Ein Gastbeitrag von Nora Beyer
im Rahmen des Gastautoren-Specials GASTSPIELER III.
Lara Crofts Atombusen, spärlich bekleidete Amazonen und Zauberinnen in vielen Rollenspielen, sowie die ewige Promiskuität der weiblichen Figuren in der »The Witcher«-Reihe – das Bild der Frau in Spielen ist noch immer größtenteils geprägt von althergebrachten Stereotypen von Weiblichkeit. Aber wie sieht es eigentlich auf der anderen Geschlechterseite aus? Wie steht es um die Darstellung von Männlichkeit in Spielen? Und wie stehen beide Darstellungen zueinander?
Und ewig lockt das Weib
Die überzeichnete Darstellung von Weiblichkeit in vielen Spielen ist mittlerweile ein alter Schuh. Und sie ist wohl zum großen Teil mehr ökonomischen Überlegungen geschuldet als tatsächlichen sexistischen Überzeugungen der Spieleentwickler selbst. Wenn die Mehrheit der Zielgruppe, die ein Spiel kaufen soll, junge Männer sind, dann verkauft sich dieses Spiel wohl besser, wenn auf völlig unrealistische, aber verlockende Klischees von Weiblichkeit gesetzt wird. Ebenso wie in Film und Werbung scheint das Bild von der überzeichneten und sexualisierten Frau auch in Spielen noch immer zu funktionieren. Freilich: Es gibt Ausreißer. Diese aber vor allem im Indie-Bereich. Etwa das Spiel »The Tale of Doris and the Dragon«, in dem wir eine taffe Seniorin durch das Jenseits steuern. Oder »Hellblade: Senua’s Sacrifice«, in der unsere Hauptfigur zwar auch eher weniger als mehr Fellfetzen am Körper trägt, was der Stärke und Entschlossenheit der weiblichen Spielfigur aber insgesamt keinen Abbruch tut. In vielen Spielen gilt dennoch nach wie vor: Frau = schmale Taille, großer Vorbau, ausladende Hüften und wenig an. Der stereotypisierte Umgang mit der Darstellung von Weiblichkeit in Spielen steht mal mehr, mal weniger im Zentrum der Kritik. Insgesamt feiern wir aber immer noch die Klischees ab, mit denen wir in quasi sämtlichen Medien konstant konfrontiert sind.
Testosteron +1
Das ist die eine Seite. Aber wie werden eigentlich Männer bzw. Männlichkeit in Spielen dargestellt? Die Überzeichnung weiblicher Figuren in Spielen findet ihre Entsprechung in einer stereotypisierten Darstellung von Männlichkeit auf der anderen Seite des Geschlechterspektrums (alles dazwischen wird in Spielen bislang kaum behandelt und bleibt hier deshalb außen vor). Tenor der Männlichkeit in Spielen: Potente Kraftpakete, die Herausforderungen souverän überwinden und dabei noch einen lockeren Spruch auf den Lippen haben – das scheint noch immer die präferierte Darstellung von Männlichkeit in vielen Spielen zu sein. Angefangen bei völlig übersteigerten klischeehaften Männer-Archetypen wie im Klassiker »Duke Nukem« über hyperpotente Kriegerfiguren wie in »The Witcher« bis hin zu technisch versierten (auch ein Klischee, das meist Männern vorbehalten ist) Superagenten wie in »Splinter Cell«. Ein Mann, der kann. So ließen sich die Männerfiguren in vielen Spielen beschreiben. Testosteron, wohin das Spielerauge blickt.
Pervertierte Gleichheit?
