Mirror’s Edge ist eines meiner absoluten Lieblingsspiele. Dementsprechend freudig stimmte mich die Ankündigung von Mirror’s Edge Catalyst, dem Reboot, welches acht Jahre nach dem Original erschien. Nach der Veröffentlichung machte sich aber sehr schnell Ernüchterung breit: Das Gefühl, das mir das erste Spiel gab, fand ich nicht mehr wieder. Es folgt eine Abhandlung über funktionierende Spielsysteme und was Reboots nicht falsch machen sollten.
In Mirror’s Edge dreht sich alles um die Protagonistin Faith, die in einem totalitären Überwachungsstaat als sogenannte Runnerin arbeitet. Runner sind quasi Boten, die an der Grenze zur Legalität arbeiten und unter dem Radar der Regierung Informationen übermitteln – und zwar möglichst schnell. Zugegebenermaßen ist die Geschichte von Mirror’s Edge eher ein Mittel zum Zweck, obgleich die Welt durchaus auch damals schon mein Interesse weckte. In einzelnen Missionen, unterbrochen von Cutscenes im Comic-Stil, gilt es nun, einerseits Pakete zu überliefern und andererseits geheime Machenschaften der Regierung aufzudecken, alles während man im Parkour-Stil durch die Welt hechtet. In diesen Spielabschnitten kommen alle Design-Elemente von Mirror’s Edge zusammen, um mir das Gefühl von Adrenalin unter die Haut zu jagen: Der klare Sound der Laufschuhe, wenn ich einen Wallrun vollführe, der Wind, wenn ich extrem schnell laufe, und die einzigartige Optik der Dächer der Stadt.
Das Wichtigste hierbei war für mich jedoch etwas anderes: In eigentlich jeder Mission stehe ich unter Zeitdruck. Ich werde von Polizisten verfolgt, denen ich zum Opfer falle, wenn ich zu langsam laufe, oder ich muss eine andere Person einholen, um die Mission zu beenden. In allen Situation muss ich unter Druck so schnell wie möglich mir den besten Weg durch das Level bahnen. Es braucht Reaktion und schnelles Denken, denn meistens ist das Resultat eines kleinen Fehlers der Tod meiner Spielfigur. Dabei sind die Level keineswegs schlauchig gestaltet, ganz im Gegenteil: Ich habe Mirror’s Edge mittlerweile bestimmt fünfmal durchgespielt und finde immer neue Wege oder neue Kombinationsmöglichkeiten von Lauftechniken, um schneller durch das Level zu kommen. Dieser extreme Zeitdruck und in vielen Fällen die Verfolgung durch Gegner, sowie das grandiose Leveldesign, waren immer das, was mir den Ansporn gab, den schnellstmöglichen Weg finden zu wollen. Das war die Essenz von Mirror’s Edge, die es meiner Meinung nach so besonders machte und das Gesamtgefühl abrundete.
Dann wurde Mirror’s Edge Catalyst auf der E3 2015 angekündigt. Endlich wurde wieder über das fantastische erste Spiel gesprochen, welches fast schon in Vergessenheit geraten war, und ich würde endlich noch einmal in der Rolle von Faith über Dächer laufen können.
Doch mit der Freude kam auch die Skepsis, als ich las, dass Catalyst dem Open World-Prinzip folgen sollte. Viele Fans reagierten darauf weitaus positiver als ich und auch einige Videospielwebseiten schrieben, dass der Schritt in die offene Welt aufgrund der besonderen Fortbewegung in Mirror’s Edge absolut Sinn ergeben würde. Ich war wie gesagt eher skeptisch und leider sollte sich das später auch bestätigen.
