Hin und wieder frage ich mich, wie viele Leute – und welche Leute – eigentlich solche „offiziellen Websites“, meist Microsites, zu einzelnen Spieletiteln besuchen?
Ich kam bisher nämlich immer nur dann auf diese Idee, wenn ich in Ermangelung eigener Screenshots auf der Suche nach Pressematerial war oder beim Schreiben einer Kritik noch einmal einen schnellen Überblick über die Figuren und die Story brauchte, damit mir beispielsweise bei den Namen keine Fehler unterlaufen. Oder dann, wenn ich im Rahmen eines Auftrags als Texter einen Text zu einem Spiel schreiben soll, dass ich nicht aus erster Hand kenne. Dann kann ich auf solchen Seiten oft eine Fülle an faktischen Informationen entdecken, die sich leicht in einen gefälligen Text umarbeiten lassen, der eine intimere Kenntnis des Spiels suggeriert, als ich sie habe (oder aus Reviews ziehen könnte).
Die meisten Games-Microsites sind zugegebenermaßen der Rede auch nicht wert: Sie erschöpfen sich in Marketing-Blabla und werfen Artworks und kurze Videos oberflächlich schick präsentiert, letztlich aber irgendwie lieblos zusammen. Ich habe einfach einmal eine Handvoll besucht, zu Spielen, zu denen wir Inhalte bei SPIELKRITIK haben, aber überzeugt hat mich davon keine. Ganz besonders lieblos dahingeworfen schien mir die Seite zu Shenmue I & II, aber auch augenscheinlich aufwändigere, umfangreichere Seiten, wie die zu Fire Emblem Fates, haben nach meinem Empfinden keine „Seele“. Doch es gibt Ausnahmen, und wegen denen schreibe ich diesen kleinen Blog-Beitrag.
Die offizielle Website zu Onimusha: Warlords etwa, die richtig gut gemacht ist: Sie kommt insgesamt sehr stimmungsvoll daher, mit unaufdringlich eingebundenen Videos und echt schönen Artworks im Hintergrund, die man anderswo nur selten zu sehen bekommt. Die Texte sind informativ und gut geschrieben, und packen viele Informationen (und nicht nur Blabla) auf engen Raum. Auch die einigermaßen brauchbare Spielanleitung ist auf der Seite verlinkt – und endliche kapierte ich das mit den kritischen Treffern, die im Spiel selbst nirgendwo richtig erklärt wurden. Nur die sonst so obligatorischen Pressematerialien fehlen mir, wegen denen ich die Seite eigentlich besucht hatte.
Generell scheint Capcom dedizierten Games-Websites relativ viel Bedeutung beizumessen, statt einfach Produkt-Unterseiten in ihre Haupt-Websites einzubinden. Die zu Devil May Cry 5 gefällt mir mit ihrer Dynamik beim Scrollen und den großformatigen Videos im Hintergrund. Die zu Monster Hunter World ist etwas überladen, aber auch recht informativ. Gerade die zu Resident Evil 2 ist allerdings erstaunlich schwach und bei aller Content-Armut auch noch unübersichtlich. Die Seiten sind unabhängig von den allgemeinen Capcom-Homepages online und meist international mit mal mehr, mal weniger Sprachversionen, selbst zu kleineren Titeln wie eben Onimusha: Warlords.
Die besten Websites dieser Art erinnern mich an eine multimediale Online-Version von dem, was früher die Artikel im Club Nintendo Magazin boten: Positive, unkritische Darstellungen eines Spiels natürlich, aber eben auch eine Unmenge Informationen zu Charakteren, Items, Spielmechaniken, die man in Reviews nicht oder oft nicht so klar dargestellt findet, und die mir manchmal einen plastischeren Eindruck von einem Spiel bieten, als die stets auf eine qualitative Wertschätzung abzielenden Reviews.
Bei solchen Positivbeispielen finde ich es immer schade, dass die meisten dieser Seiten spätestens ein paar Jahre nach Erscheinen des Spiels spurlos verschwinden, und damit auch diese kompakten Zusammenfassungen eines Spiels aus Publisher-Sicht. Dabei ist die Art und Weise, wie ein Spiel vermarktet wurde, ja auch ein Teil seiner Historie. Natürlich gibt es Möglichkeiten der Archivierung – wie etwa das Internet Archive, wo sich auch Fragmente älterer Seiten noch finden lassen (wie etwa die von Nintendo, die ich vor einiger Zeit in diesem Artikel erwähnte). Gerade bei den nicht-statischen Seiten ist die Bewahrung aber weitaus schwieriger. Meist galt das Motto „style over substance“ und so setzten die meisten Seiten dieser Art bis vor wenigen Jahren exzessiv auf das Flash-Format, das sich heute gar nicht mehr so leicht zum Laufen bringen lässt.
