Lesenswert, Sehenswert und Hörenswert – auch in Ausgabe #109 wieder in harmonischer Dreieinigkeit:
In der Lesenswert-Sektion sichert sich ausnahmsweise wieder einmal ein englischsprachiger Artikel die Pole Position, und noch dazu einer in einer großen Publikation. Aber einige Passagen des Textes von Andreas Inderwildi, insbesondere die unten zitierte, zählen zum sprachlich und sprachbildlich schönsten, was ich seit geraumer Zeit in der Spielepresse lesen durfte.
Ihm folgt ein weiterer englischsprachiger Artikel, der mich ob seiner Exzellenz ebenfalls teils mit offenem Mund zurück ließ. Astrid Roses Artikel überzeugt als feinsinnige Analyse der Charakterdarstellungen im Resident Evil 2 Remake – und entwickelt sich im Handstreich noch zu weitaus mehr. Criticism-of-the-year material.
Ein akribischer Text über die Bewegung durch den urbanen Raum in Gravity Rush führt die Auswahl fort, und es sei angemerkt, dass auch viele der darin verlinkten Texte höchst lesenswert sind. Eugen Pfisters Artikel über die mehr oder weniger offensichtlichen politischen Implikationen von Horrorgames rettet der deutschsprachigen Games-Kritik-Landschaft die Ehre. Den Abschluss bilden zwei kleinere Artikel, ein aktueller, und ein älterer, auf den ich über ersteren gestoßen bin, die sich mit Obdachlosigkeit in der Yakuza-Reihe und in Sim City beschäftigen.
Pascal und Johannes haben ihre Video- und Podcast-Empfehlungen wie gewohnt unten ganz wunderbar zusammengefasst, sodass ich mir weitere Worte dazu sparen darf. Ich wünsche beste Unterhaltung und inspirierende Erkenntnisse! Bis in zwei Wochen. [sk]
Lesenswert
How a five-year game of Civilization 5 became a meaningful part of my personal history
(eurogamer.net, Andreas Inderwildi)
[…] When I sat down to prepare this article, it felt like historical or archaeological research. My friend and I compared notes, trying to reconstruct what had happened years ago. We gathered our save games from several machines, flash drives and Google Drive. I even rifled through ancient emails which mentioned our game in passing in the hopes of pinning down the timeline. In the end, the oldest save game we could find dates back to January 2016. After about 200 turns (and more than two years of playing), we had just entered the 1860s. After that point, our game is fairly well documented. Before, however, lies nothing but vast stretches of prehistory, a long dark age illuminated by nothing but the faint and flickering spotlights of our unreliable memories. It’s easy for beginnings to get lost in the mists of time. […]
“Her Body, Herself,” by Astrid Rose
(bulletpointsmonthly.com, Astrid Rose)
[…] But she also reminds me of myself—though I wish I were Ada. Maybe I just relate too much to Claire to mount the necessary steamed-up broadside against the retrograde ways in which the game surely depicts women. Her deep-set eyes and plump cheeks; my own baby-fat face fed daily by fresh hormone intake. Her relentless head-down trudge through whatever’s behind the next door. With respect to Claire’s “classic” costume: I also love showing off my legs. I’m small, too, and I frequently feel small. Am I wrong? Am I retrograde? […]
Opened World: The Flâneuse in Flight
(haywiremag.com, Miguel Penabella)
[…] By moving through the city in ways that the average bystander cannot, Kat has access to heightened modes of seeing. Floating above the skyline grants her a vantage point over the city and its networks in totality, while descending below it reveals the hidden scaffolding and tangled infrastructures that undergird it. The further she plunges into the depths of this floating world, the more she discovers the older, forgotten realms lost to history. Kat goes where she does not belong, slipping past police suspicion and eluding antagonists that arise later in the game. Her movement is as transgressive as it is thrilling. […]
Das Politische im digitalen Horrorspiel
(grimme-game.de, Eugen Pfister)
