, die „Enhanced Blood“ am Spielerlebnis vornimmt, sind im Vergleich zu vielen anderen Mods minimal und rein kosmetisch: Blutspritzer und offene Wunden erscheinen kontrastreicher und farbintensiver, was den sonst etwas sterilen Schlachtfeldern von Age of Empires 2 mehr Dramaturgie, Immersion, sogar einen gewissen Realismus verleiht — das zumindest sagt der Österreicher Elias, der mit ArchaeoGames über seine Arbeit als Modder gesprochen hat. […]
Sehenswert
Viewtiful Joe Commentary
(youtube.com, Matthewmatosis, 03:03:18)
Matthewmatosis spielt einen kompletten Run Viewtiful Joe und spricht dabei äußerst detailliert über jegliche Nuancen des Spiels. Mit drei Stunden ein gehöriges Zeitinvestment, aber es lohnt sich nicht nur für Viewtiful Joe-Fans. [pg]
Blazing Chrome by ThePoloKing in 26:19 – AGDQ2020
(youtube.com, Games Done Quick, 00:34:32)
Dieses Video ist stellvertretend für alle Aufzeichnungen des jüngsten Games Done Quick-Events. Wer, wie ich, weder Zeit noch Muße hat, das Event live zu verfolgen, kann alle Speedruns wie gewohnt auf dem Youtube-Kanal von Games Done Quick nachholen. Wie immer ist viel Sehenswertes dabei! [pg]
Hörenswert
Runde 248: Andre & Dom: Schwerverbrecher
(Gamespodcast; 05.01.2020; 02:06:26)
Wenn ihr Videospiele spielt, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass ihr virtuellen Dreck am Stecken habt. Basierend auf dieser Erkenntnis sprechen Dom und André über ihre schlimmsten Spielesünden, sowohl offline als auch online. Dabei gehen die beiden auf die intrinsischen Beweggründe für unmoralisches Handeln in Spielen ein und besprechen auch, wie gut oder schlecht SpieleentwicklerInnen Formen des Böseseins in ihr Gamedesign einbauen. [ja]
FGG-004: Rogues und Roguelites
(Feine Games-Gesellschaft; 17.12.2019; 01:05:34)
Rogueslikes und Rogueslites zählen – vor allem im Indie-Bereich – zu den beliebtesten Genres der letzten Jahre. Caro und Paul haben das Phänomen genauer unter die Lupe genommen und diskutieren darüber, inwiefern Ausprägungen von Roqueslikes und –lites mit unterschiedlichen Spielgefühlen und Anreizen korrelieren. [ja]
Von Regeln, Ideologien und Spielmechaniken – Games als Propaganda-Maschinen?
(Deutschlandfunk; 03.01.2020; 00:07:11)
Welche politische und ideologische Macht lässt sich durch Spielmechaniken zum Ausdruck bringen? Und inwiefern birgt der Prozess der Verinnerlichung von Spielmechaniken seitens SpielerInnen Gefahren für die Verbreitung von propagandistischem Gedankengut? Eine spannende Folge der insgesamt sehr hörenswerten Reihe „Games und Politik“ von Deutschlandfunk Corso. [ja]
Lust auf mehr? Die Games-Lesetipps der Woche gibt es jetzt jeden zweiten Freitag auf SPIELKRITIK.com. Die vergangene Ausgabe von Lesenswert findet ihr HIER.