Die besten Metroidvanias wollen nicht erkundet werden; die besten Metroidvanias WILL man erkunden. So auch »Outbuddies« vom deutschen Solo-Entwickler Julian Laufer.

»Outbuddies« präsentiert uns eine atmosphärische Tiefseewelt, so dicht wie das Meer selbst. Bahlam – eine versunkene Stadt der alten Götter und alleiniger Schauplatz des Spiels – ist unbarmherzig. Die Höhlen und Tunnel der Stadt sind den Spielenden gegenüber gleichgültig und passen sich nicht an. Trotz aller Einsamkeit wirkt Bahlam gleichzeitig lebendig. Einzig Monster besiedeln das Gros der Tiefsee, die unser neugieriger (und langweilig-generischer) Protagonist nach seinem Schiffbruch erkundet.

»Outbuddies« vollzieht die große Kunst, aus kruder Pixelart Immersion zu schaffen. Die Welt ist zweidimensional, doch fühlte ich mich stets wie mittendrin. Was auf den ersten Blick aussieht wie Metroid, ergibt im Mix mit Einflüssen von Jules Vernes und H.P. Lovecraft ein originelles und spannendes Setting.

Zu Beginn von »Outbuddies« wirkt die noch verdeckte Karte im Start-Menü beinahe bedrohlich. „DAS soll ich alles erkunden!?“ Ja, »Outbuddies« ist groß – aber nicht so groß, wie es auf den ersten Blick scheint. Nicht jeder der tausend Quader auf der Karte steht für einen einzelnen Raum. »Outbuddies« trifft eine Balance aus kleinen Räumen, engen Tunneln und riesigen Gewölben, die jeden Bildschirmwechsel spannend macht. Eine dynamisch zoomende Kamera sorgt in jedem Raum für angemessene Übersicht oder Beklemmung. Kein Spiel seit dem ersten »Metroid« inszenierte klaustrophobische vertikale Schächte so stilvoll.

Galvanizer wall run

Der eigentliche Erkundungsfortschritt funktioniert über weite Teile von »Outbuddies« sehr organisch. Selten brauchte ich allzu lange, um mein nächstes Ziel zu finden. Neu erlangte Items verlangen ein wenig Geschick, um einige der Hürden zu bewältigen. Mein persönlicher Weg durch »Outbuddies« beinhaltete Pfade, deren Überwinden sich wie Sequence Breaking anfühlte. Solch möglicherweise unintendiertes Voranschreiten ist also durchaus möglich; wenn auch (sicherlich) nicht nötig. In meinem Fall überwand ich einen großen Abgrund, indem ich den Charakter mittels Rückstoß seiner Waffe in der Luft ein Quäntchen weiter nach rechts bugsierte. Eine Extraportion Kreativität und Fingerfertigkeit werden oft belohnt.


Metroidvania oder Präzisionsplatformer?

Die Erkundung selbst ist »Outbuddies‘« Hauptwährung für Spielspaß. Andere extrinsische Belohnungen sind rar. Jeder zweite Geheimgang birgt wuselige Einheimische der Tiefseewelt, die befreit werden möchten; doch bieten diese Kreaturen keinen unmittelbaren Mehrwert. Sammelbare Gegenstände wie die obligatorischen Raketencontainer haben zwar ihren Nutzen, doch ist dieser nie so spürbar wie in Metroid.

Grund für diese relative Irrelevanz der eigenen Charakterprogression ist »Outbuddies‘« strenges Lebenssystem. Bereits eine Hand voll Treffer kosten unserem Charakter das Leben. Die begrenzte Lebensenergie können wir im Spielverlauf nicht erweitern. Ein Gegner, der uns zu Beginn des Spiels mit fünf Schüssen besiegt, besiegt uns also auch nach zehn Stunden noch mit fünf Schüssen. Im Ausgleich dazu fungiert jeder Eingang in einen neuen Raum als Checkpoint.

