A Short Hike wurde seit seinem Erscheinen häufig mit Animal Crossing verglichen. Dabei hat das knapp einstündige Wanderabenteuer auf den ersten Blick wenig mit Nintendos seligem Stadtleben zu tun. Schon nach wenigen Minuten werden die Parallelen deutlicher – und das nicht nur, weil es einen Felsen gibt, der Geld ausspuckt, wenn die Protagonistin ihn mit einer Schaufel schlägt.
A Short Hike ist genauso kurz und erfrischend wie der Name es verspricht. Hätten Spiele einen eingebauten Thermometer, wäre A Short Hike der perfekte Sommernachmittag. Nur wenige Spiele fühlen sich so wohlig, herzlich und einladend an.
Das auffälligste Kriterium dafür ist der Artstyle, welcher mit warmen Farben und sanften Formen die Augen in Wonne hüllt. Die Prise Low-Fi und Pixel umgarnt Nostalgiker zusätzlich, ohne zu aufdringlich „retro“ zu schreien.
Noch wärmer als die Optik sind nur die tierischen Charaktere, welche die kleine Inselwelt bevölkern. Es gibt sie; diese Spiele, in denen nahezu jede Zeile sitzt. Jeder kleinste Satz ist entweder charmant, unterhaltsam, informativ oder gar ergreifend. Die Dialoge der NPCs fungieren gewissermaßen als Belohnung für die gründliche Erkundung der Spielwelt sowie das Erfüllen kleinerer Quests.
Entgegen der Andeutung des Titels ist A Short Hike kein „Walking Simulator“, sondern ähnelt eher einem kompakten 3D-Platformer oder Collectathon. Die Sprung- und Segelflugmechaniken lockern die Wanderung spürbar auf und verleihen der Erkundung buchstäblich eine zusätzliche Dimension.
Das Ziel der Wanderung ist der Gipfel des zentralen Berges; doch der Rest des Abenteuers ist komplett non-linear. A Short Hike belohnt neugieriges Herumstolpern und wartet hinter jedem Hügel mit einer neuen Überraschung oder Belohnung auf. Fürs Erklimmen des Berges benötigt Protagonistin Claire goldene Federn, welche sie entweder an entlegenen Orten findet oder als Belohnung für Interaktionen mit NPCs bekommt. Je mehr goldene Federn, je höher kann Claire fliegen und desto leichter fällt der finale Aufstieg zum Ende des Spiels. Auch die Erkundung der Insel wird durch den stetigen Ausbau der Mobilität immer flotter. Die subtile Progressionskurve bläst dort Wind in die Segel, wo ein minderes Spiel schleichend eintönig geworden wäre.
A Short Hike weiß genau, wie groß es sein muss und wie es seinen Umfang perfekt ausfüllt. Der kurze Spaziergang umarmt uns wie eine sanfte Sommerbrise und gleicht einer winzigen Wundertüte, die bis zum Bersten gefüllt ist. Vielleicht eines der unscheinbareren, aber dennoch eines der rundesten und sympathischsten Spiele des Jahres. [pg]
A Short Hike
adamgryu, 30. Juli 2019
PC, Mac, Linux (itch.io, Steam)
Developer: Adam Robinson-Yu
Composer: Mark Sparling
Quelle GIF: A Short Hike Pressekit