Nicht nur die Frauendarstellung in Spielen bewegt sich also oft entlang veralteter Geschlechterklischees – auf der Männerseite sieht es nicht besser aus. Ebenso wie Spielerinnen durch die überzeichneten Frauenbilder von einer bestimmten Idealdefinition von Weiblichkeit unter Druck gesetzt werden und männlichen Spielern ein realitätsfernes Bild von Weiblichkeit vermittelt wird, kann das auch für die männliche Seite der Darstellungen argumentiert werden. Man kann gewissermaßen sagen, es herrsche eine pervertierte Geschlechtergleichheit, zumindest was den Bereich des Sexismus in Spielen anbelangt. Ein Duke Nukem oder ein Sam Fisher entsprechen genauso wenig der Realität wie eine Lara Croft oder eine Princess Peach. Die überzogene Darstellung von Männlichkeit ist insofern nur eine Fortsetzung des Sexismus gegenüber der Darstellung von Weiblichkeit mit anderen Mitteln. Problematisch ist beides. Die sexualisierte Version von Weiblichkeit ebenso wie die überzeichnete Darstellung von klischeehafter Männlichkeit. Kann man vor diesem Hintergrund also gewissermaßen sagen: Alles ist gut – beide Geschlechter werden gnadenlos unrealistisch und stereotypisiert dargestellt. Insofern herrscht Gleichheit. Eine gleichermaßen bescheuerte und in sich problematische Gleichheit zwar – aber immerhin dennoch eine?
Die problematische Gesamtschau
Nicht ganz. Die Problematik liegt vielleicht weniger in der isolierten Stereotypisierung von Männlichkeit einerseits und Weiblichkeit andererseits. Die Problematik liegt vielmehr in deren Zusammenspiel, oder eher: deren Kontrast. Die leicht bekleidete, überästhetisierte Frau steht nicht einfach nur für sich (was, so könnte man freilich argumentieren, bereits in ihrer potentiellen Sexualisierung ein Problem darstellt), sondern steht dem potenten, vollangezogenen Mann gegenüber. Genau in diesem Kontrast steckt die eigentliche Problematik. Das Problem ist weniger der Sexismus an und für sich. Sondern: Dieser konstituiert sich ja erst über die Herstellung eines Gegenübers. Die Darstellung einer nackten Frau ist nicht unbedingt unmittelbar sexistisch. Der Sexismus liegt vielmehr in der Ausgesetztheit der Frau. Indem die Frau in Spielen bewusst voyeuristisch angelegt ist, um bestimmte Zielgruppen zu erreichen. Oder eben, indem die Frau einem konträr angelegten Männerbild gegenübergestellt wird. Dadurch wird der Sexismus quasi erst prävalent.
Sexismus mal anders
Das bedeutet nun freilich nicht, dass die überzeichnete Darstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit in Spielen an sich nicht bereits problematisch ist. Sie verhärtet Stereotypen. Und damit schafft sie mittelbar normative Erwartungshaltungen, wie Mann und Frau auszusehen, sich zu verhalten haben, etc. Nur: Hier sind beide Seiten gleichermaßen überzogen und damit ist Sexismus in Spielen kein exklusiv weibliches Problem. Sehr viel problematischer ist das Zusammenspiel der Stereotypen. Mann hat so zu sein und Frau so. Das ist mal das eine. Das weitaus problematischere ist aber die Interaktion der Klischees. Dem potenten Mann steht die tendenziell hilfsbedürftige Frau gegenüber. Freilich: Mit starken, wenn auch oft noch immer optisch exponierten Frauenfiguren, ändert sich mittlerweile so einiges in den Spielwelten. Nehmen wir nur Lara Croft – Archetyp der schlagfertigen und gewaltbewanderten Digitalfrau – auch und vor allem im Reboot der Serie. Dass wir hier eine starke Frauenfigur vor uns haben, wird kaum einer bestreiten. Das gilt bereits für die alten, heillos überzeichneten Spiele der Serie. Und obwohl der Reboot die Übersexualisierung der Figur zurückgefahren hat und uns eine weitaus realistischere Lara an die Spielerhand gibt, ist hier noch immer Luft nach oben. Es bleibt die Frage: Unterwandert die Über-Ästhetisierung der Figur nicht deren eigentliche Potenz als starke Frauenfigur? Oder können wir über die überzeichneten Rundungen hinwegsehen auf den selbstermächtigten Charakter dahinter?
