Die Charts stehen Kopf. Jahrelang dominierte lieblos zusammengeschusterte Shovelware die vorderen Plätze der WiiWare-Verkaufscharts. Dieser Tage aber erobern symphatische Kleinode die Plätze, die ihnen rechtmäßig zustehen. Geheimtipps von Nintendo oder Konami – Castlevania The Adventure ReBirth, Pokémon Rumble, Lost Winds und andere mehr. Premium-Entwicklungen, mit Preisen von bis zu 15 Euro oft nicht gerade günstig.

In den Charts der Virtual Console tauchen unter Mainstream-Klassikern wie Super Mario 64 und A Link to the Past plötzlich Kennerspiele wie Actraiser und Castlevania X: Rondo of Blood auf. Alle Indizien deuten darauf hin, dass informierte Vielspieler scheinbar gemeinschaftlich ihre Wii-Konsolen entstaubt haben und ihre digitale Spielesammlung um Spiele aus den frühen Tagen von Nintendos digitaler Verkaufsplattform erweitern.


Der Grund für das alles? Digitaler Gedächtnisverlust – ein Phänomen, das nach dem 26. März 2018 auch das Download-Angebot der Wii treffen wird. Ab diesem Datum schließt der Wii-Shop-Kanal seine Pforten – stufenweise zunächst, 2019 dann vollständig. Dutzende exklusive Spiele der Plattform WiiWare, die ausschließlich als digitale Downloads im Shop-Kanal der Wii erhältlich sind, können dann nicht mehr gekauft werden. Ebenso der eine oder andere Retro-Klassiker, der im Original horrende Preise erzielt und nirgendwo sonst legal emuliert wurde.

Immerhin: Spielen können wird man diese Spiele auch in Zukunft, nachdem alle Server abgeschaltet sind. Voraussetzung ist, man hat sie rechtzeitig gekauft, heruntergeladen und abgespeichert – im Augenblick liegt die Betonung noch auf „gekauft“. Der von Nintendo kommunizierte Fahrplan ist nämlich wie folgt:

  • Guthaben in Form von Nintendo Points kann nur noch bis zum 26. März 2018 um 22:00 Uhr aufgeladen werden.
  • Das Einlösen dieser Punkte, d.h. der Kauf von Software im Wii-Shop-Kanal mit vorhandenem Restguthaben, ist danach noch bis zum 31. Januar 2019 um 7:00 Uhr möglich.
  • Später in 2019 – das exakte Datum ist noch nicht bekannt – soll der Shop-Kanal schließlich komplett abgeschaltet werden. Es wird dann auch nicht mehr möglich sein, bereits gekaufte Software erneut herunterzuladen.
  • Quelle: Nintendo

  • In anderen Worten: Wer vorhat, noch etwas aus dem Wii-Shop-Kanal mitzunehmen, sollte bis zum kommenden 26. März zumindest noch Guthaben aufladen. Um vorhandenes Guthaben zu nutzen, bleibt dann noch ausreichend Zeit, bis Januar 2019.
  • Bis dahin sollten auch alle gekauften Spiele heruntergeladen und auf der Konsole oder auf einer SD-Karte gespeichert sein, da zu einem unbestimmten Datum später im Jahr die Server komplett abgeschaltet werden und damit auch die Funktion zum erneuten Herunterladen bereits gekaufter Software. Spielbar bleibt die Software (abzgl. schon jetzt deaktivierter Online-Funktionen) allerdings auf unbeschränkte Zeit!

Soweit die Zahlen und Fakten. Und wer bis hierher nur Bahnhof versteht oder mit den Schultern zuckt und sich denkt „Was geht mich das an?“ – der sollte unbedingt weiterlesen.