Schließlich würde mich einmal interessieren: Informiert ihr euch auf oder schaut ihr sonst aus Gründen auf solchen „official websites“ vorbei? Oder bezieht ihr eure Infos nur (wie ich das eigentlich vermuten würde) aus Reviews der Fachpresse, aus Trailern und Tutorial-Videos bei YouTube, Let’s Plays oder Streams? Und kennt ihr „official websites“, die den Besuch wert sind oder waren? [sk]
Ich war schon ewig nicht mehr auf einer offiziellen Homepage. Aber damals, im ersten Jahrzehnt der 2000er habe ich beispielsweise häufig die japanischen Homepages zu Spielen besucht, die noch nicht für den Westen angekündigt waren oder dort noch keine Online-Präsenz haben. Die kamen mir immer sehr ansprechend und verspielt designt vor, und hatten auch reichlich Subkathegorien, um möglichst alles zu erklären (oder so erschien es mir als Nicht-Sprachler zumindest). Sie sind in der Regel auch wesentlich länger als „Infoleiche“ online gehalten, statt wie die Westseiten hier erwähnt nach ein oder zwei Jahren offline genommen zu werden.
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Gestern erst habe ich mich durch einen Trailer auf die offizielle Seite von Oddworld Soulstorm verirrt, weil mir die stattfindende Entwicklung dieses Spiels gar nicht so bewusst war und die Berichterstattung darüber auch mager ausfällt hat es mich wohl dorthin getrieben. Generell sind „Produkt-Pages“ aber nicht meine erste Anlaufstelle, um mich über Spiele zu informieren.
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Meine Güte, hab ich damals im Alter von 9-12 viel Zeit auf den Microsites von Nintendospielen verbracht… Gerade sowas wie die zu Wario Ware für GBA (oder war es der Gamecube-Ableger?) waren weit mehr als nur simple Infoseiten. Da konnte man durchaus mal eine Stunde drauf verbringen.
Ist natürlich schade, dass sie heute weg sind, aber absolut verständlich. Microsites waren trotzdem ein charmantes Relikt ihrer Zeit.
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Ein sehr interessantes kleines Thema! Ich persönlich schaue so gut wie nie auf Micro-Sites zu Spielen nach, was daran liegt, dass dort auch meistens kaum relevante Informationen bereitgestellt werden. Die Seiten, an die ich mich bewusst erinnere aufgerufen zu haben, waren u.a. Celeste (für einen Artikel) und West of Loathing. Auf beide Seiten trifft leider oben genanntes zu, wobei es auch kleine Studios mit entsprechend geringen Ressourcen sind. Sega zum Beispiel hat diese Ausrede zu Shenmue aber nicht.
Immerhin bietet die Celeste-Seite einen Verweis auf das Devlog auf Tumblr. Tumblr nimmt in dem Fall vielleicht das ein, was früher einmal auf einer Mircrosite hätte landen können. Generell dürfte Social Media eine wesentlich wichtigere Rolle in der Kommunikation einnehmen als Webseiten zu einem einzigen Spiel. Über Social Media kann nicht nur mit potenziellen Kunden kommuniziert, sondern auch direkt interagiert werden. Insbesondere für kleine Studios dürften Social Media Kanäle auch einfacher zu pflegen sein.
Dennoch glaube ich, dass Microsites durchaus Potenzial haben, insofern sie auch relevante Informationen wie ein Devlog enthalten. Oder eine Druckvorlage für die Anleitung, die heutzutage ja leider nahezu ausgestorben sind und über Social Media schlecht möglich sind. Mit etwas Kreativität lässt sich hier sicherlich einiges rausholen. Darüber hinaus wären Microsites Jahre später (wenn sie dann noch online wären) sicherlich ebenso interessant wie es alte Videospielzeitschriften sind.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn man eine Seite zum Spiel macht, dann auch richtig und nicht nur, um die obligatorische Seite zu haben. ;)
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