Die Einführung von mehreren kleinen Hubs, in dem sich die im Spielverlauf getroffene Charaktere aufhalten sowie die Überarbeitung des Kampfsystems, das nun fließend aus der Bewegung durch die Spielwelt hervorgeht, taten dem Spiel tatsächlich sehr gut. Aber leider wurde der Zeitdruck und das Adrenalin des 2008er Originals der Open World geopfert. Dadurch, dass es meistens keine festen Level gibt, wirkt es oft so, als müsse ich mir das Spiel selbst schmackhaft machen, indem ich mir einen interessanten Pfad suche – wofür ich all die Zeit der Welt habe. Es gibt keine interessanten Levelstrukturen, bei denen ich mich entscheiden kann, ein, zwei Gegner auszuschalten oder an ihnen vorbeizulaufen. Stattdessen werde ich gezwungen an über die Karte verteilten „Ubisoft-Türmen“ alle Gegner in der Umgebung auszuschalten.
Statt den gut durchdachten Leveldesigns gibt es nun Herausforderungen, bei denen ich Markierungen ablaufen muss und meistens einen vorbestimmten Pfad nachlaufe. Nach der dritten Mission dieser Sorte ignorierte ich diese dann in der offenen Welt. Weiterhin wurde ein Skill-System integriert, bei dem man nicht nur die Kampffertigkeiten sondern auch seine Parkour-Skills aufleveln muss – weil jedes moderne Spiel natürlich irgendein Skillsystem braucht. So kann ich zu Beginn nicht mal die Rolle machen, um mich vor Stürzen aus großen Höhen zu sichern. Damit ist es mir überhaupt nicht möglich, von Anfang an unterschiedliche Pfade und Lösungswege zu finden, da ich schlichtweg noch nicht die Skills dafür habe. Seufz.
Versteht mich nicht falsch: Ich habe Catalyst immer noch durchgespielt und durchaus meinen Spaß mit dem Spiel gehabt, denn das Design der Parkour-Elemente und das Gefühl, das man beim Laufen durch die Spielwelt erhält, sind immer noch Features, die extrem Spaß machen können. Aber das alte Mirror’s Edge-Gefühl werde ich wohl nie wieder zurückbekommen.
Was man aus der ganzen Geschichte vielleicht mitnehmen kann, ist, dass Reboots durchaus die Möglichkeit bieten, in eine verstaubte Spiele-IP neues Leben einzuhauchen, indem Elemente, die damals nicht so gut funktioniert haben, überarbeitet werden. Wenn aber das Reboot zu sehr auf neue Trends vertraut, die vielleicht gar nicht zum Spielsystem passen, und alte Qualitäten über Bord wirft, geht irgendwo auf dem Weg das Herz des Originals verloren. [ao]
Ich mochte das erste Mirror’s Edge auch sehr. Auch wenn ich nicht gut darin war. Ich fand aber alles an dem Spiel irgendwie toll. Eine interessante Welt, cooles Design, Faith mag ich immer noch als Figur. Dazu das Gameplay, was einfach Prince of Persia aus der Ego-Perspektive ist und ich mag P.o.P. sehr gerne. Da war es mir dann auch egal, dass die Geschichte eher nebenbei läuft. Das Spielprinzip war und ist einfach immer noch einzigartig (zumindest fällt mir grad kein anderes Spiel ein).
Deswegen war ich auch damals dann gespannt auf Catalyst, hatte aber damals noch keine der neuen Konsolen und konnte mir das Spiel damals nicht direkt holen. Das konnte ich erst letztes Jahr. Und ich war auch sehr enttäuscht. Ich wusste schon das ich mich mit der Open World würde anfreunden müssen, aber vielleicht würde die Essenz des ersten Teils ja doch nicht verschwimmen. Leider war das nicht der Fall und das ganze Spiel wirkte sehr Ziellos auf mich. Dabei war das eine der Stärken von Mirrors Edge. Ich wusste immer wo ich hin musste. Aber hier fühlte ich mich schnell verloren in der Open World.
Hinzu kommen noch die furchtbaren Figuren, die alle so furchtbar Möchtegern-Cool daherreden und mich dazu bringen nur noch mit halbem Ohr zuzuhören.
Und das ist auch der Grund, warum ich Catalyst immer noch nicht durchgespielt habe und momentan auch kein Interesse daran habe. Aber vielleicht kommt das ja irgendwann noch.