Brauchen wir den Sixpack?
Und was für die Frauenfiguren gilt, gilt für die Männerfiguren gleichermaßen. Brauchen wir den Sixpack, um nachvollziehbar begründen zu können, warum unsere (männliche) Spielfigur sich durch Horden von Gegnern metzelt? Sicherlich gibt es Spielkontexte, in denen ein gewisses Maß an Adonis-Ästhetik nachvollziehbar die Story untermauert. Ein Sam Fisher mit Bierbauch und Chicken-Wing-Optik wird es schwer haben, sich gazellengleich durch verschachtelte Schleich-Levels zu bewegen. Auf der anderen Seite würde es einer Lara Croft realistischer zu Gesichte stehen, wenn sie eine Ironwoman-Figur hätte und nicht zwar Riesenbrüste aber offenbar keinerlei Muskeln in den Armen – obwohl sie sich schwerkraftverachtend durch die Untiefen sämtlicher Jump & Run-Levels bewegt und beiderhändig ihre Uzis verschießen kann. Die Darstellung von ausgeprägten körperlichen Merkmalen, vor allem von Muskeln etwa, ist dementsprechend nicht per se zu verurteilen. Sie ist immerhin eine Frage der Immersion. Aber ob wir den Sixpack oder den Atombusen immer und überall brauchen, ist dann doch fraglich.
Eine Frage des Realismus?
Auf der Männerseite ist dieser Zusammenhang zwischen Muskeltonus und körperlicher Potenz interessanterweise eher gegeben. Heißt: Während es bei vielen Frauenfiguren offenbar nicht notwendig ist, die körperliche Darstellung mit deren Fähigkeiten in Einklang zu bringen – viele weiblichen Spielefiguren sind zart und leicht bekleidet und haben dennoch einiges an Durchschlagskraft – gilt das für die Männer nicht in gleichem Maße. Bestes Beispiel: Prügelspiele wie »Tekken« und Co. Aber auch viele Rollenspiele wie etwa »Diablo« oder »Divinity«. Hier macht es – lobenswerterweise – einen rein optischen Unterschied, ob wir als männlicher oder weiblicher Charakter in den Kampf ziehen. Die Fähigkeiten sind gleich verteilt. Aber: Bei den weiblichen Charakteren ist die Abkehr vom Realismus (also z.B. Muskeltonus folgt der körperlichen Potenz) ausgeprägter als bei den männlichen Charakteren. Die männlichen Figuren sind meist körperlich kräftiger und damit zugleich realistischer und doch per se unrealistisch (da überzeichnet) dargestellt. Zusätzlich tauchen auf männlicher Seite immer wieder deviante, interessante Figuren auf, die dem Schönheitsideal, das die Frauenseite oft noch in der Zange hält, zuwiderlaufen.
Ein Beispiel: Die »Witcher«-Reihe wartet mit unzähligen interessanten Charakteren auf. Hier dürfen Figuren sogar fett, hässlich und alt, aber trotzdem potent und mächtig sein. Solange sie männlich sind. Denken wir nur an unseren Witcher-Kollegen Vesemir (alt), unseren Mitstreiter Zoltan (hässlich) oder den blutigen Baron (alt, hässlich und fett). Die Bandbreite an Darstellungsmöglichkeiten für männliche Figuren ist also weitaus größer als die auf weiblicher Seite. Zwar gibt es auch auf weiblicher Seite eine bunte Vielfalt interessanter Charaktere. Die Bandbreite der optischen Darstellung ist dabei aber eingeschränkter. Bis auf ein paar ältere Matronen, wie etwa die Wirtin zu Anfang von »Wild Hunt«, die trotz ihres Alters aber immer noch klassisch attraktiv dargestellt wird, sind die Frauen in »The Witcher« jung, schlank, attraktiv und promiskuitiv. Während Männer also gerne auch mal fett und unattraktiv dargestellt werden können, ohne zugleich ihre Potenz einzubüßen, ist das bei den Frauendarstellungen selten der Fall.
