Bei unserem Besuch der MAG Erfurt 2019 gerieten wir auch ins Gravitationsfeld der Indie Arena Booth, das uns so schnell nicht wieder losließ. Zu meiner freudigen Überraschung war die nämlich, a) wirklich groß – weitaus größer als ihr Pendant auf der DreamHack Leipzig im Februar – und, b) aus eben diesem Grund auch gemütlicher, da man an den meisten Anspielstationen sitzen konnte, oft auf Sofas, statt stehen zu müssen. Gerade gegen Ende eines Messetages ist dieses Komfortfeature nicht zu unterschätzen, erst recht, wenn es dazu auch hier (alkoholfreies) Bier für lau gab. Bei einigen Spielen schaute ich kurz zu, zwei spielte ich eingehend an und möchte sie im Folgenden kurz vorstellen.


Resort (PC, Mac, Switch)

Schnell zog vor allem eine Anspielstation unsere Blicke (und schließlich auch Hände und Ohren) auf sich. Passend zum Stil und zum Schauplatz des dort gezeigten Spiels sorgten dunkle Holzvertäfelungen für eine gemütliche und stilvolle Atmosphäre. Postkarten und Poster durften mitgenommen werden und verzückten uns mit Artworks, die tatsächlich so wunderschön sind, dass wir ein oder zwei davon ganz sicher aufhängen werden. Im Angesicht einer so schönen Deko kann ein Spiel leicht zur Nebensache geraten.

Glücklicherweise fand der kunstvolle, einladend warme Look auch in der Grafik des Spiels seine Entsprechung. Resort lautet der Titel des Spiels, das mir bis dahin gänzlich unbekant war und das ich auf den ersten Blick für ein Adventure hielt. Entwickelt wird das Spiel vom kleinen Bochumer Studio Backwoods Entertainment, das sich mit ihrem wohlwollen rezipierten Erstlingswerk Unforeseen Incidents bereits ihren Namen machte. Von dem unterscheidet sich Resort sowohl visuell als auch spielerisch allerdings deutlich. Die Steam-Page beschreibt es als „Story-Explorationsspiel“, und das klingt tatsächlich eher nach einem Walking Simulator als nach einem rätsellastigen Adventure. Aber das ist ja kein Defizit, sondern dürfte dem augenscheinlich auf eine stimmungsvolle Atmosphäre bedachten Spielerlebnis gut stehen.

So steuern wir die Schriftstellerin Laura Tanner, die zum Zwecke der Recherche das beschauliche Örtchen Laburnum Creek besucht. Dieses soll in Kürze von einem herannahenden Kometen dem Erdboden gleichgemacht werden, doch einige Bewohner weigern sich zu gehen. Eine der ersten Assoziationen ist sicherlich Firewatch, vor allem wegen der Grafik, und auf der erzählerischen Ebene dann Twin Peaks, aber auch das Frühwerk von Suda51 scheint nicht fern. Ein näherer Blick lässt aber auch erzählerische Gemeinsamkeiten mit Zelda: Majora’s Mask offensichtlich werden, schließlich geht es auch dort um eine Stadt, die von einem herannahenden Gesteinsbrocken bedroht wird, und um Bewohner, die im Angesicht dieser Gefahr verborgene Facetten ihrer Psyche offenbaren.

Es war Resort anzumerken, dass es von seiner Fertigstellung noch ein gutes Stück entfernt ist – oder zumindest will ich das hoffen, denn die eigentlich sehr schöne Optik wurde von einer wirklich schlechten Performance und vielen Grafikfehlern getrübt, die sich darin zeigten, dass die Protagonistin anstandslos durch Möbel hindurch oder über Kanten hinweg lief. Immerhin, der Erscheinungstermin ist „tba“, allerdings glänzt selbst der Trailer auf der Steam-Page nicht gerade mit einer flüssigen Framerate.

Nichtdestotrotz hat mich das Spiel mit seiner unheilvollen Atmosphäre nachhaltig beeindruckt, die neben dem Grafikstil vor allem durch famose Soundkullise aufgebaut wird. Ich werde Resort daher auf jeden Fall weiter im Auge behalten und hoffe (und das ist allemal wichtiger als die Framerate), dass die Handlung der „surrealen Mystery-Geschichte“ einhält, was die Atmosphäre verspricht, und nicht auf eine pseudo-tiefgründige, wahlweise esoterische oder rundheraus nichtssagende Note endet, wie das Stories, die so vielversprechend geheimnisumwoben beginnen, leider oft tun.

Laut dem Presskit auf der Website des Studios soll Resort neben PC und Mac auf für die Switch und ggf. für weitere Plattformen erscheinen. Besonders interessant finde ich aber, dass der Titel dort als „Kurzgeschichte“ beschrieben wird, und weil es demnach ganz offensichtlich nicht versucht, seine Handlung auf zehn Stunden oder mehr zu strecken, stimmt mich das optimistisch.

Bleibt nur zu hoffen, dass das Studio nicht zu viele Ressourcen in das schöne Drumherum gesteckt hat, auch wenn festzustellen ist, dass das Spiel anderenfalls vielleicht nicht unsere Aufmerksamkeit gewonnen hätte. So war der Stand das Äquivalent zur schönen Boxart eines GameBoy-Spiels oder der Bemalung eines Arcade-Automaten, auch wenn ihm in diesem Fall der Look des Spiels gut mithalten konnte. Resort soll übrigens auch einen Auftritt auf der EGX Berlin im November haben und vielleicht zeigt man dann ja schon etwas mehr.


Lamplight City (PC, Mac)

Darüber hinaus spielte ich auch an der Indie Arena Booth ein Spiel, das bereits seit einiger Zeit erhältlich ist, das mir in diesem Fall aber gänzlich neu war. Lamplight City.

Innerhalb der Indie Arena Booth nahm Application Systems Heidelberg einen größeren Raum ein und zeigte dort insgesamt sechs Spiele, der überwiegende Teil davon Adventures (darunter auch das gerade erwähne Unforeseen Incidents von Backwoods Entertainment). Nach einer kurzen Einführung entschied ich mich, Lamplight City eine Chance zu geben. Die Prämisse eines Detektivspiels, das mir erlaubt, gegebenfalls auch ein „schlechter“ Ermittler zu schein, versprach eine erfrischende Abwechslung zum sonst linearen Adventure-Gameplay. Zwar konnte ich in den 20(?) Minuten, die ich mit der Demo verbrachte, noch nicht einschätzen, inwiefern das Spiel diesem Versprecht gerecht wird, doch auch so hatte ich meine Freunde. Der klassische Look, die einwandfreie englische Vertonung und die Herangehensweise an Rätsel und Gespräche überzeugten mich, auch wenn sie das Rad nicht neu erfanden.

Ich werde mir Lamplight City deshalb in absehbarer Zeit sicher noch näher anschauen. Es ist bereits seit rund einem Jahr erhältlich und hat offenkundig nicht allzu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Metascores sind für ein Adventures allerdings mehr als solide und decken sich mit meinem positiven Dosis: Ein klassisches Adventure mit genau der richtigen Dosis Innovation, um sich frisch anzufühlen, ohne seinen klassischen Charme auf der Strecke zu lassen.


Noch mehr Eindrücke von Spielen auf der MAG Erfurt 2019 gibt es HIER und den eigentlichen Messebericht dann am Wochenende! [sk]