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Ja, ging mir eben genauso! Habe gerade nochmal die allerersten Level von Mirror’s Edge gespielt und war direkt wieder drin. Die hitzige Verfolgungsjagd mit der Polizei, aus allen Seiten wird auf mich geschossen und ich muss mir schnellstmöglich meinen Weg suchen, wobei ich immer ein Ziel vor Augen hab.
Hach, dieses Spiel ist einfach pure Liebe für mich ^^
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Ich hatte das originale Mirror’s Edge nur einmal auf der Games Convention angespielt, war auch ganz angetan davon, aber in Ermangelung einer passenden Hardware hab ich es nie kaufen können (und zwar bis heute nicht, weil es leider nie für die PS4 kam). Wie du vermutlich auf Twitter mitbekommen hast, hab ich allerdings letztes Jahr Catalyst gespielt und war davon unglaublich begeistert – eines meiner Lieblingsspiele dieser Generation, definitiv.
Ich kann deine Kritik aber trotzdem gut nachvollziehen, glaube ich. Ich hatte keine hohen Erwartungen an Catalyst (es war ein Spontankauf, irgendwie hatte ich Lust auf den Style und so). Und das lag daran, dass ich den Vorgänger – auch ohne ihn selbst ausgiebig gespielt zu haben – so sehr mochte. Und was ich daran mochte, schien mit dem Konzept der Open World (das ich auch in anderen Spielen selten mag) hinten und vorn nicht vereinbar.
Nichtsdestotrotz funktionierte Catalyst dann aber als das, was es war, und in meinen Augen funktioniert es ganz hervorragend. Ich kann aber auch verstehen, dass es als Nachfolger, oder als Spiel in der Tradition des Originals, eben nicht funktioniert, weil es die spezifischen Stärken des Originals offenbar vermissen lässt (auch in meinen Augen – aber ich fand dafür viele andere Dinge, die ich an Catalyst schätzte).
Ich finde, es täte Catalyst Unrecht, es allein oder hauptsächlich am Original zu messen. Dass Fans des Originals das tun, ist vollkommen nachvollziehbar und legitim. Aber ich hab den Eindruck, dass damit Catalyst als eigenständiges Werk missverstanden ist, das vielleicht gar nicht so stark in der Tradition des Originals stehen will und vielleicht nur dann als das schwächere Spiel erscheint, wenn man darin die Stärken des Vorgängers sucht (was, wie gesagt, aber ganz natürlich ist).
Umgekehrt kann ich mir vorstellen, dass, wer mit Catalyst anfängt und es toll findet, und dann das Original nachholt, vielleicht dort manches vermissen wird. Ich denke, man kann beide Spiele aus ganz unterschiedlichen Gründen lieben. Ich bin sehr neugierig darauf, das Original nachzuholen, und denke sogar, das mich das Gameplay dort noch mehr begeistern wird (weil das in dieser Hinsicht so ganz meine Art Spiel ist, viel mehr als das Open World-ige von Catalyst). Aber bei Catalyst genügt für mich schon die Ästhetik, das Gefühl der Körperlichkeit, die Handlung und vor allem die Figuren, um es für mich zu einem herausragenden Spiel zu machen, und soweit ich es beurteilen kann, ist es darin (und für meinen persönlichen Geschmack) dem Original überlegen.
So oder so denke ich, Mirror’s Edge als Franchise ist eines der interessantesten und originellsten Triple-A-Franchises der letzten beiden Konsolengenerationen und ich wünschte mir sehr, dass die Reihe auf die eine oder andere Weise fortgeführt würde.
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Hat dies auf Amons Game Corner rebloggt und kommentierte:
Habe bei spielkritik.com kurz meine Gedanken zu dem Reboot von Mirror’s Edge niedergeschrieben.
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Ich bin Fasziniert von Mirrors Edge. Habe den ersten Teil schon durchgespielt. Hab dann Catalyst bekommen. Da habe ich allerdings gemerkt das es schwieriger ist, als der 1ste Teil. Im Dezember bin ich dann endlich mit der Letzten Mission The Shard fertig geworden. Die Mission hat mich echt fertig gemacht. Jetzt bin ich gerade dabei es ein 2tes Mal durchzuspielen.