Wer hat Angst vor der Realität?
Nicht jede physisch extreme Darstellung von Weiblichkeit oder Männlichkeit ist aber gleich disqualifizierend. Immerhin haben wir es in vielen Spielen ja auch mit extremen Situationen zu tun. Je nach Genre helfen da die ein oder anderen Muskeln oder entsprechend flexible Kleidung sicherlich. Aber: Wenn die Überzeichnung nur der Überzeichnung wegen stattfindet – etwa die ewig promiskuitiven Frauenfiguren in »The Witcher« oder ein ins Absurde verlegtes Testosteron-Ideal wie in »Duke Nukem« – dann treibt das nicht die Story oder den Spielkontext voran, sondern verhärtet lediglich problematische Geschlechterstereotypen oder Schönheitsideale. Es gibt einfach keinen einleuchtenden Grund, warum die Zauberin in »Diablo« halbnackt sein muss, der männliche Zauberer-Gegenpart währenddessen komplett verhüllt sein darf. Wenn wir die Frauen schon ausziehen müssen, dann halten wir es doch beim männlichen Gegenpart genauso. Ein gutes Beispiel ist der klassische Barbar in vielen Rollenspielen. Der ist halbnackt – egal ob Mann oder Frau. Wobei das natürlich nicht einer gewollten Geschlechtergleichheit geschuldet ist, sondern der These, dass Barbaren halt unzivilisierte Wilde sind, die mit Keulen auf Sachen und Menschen hauen und sich nichts anziehen. Darin wiederum kommt eine Hybris der vermeintlich zivilisierten Gesellschaften zum Ausdruck, die zwar nicht sexistisch, aber in ihrem Sendungsbewusstein ebenso problematisch ist. Aber das ist eine andere Geschichte für einen anderen Tag.
Bilderverzeichnis:
- 1_Duke Nukem, der Held der gleichnamigen Spieleserie, ist eine Karikatur stereotyper Männlichkeit. (pic by 3D Realms)
- 2_Die Heldin in »Hellblade: Senua´s Sacrifice« trägt zwar auch eher weniger als mehr Fellfetzen am Körper, das tut ihrer insgesamten Determiniertheit und Stärke insgesamt aber keine Abbruch. (pic by Ninja Theory)
- 3_Sam Fisher aus der Splinter Cell-Reihe folgt dem Klischee des technisch versierten Superagenten. (pic by Ubisoft)
- 4_Lara Croft – eine starke Frauenfigur, die gleichzeitig extrem sexualisiert dargestellt wird. (pic by Core Design)
- 5_Kernig, potent, von Frauen umschwärmt – so wird die männliche Hauptfigur in »The Witcher« – Geralt von Riva – dargestellt. (pic by CD Project Red)
Die Autorin: 
Nora Beyer (@norabeyer)
Schreibt unter anderem für GameStar, GamePro und das GAIN-Magazin, sowie auf norabeyer.com.
Nora – wer Spiele liebt, der kennt sie. Aus GameStar, GAIN-Magazin – und von SPIELKRITIK.com: Unter 7,7 Milliarden Menschen ist Nora nämlich nicht nur der amtierende weltgrößte Fan von Baldur’s Gate, sondern auch diejenige Gastschreiberin, die auf unserer Seite mit der größten Präsenz aufwartet: Drei von drei GASTSPIELER-Runden und einen „slowtalk“ hat sie mit ihren Gedanken bereichert. Doch wie sich ihrer Selbstbeschreibung als „Journalist_Autor_Bike Guide“ entnehmen lässt, ist Nora noch einiges mehr. So fährt sie auch schon mal von Nürnberg bis zum Nordkap mit dem Rad, und schreibt, wenn dann noch Zeit ist, an ihrer Dissertation über Moral und Ethik in Spielen. [sk]
Mehr zum Thema bei SPIELKRITIK:
Wenn ich mir so angucke, was ich in letzter Zeit so gespielt habe, dann waren in deutlicher Überzahl weibliche Charaktere dabei. Die Tomb Raider-Reihe (die Neuen), Horizon Zero Dawn, A Plague Tale, Hellblade und noch andere bestimmt.