[…] Auf einen ersten Blick mag das alles ein wenig alarmistisch klingen. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass die Forschung längst zeigen konnte, dass es kaum zu einfachen, einseitigen Medienwirkungen kommt. Zwar findet stets Wissenstransfer statt, aber das heißt nicht, dass sich die politische Einstellung von Spieler*innen dadurch auch verändert. Wir wissen sehr wohl Fiktion von Realität zu unterscheiden. Nur wenige neo-liberale Jungpolitiker*innen werden nach dem Spielen von Bioshock plötzlich ihre politische Überzeugung über Bord geworfen haben. Und nicht alle, die Spaß am Zombietöten finden, wählen automatisch autoritäre Politiker*innen. […]
The Yakuza Series Treats The Homeless With Empathy And Respect
(kotaku.com, Elizabeth Henges)
[…] Throughout the Yakuza series, we’re shown that protagonist Kazuma Kiryu is not a normal man. Despite being a member of an organized crime gang, he stubbornly sticks to his good morals even if that means the entire seedy underbelly of Kamurocho turns against him. A gruff man with a soft heart, Kiryu will help those in need without worrying about how this might affect his own life. This sense of empathy extends to the homeless people that are seen throughout the games. […]
Virtual debates about homelessness in Sim City hold up a mirror to real life
(theguardian.com, Alex Hern)
[…] One player asks: “How do homeless people come to be? Does anyone know? I’m pretty sure it has to do with residential running out of money and becoming abandoned, but I haven’t been able to confirm this.” A second replies “a better question would be, how do you kill homeless Sims?” […]
Sehenswert
JUMP! How one game mechanic made history from the 1950’s to today – Tinker
(youtube.com, Fanbyte, 00:19:00)
Springen ist eine zentrale Mechanik der gefühlten Mehrheit aller Videospiele. Erfahrt in diesem Video, wie sich Anwendung, Physik und Animationen seit Anbeginn der Spielegeschichte entwickelt haben. [pg]
What’s Been Going On With Far Cry 5’s DLC?
(youtube.com, Noah Caldwell-Gervais, 00:24:38)
Far Cry 5 hatte mit Montana eines der konservativsten Settings der gesamten Reihe – die DLCs jedoch sind umso exotischer. Noah Caldwell-Gervais kämpfte sich durch Vietnam, Mars und die Zombie-Apokalypse, um uns zu sagen, wieso die Add-Ons von Far Cry 5 zwar nicht besser als das Hauptspiel, aber immerhin interessanter sind. [pg]
Pikmin 3 Stresses Me
(youtube.com, LambHoot, 01:30:32)
Dieses Video ist zwar 1:12 h lang, aber jede einzelne Minute ist des Anschauens wert. LambHoot behandelt nicht nur Pikmin 3, sondern geht auch ausführlich auf den Kontext der Vorgänger ein. Seine kritischen Beobachtungen sind hochinteressant, auch wenn sie mir als Pikmin 3-Apostel etwas wehtaten. [pg]
Hörenswert
Episode 8: Wir sprechen über Journey-Likes und Walking-And-Talking-Simulatoren
(Lost Levels; 08.01.2019; 01:20:38)
Wibke, Christina, Daniel und Florian vom Lost Levels-Podcast haben sich für diese erste Ausgabe im Jahr 2019 zusammengesetzt, um über kommende Indie-Perlen und persönliche Highlights zu sprechen, die man in den kommenden Monaten auf dem Schirm haben sollte. Ideal für alle, die noch auf der Suche nach Titeln sind, die möglicherweise unter dem Radar bleiben werden. [ja]
Runde 202: Die Zukunft ist umsonst (ft. Teut Weidemann)
(Auf ein Bier; 17.02.2019; 01:56:56)
Ist free-to-play die Zukunft der Videospiele? In der aktuellen Sonntagsfolge des Auf ein Bier-Podcasts sprechen André Peschke und Jochen Gebauer zusammen mit Teut Weidemann (Consultant im F2P-Bereich) über die Monetarisierungsstrategien des Genres, die Glückspiel-Vorwürfe und Ansätze der Anwendung im AAA-Bereich. Ein mitunter hitziges und sehr empfehlenswertes Gespräch. [ja]
#28: Jeff Goldblum confirmed for Resident Evil 8?!
(Komdehagens; 15.02.2019; 03:15:41)
Der hauptsächliche Podcast „Kompendium des Unbehagens“ wagt sich in dieser Folge zum Resident Evil 2 Remake unter der Moderation von Michael in anglophone Gewässer. Zusammen mit Gast Niall wird darüber gefachsimpelt, warum die Neuadaption des Survival-Klassikers so gut funktioniert. Eine sehr detailreiche, spielmechanisch in die Tiefe gehende und mit allerlei Hintergrundwissen gespickte Analyse. [ja]
Lust auf mehr? Die Games-Lesetipps der Woche gibt es jetzt jeden zweiten Freitag auf SPIELKRITIK.com. Die vergangene Ausgabe von Lesenswert findet ihr HIER.