Ich finde den Soundtrack zu Catalyst sehr schön, und ich bin am überlegen ob ich mir die CD hole.
Ich habe beim Letzten Level The Shard als ich endlich die Gegner besiegt habe, und ich Kathe folgen muss, hab ich am Ende geweint. Das Ende ist so schön. Ich würde mich freuen wenn es einen 3ten Teil von meinem Lieblingsgame geben wird. Aber wie heißt es so schön. (Die Hoffnung stirbt zuletzt.)
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Ich finde Catalyst genial. Ich habe es jetzt schon 4x durchgespielt. Und ich muss sagen es kommt keine Langeweile auf.
Die Musik Bzw Hintergrund Musik, ist Klasse gemacht. Und ich finde die 180 Grad Drehung nicht so abgehackt wie im 1sten Teil.
Ich liebe dieses Game wirklich. Und ich kann es nur jedem empfehlen der es noch nicht gespielt hat.
Gut finde ich auch, das man keine Waffen in Catalyst Benutzt so wie noch im 2ten Teil.
Ich hoffe stark auf eine Fortsetzung, aber das wird leider noch dauern, da Dice und EA die Überreste von Battlefield 2042 retten wollen, anstatt die Reihe zu beerdigen.
Sie hätten sich auch die schlechten Rezensionen durchlesen können. Aber nein, leider sollen sie an dem Titel dran bleiben. 😭😔 Das finde ich sehr schade.
Aber wie heißt es so schön. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
PS. Wenn Dice einen Shooter braucht, dann müssen sie nur in die Ukraine fahren. Da bekommen sie es dank Putin in Real Life mit.😡😡😡😡
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Lieber Ingmar, ich freu mich sehr, dass du dich noch einmal meldest, und dass deine Liebe zu Mirror’s Edge: Catalyst ungebrochen ist.
Eigentlich wollte ich dir auf deinen Beitrag vom März hin schon antworten, aber ich fand damals nicht die Zeit dafür und irgendwann hatte ich Zweifel, dass du die Reply überhaupt noch lesen würdest.
Ich finde Catalyst ebenfalls ganz wunderbar; es ist eines meiner Lieblingsspiele der ausgehenden Konsolengeneration. Das erste Mirror’s Edge hat mich bei seinem Erscheinen auch sehr fasziniert, allerdings hatte ich nicht die erforderliche Hardware, um es damals spielen zu können. In den letzten Jahren habe ich zwei oder drei Anläufe unternommen, es nachzuholen, aber der Funke wollte nicht (mehr) überspringen. Catalyst finde ich einfach in allen Belangen besser, spielerisch, erzählerisch, ästhetisch.
Es ist ein Spiel, das in mir widerhallt wie kaum ein anderes: Ein richtiges „Lieblingsspiel“ eben, das mir viel bedeutet und das mehr ist als die Summe seiner objektiven Qualitäten. 😌
Den Verzicht auf Schusswaffen empfinde ich ebenfalls als sehr gelungene Entscheidung. Hier hat man die Spielidee konsequent zu Ende gedacht, nachdem die Waffen schon im ersten Teil sehr nebensächlich und eher ein Fremdkörper waren. Ihr Fehlen in Catalyst trägt m.E. viel zur besonderen Stimmung des Spiels bei.
Die von dir gelobte Musik ist mir ehrlich gesagt nicht in besonderer Weise aufgefallen. Aber ich werde genauer hinhören, wenn ich Catalyst das nächste Mal durchspiele.
Ob es jemals eine Fortsetzung geben wird, ist eine gute Frage. Zwischen dem Original und dem zweiten Teil lagen 8 Jahre. Nach dieser Logik könnte EA es 2024 noch einmal versuchen… 😄 Aber im Ernst, einerseits glaube ich, dass die Reihe sehr gut in unsere Zeit passen würde; andererseits wollte sich der kommerzielle Erfolg auch beim zweiten Anlauf nicht einstellen.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ein Mirror’s Edge: Catalyst heute erfolgreicher sein könnte, als es das 2016 war. Aber das dachte man sich 2016 mit Blick auf 2008 vielleicht auch schon…
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