Und das hat auch was mit Identifikation zu tun. Ich spiele mittlerweile lieber weibliche Figuren als männliche. So habe ich auch in Spielen mit Auswahlmöglichkeiten in letzter Zeit immer eine Frau genommen. Identifikation ist sicher auch ein Grund dafür, warum so viele Männliche Charaktere die Hauptrolle spielen. Neben einem idealisierten Bild von dem wie man sich selbst gerne sehen würde. Ohne Beweise dafür zu haben, wäre das sicher auch nicht anders, wenn ein Großteil der Spielenden weiblich wäre. Spiele sind schließlich auch Phantasie. Die Phantasie jemand sein zu können, der man nicht ist.
Viel wichtiger finde ich da doch wie mit solchen Klischees umgegangen wird. Das rein Äußerliche sagt ja nicht so viel über eine Person aus. Um mal eines meiner liebsten Spiele, Enslaved, als Beispiel zu nehmen. Dort ist die Hauptfigur Monkey ein absolutes Klischee. Muskelberge, oben ohne, grobschlächtig. Doch wenn man das Spiel spielt, merkt man, dass mehr hinter ihm steckt, als das Äußere vermuten lässt. Und so sollte es mit allen Figuren sein. Wichtig ist mir nicht wie eine Figur aussieht, welches Geschlecht sie hat oder welche Hautfarbe. Wichtig ist die Entwicklung einer spannenden Figur deren Geschichte ich miterleben will.
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Man muss dennoch festhalten, dass sexy nicht immer automatisch auch sexistisch bedeutet. Es kommt sehr darauf an, wie die Frauen – oder eben auch Männer – in der jeweiligen Spielwelt verortet sind, also ob sie bloß schmückendes Beiwerk sind oder eine wichtige Funktion ausfüllen, wo bestimmte Persönlichkeitstraits vorteilhaft sind. Mindestens muss man schauen, ob die Spielfiguren unter dem Performance-Gaze optisch zu ihrer Rolle im Spiel passen oder eben nur Deko sind.
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Interessant hier auch mal so stark auf die männliche Seite zu schauen. Ich muss nämlich sagen, dass ich in vielen modernen Spielen mit weiblichen Charakteren – zumindest wenn sie der Hauptcharakter sein dürfen statt schmuckes Beiwerk – mehr Nuancen möblich sind. Wie im Artikel erwähnt dürfen die Männer nur die locker-flotten Übermenschen sein, während eine starke Frau wie Lara Croft im Reboot eben auch Emotionen zeigen darf. Sowas wird den männlichen Paraderollen immer noch zum Großteil vorbehalten, mit dem einzigen Aus, wenn man den Daddy spielen darf, der sein Kind verliert, dann ist viele mal eine einzelne männliche Träne gestattet.
Was sicherlich bei der Sexualisierung beider Geschlechter mit hineinspielt ist auch die Tatsache, dass klassischerweise das sexy portraitieren eines Mannes eben bereits sehr nahe an einer Power Fantasy ist. Gut ausgearbeitete Muskeln, shirtless, in heroischer Pose? Das ist sexy. Das ist aber auch überzeichnetes Rollenmodell für Hetero-Jungs. Klar kann auch eine Frau in dominanter Rolle sexy sein, vor allem wenn man ihr wenig anzieht, aber bei jenem Geschlecht kommt viel der Darstellung, die „anmachen“ soll, eben auch über unterwürfige Rollen und merkwürdiges Posieren, die bei einem Mann einfach unsexy aussehen würden. Diese „Wenn Männer wie Frauen dargestellt werden würden“ Zeichnungen zeigen das immer ganz gut. Von daher ist eine sexualisiert dargestellt Frauenfigur auch wesentlich schneller zu erkennen, und wenn eben nicht die toughe Bitch, auch selten eine sonderlich erstrebenswerte Identifikationsfigur.