Durch dieses strenge System bleiben jede Hüpfpassage und jeder einzelne Kampf unfassbar intensiv. Ein gleichgültiges Einstecken von Treffern wie Samus mit zwölf Energietanks verkraftet der Protagonist in »Outbuddies« nicht. Ein zweischneidiges Schwert: Individuelle Räume können durch nahe Checkpoints und ein zuverlässiges Kontingent an Lebensenergie äußerst herausfordernd und präzise gestaltet werden. Andererseits wirkt das ständige Sterben in jedem fünften Raum – oder gar fünfmal in einem Raum – deplatziert in einem solch atmosphärischen Spiel wie »Outbuddies«. Im späteren Spielverlauf wird jeder Raum zur Todesfalle. Lava und Säure, die bei geringstem Kontakt töten, säumen jeden Boden. An diesen Stellen fühlt »Outbuddies« sich beinahe an wie »Celeste« – ohne an dessen makellose Mechaniken heranzureichen.

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Insgesamt verteilt »Outbuddies« seine Fülle buntester Gadgets und Fähigkeiten geschickt auf die begrenzten Knöpfe des Controllers. In hitzigen Momenten jedoch funktioniert die Steuerung zu unzuverlässig. Die Art und Weise, auf die Aktionen ineinanderfließen, ist nicht immer intuitiv. Ein Beispiel: Vorwärtsspurts aus dem Stand gehen in »Outbuddies« immer per Rolle vorwärts vonstatten. Wieso bedeutet ein Vorwärtsspurt aus dem (Quasi-)Morph Ball dann, dass ich mich zum Ende der Rolle automatisch entrolle? In den etlichen Situationen, in denen der Lavaschutzschild des Morph Balls das einzige ist, das mich vorm sicheren Tod bewahrt, ist eine solche Fehleingabe mit ungewolltem Entrollen verheerend. Auch der Umstand, dass Sprünge per Salto meinen aufgeladenen Schuss unterbrechen – normale Sprünge aber nicht – macht Kämpfe komplizierter, als sie sein müssten.

Dabei sind viele der Bosskämpfe ohnehin unangenehme Schwierigkeitsspitzen, die ich persönlich gerne vermieden hätte. Vereinzelte Begegnungen sind gut oder zumindest sehr kreativ gestaltet. Viele Bosse sind jedoch ein Kuddelmuddel verschiedenster Projektile und bildschirmfüllender Angriffe – bis zu dem Punkt, an dem Hilfestellungen für empfohlene Strategien nachträglich ins Spiel gepatcht wurden. Wirklich schlecht ist dennoch keiner der Bosse. Mit ein wenig Geduld sind sie alle zu bewältigen. Nur bietet »Outbuddies« keinerlei signifikante Upgrades, die unseren Charakter im Kampf widerstandsfähiger machen. Dabei ist das Vereinfachen des Spiels durch optionale Upgrades ein Hauptmerkmal gängiger Metroidvanias und der Grund, weshalb Bosse in »Super Metroid« so schwierig sein durften.


Exploration der Extraklasse

Im Austausch gegen knifflige Stellen begeistert »Outbuddies« mit Ideen, die das Erkunden umso positiver hervorheben. Die kleine Drohne, die den Protagonisten durchs gesamte Spiel begleitet, dürfen wir per rechtem Stick frei durch jegliche Räume steuern. Nach oben, nach unten, durch Wände – die Drohne und ihre Scan-Funktion entdecken jedes Geheimnis. Auch ermöglicht die Drohne, jeden Raum im Vorfeld zu erkunden und Wege oder besonders spannende Stellen auszuloten. Vertikale Schächte voller Säure, Lava oder Stacheln erfordern gar, vor dem Sprung ins Ungewisse die Drohne über den unteren Bildschirmrand zu schicken.

Vorsichtige und systematische Erkundung ist das, was »Outbuddies« spielenswert macht. Gelegentliche Actionspitzen oder knifflige Hüpf- und Rollpassagen sind das Salz in der Suppe, das bis zu einem gewissen Grad den Geschmack anregt. In Sachen Ästhetik und Atmosphäre ist »Outbuddies« über jeden Zweifel erhaben; das unheimliche Präsenzgefühl erschafft in Kombination mit den restlichen Stärken ein Metroidvania, das sich selbstbewusst aus dem Einheitsbrei hervorhebt. [pg]

Ein Rezensionsexemplar für Steam wurde uns vom Entwickler bereitgestellt.


Outbuddies
Julian Laufer / Headup, 15. Oktober 2019
PC (GOG / Steam), Konsolenversionen (PlayStation 4, Nintendo Switch, Xbox One) im 2. Quartal 2020