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Hui, der Kommentarbereich hat doch Potential. :D
Es ist schön, dass wir nach längerer Zeit endlich mal wieder etwas zu diesem Themenbereich auf der Seite haben und dass der Beitrag direkt auf so viel Resonanz stieß! :)
Eure Comments sind auch sehr spannend und zeigen schön, wie viel in dem Thema doch immer noch drinsteckt, wenn man es offen und differenziert betrachtet und nicht auf ein binäres Gut und Schlecht herunterbricht.
In diesem Zusammenhang will ich auch gern die Tweetfolge von Philbo Beutlin und mir noch einmal für die Nachwelt verlinken, die wir in Reaktion auf den Artikel bei Twitter führten, und in der wir uns vor allem Gedanken über die Problematik(?) der Idealisierung machen (egal welchen Geschlechts). Das fand ich als Teilaspekt der Thematik ebenfalls sehr erfrischend: https://twitter.com/HerrBeutel/status/1153991629419745281
Eine Sache, dir mir im Zuge dieses Artikels aufgefallen ist, und die ich hier gern nochmal zur Diskussion stellen möchte, ist der Umstand wie – so zumindest mein Eindruck – fast alle Gespräche um Geschlechterdarstellung nach kurzer Zeit doch wieder vornehmlich auf die Darstellung von Frauen zu sprechen kommen (und die von Männern schnell hintere sich lassen).
Ich kenne ja auch die Entstehungsgeschichte des Artikels, und dene, es ist nicht zu viel verraten, wenn ich sage, dass es ursprünglich noch viel dezidierter um die Darstellung von speziell Männerfiguren in Games gehen sollte. Nora und ich erkannten dann, dass die Frauendarstellungen im ersten Entwurf einen fast größeren Teil einnehmen – weshalb sich Nora entschied, einerseits den Titel anzupassen und andererseits den Teil zu Männerdarstellungen noch etwas auszubauen.
Ich stimme dabei auch mit Nora überein, dass sich beide Seiten des Spektrums nicht isoliert betrachten lassen, sondern die Problematik vor allem aus dem Kontrast entsteht, dass Frauen eben im Regelfall „so“ und Männer im Regelfall „so“ dargestellt werden, dass dieser Kontrast mit einem gewissen Machtgefälle einhergeht, usw. Insofern ist diese Gegenüberstellung auch legitim und sinnvoll.
Nun ist mir aber aufgefallen, dass auch in den Diskussionen um diesen Artikel immer wieder und mehrheitlich(?) Frauendarstellungen als Beispiele herangezogen und kritisch betrachtet werden.
Das brachte mich zu These: Vielleicht reden wir nicht zuletzt deshalb quasi automatisch immer wieder lieber (und unbeschwerter) über Frauendarstellungen, weil wir die Objektifizierung von Frauen so sehr internalisiert haben und uns eher befugt und befähigt fühlen, deren Darstellungen (und oft heißt das: ihren Körper) zu kommentieren, als wir das bei Männern tun. Kommt das Thema auf die Darstellung einer Frau, weiß plötzlich „jeder“ und „jede“ etwas dazu zu sagen. Geht es um einen Mann, macht sich schnell verschämte Stille breit.
Natürlich mag das auch daran liegen, dass Objektifizierungen und Sexualisierungen von Frauen häufiger sind, und stärker ausgeprägt und oftmals problematischer. Dass sie deshalb häufiger Gegenstand des Diskurses sind und wir deshalb auch mehr aktives, abrufbares Wissen darüber angehäuft haben, als zur vergleichsweise jungen Thematik der Männerdarstellungen. Es würde mich aber erstaunen, wenn das der einzige Grund wäre.
Nun will ich gar nicht behaupten: „wir sind ja alle Sexisten“. Aber in gewisser Weise stimmt es vielleicht auch: Ich denke, eine (unbewusste) Internalisierung des objektifizierenden Blicks auf Frauen spielt eine Rolle für die Art und Weise, wie wir diesen Diskurs führen. In der Tat wäre es wohl erstaunlicher, wenn so ein Einfluss nicht da wäre. Daher will ich das auch nicht als gravierenden Vorwurf verstanden wissen, finde es aber förderlich, sich dieses Umstandes bewusst zu sein (oder zumindest der Möglichkeit seiner Existenz). Und als Folge dieses Bewusstseins: immer wieder zu hinterfragen, inwiefern die eigene „Sexismuskritik“ nicht vielleicht sexistisch geprägt ist.
Und gerade deshalb ist es wichtig den Blick auf Männerdarstellungen zu intensivieren statt immer nur die Frauen der kulturkritischen Autopsie zu unterziehen. Ansonsten ist Sexismuskritik am Ende nur die Fortsetzung eines „male gaze“ mit anderen Mitteln.
Daher würde ich mich sehr freuen, wenn dieser Artikel vielleicht zur einen oder anderen kritischen Betrachtung einer Männerdarstellung inspirieren könnte, denn davon gibt es viel zu wenige. :)
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Kurz nachdem ich den Artikel von Nora gelesen hatte, hatte ich ja dann auch den Artikel von Jana Möglich im GAIN-Magazin gelesen. Beide beschäftigen sich ja mit dem gleichen Thema. Wobei, meinem Empfinden nach, Jana nochmal radikaler in ihrer Meinung und Aussage ist. Muss dann jeder für sich sehen, wie er das bewertet. Ich kann viel der Kritik verstehen.
Ich glaube, dass das Thema Sexualisierung von Männern auch etwas mit dem Selbstverständnis vieler männlicher Spieler zu tun hat. Mann sieht sich womöglich lieber als derjenige der alles im Griff hat, Stark ist, gut gebaut und am Ende die Frau rettet (um mal ganz Klischeebehaftet zu sein). Und das sich diese Männer so sehen, liegt dann sicher auch an sozialen, kulturellen, gesellschaftlichen usw. Aspekten ganz Abseits von Videospielen. Wenn ich immer in einer Position der Stärke bin, dann habe ich ja auch keinen Grund mich zu beschweren. Egal wie plump und Klischee die Darstellung ist. Da ist es bei der Darstellung der Frau dann ganz anders, wenn sie nicht die Position der Stärke haben, weil sie einfach sehr oft von Männern verdrängt oder zurückgehalten werden. Was dann auch dazu führt, dass Frauen irgendwann von selbst in Rolle gehen. Das zeigt sich dann auch in Videospielen, wo Frauen gerettet werden, knapp bekleidet sind und charakterlich nicht tiefer sind als ein Unterteller.
Doch das ganze ist in den letzten Jahren besser geworden. Natürlich nicht optimal, aber bei aller angebrachten Kritik muss auch darauf eingegangen werden, dass sich die Darstellung von Frauen gebessert hat. Zumindest ist das mein Empfinden. Mir ist natürlich klar, dass männliche Figuren immer noch die Videospiele dominieren. Gerade bei großen Titeln. So wie sich die Darstellung von Frauenfiguren nach und nach bessert, bleibt aber auch, dass sich die Männer in. ihrer Darstellung nicht so stark verändern. Während Frauen in Videospielen stark sein können (Lara Croft), psychische Probleme haben (Senua) oder ihren Platz suchen (Into the Woods), so ist der Mann in Videospielen oft noch derjenige der vorangeht und Stärke zeigt. Ein Mann der Schwächen hat oder gar Probleme (egal in welcher Form) gibt es noch viel zu selten. Und das gehört eben auch dazu, wenn über die Sexualisierung der Geschlechter gesprochen wird.
Alles natürlich meiner Wahrnehmung geschuldet und dem was ich spiele, worüber ich lese und mit wem ich über Videospiele spreche.
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