Update: Die weiteren Beiträge im Rahmen unseres Goodbye-Specials erreicht ihr mit diesen Links:


Gut 11 Jahre gab es den Wii Shop-Kanal, der im Dezember 2006 – gleichzeitig mit der Veröffentlichung der Wii-Konsole – online ging. Einige Japan-exklusive Experimente außen vor, war der Vorläufer des späteren eShops Nintendos erster ernstzunehmender Vorstoß im Bereich digitaler Spieleverkäufe und stand somit in Konkurrenz u.a. zum PlayStation Store und zu Xbox Live Arcade.

Das Angebot gliedert sich in drei Bereiche. Die Virtual Console bietet originalgetreue Emulationen von Spielen vergangener Konsolen und zählte zum Start der Wii vor mehr als einem Jahrzehnt durchaus zu den spannenderen Features abseits der Bewegungssteuerung. Etwa 16 Monate später kam WiiWare hinzu, womit Nintendo nachholte, was insbesondere auf der Xbox 360 sehr erfolgreich lief und nun ebenfalls Originalentwicklungen in Form digitaler Downloads erlaubte. Im dritten Bereich wurden schließlich weitere sogenannte „Kanäle“ angeboten, das heißt (oft kostenlose) Programme, die keine Spiele sind, die mit der zunehmenden Verbreitung von Smartphones ab 2007 aber kaum noch Nutzer hinterm Ofen hervorlocken konnten.

Doch dies hier soll keine Retrospektive werden – der Wii Shop-Kanal lebt, wenn auch nicht mehr sehr lange. Dieser Artikel und die folgende Reihe von Spieleempfehlungen sind ein letzter Aufruf, eine letzte Einladung an Bord zu gehen, mitzukommen auf eine Reise in fast vergessene und bald vielleicht auf ewig verlorene Spielewelten.

Und die Reise wird sich lohnen: Der Service und das Gros der darüber angebotenen Spiele sind besser als ihr Ruf. Viel besser. Bei WiiWare erschien zwar gerade in der Spätphase allerhand Shovelware, doch es gibt sie, die Perlen, originelle Spiele, die für das Konzept und die Konsole wie gemacht sind – und erstaunlich viele von ihnen sind bis heute WiiWare-exklusiv: Fast alle von Nintendo veröffentlichten Spiele beispielsweise, wie das kuriose Bonsai Barber oder die Vertreter der ArtStyle-Reihe, aber auch der einstige Vorzeigetitel Final Fantasy Crystal Chronicles: My Life as a King. Und viele wirklich „weirde“ Sachen…


In den kommenden acht Tagen möchte ich einen Eindruck geben von Spielen, die uns bald verlassen werden. Ich möchte einige meiner Lieblinge vorstellen, einige Kuriositäten und Raritäten, darunter auch Spiele, die ich selbst erst dieser Tage heruntergeladen habe. Kurz und auf den Punkt werden diese Vorstellungen sein – also so, wie die meisten der Spiele oder wie die Zeit, die ihnen noch bleibt. Den Schwerpunkt lege ich dabei auf die Originalentwicklungen, auf WiiWare also, da gerade dort Spiele zu finden sind, die bis heute nirgendwo anders erhältlich sind und deren Zukunft in den Sternen steht; Spiele noch dazu, die schon damals größere Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten, als sie von Kritikern und Publikum bekamen.

Direkt morgen geht es los – mit einem WiiWare-Mehrspielerspaß, der vor originellen Einfällen nur so sprüht – und den, getreu der alten Regel, dass Konsumenten nicht mehr als eine Innovation auf einmal akzeptieren, kaum irgendwer gekauft hat. Danach werde ich täglich je einen weiteren Titel vorstellen, außer an den Tagen, an denen wir einen anderen Beitrag veröffentlichen.

Nun denn: Wer diese zugegeben ziemlich exotische und leider nicht ganz billige Reise mitantreten möchte, muss also eigentlich nur eines tun: Guthaben aufladen, und zwar bald. Sehr bald. Am besten sofort. NO LOAFING!


Der Wii-Shop-Kanal für Dummys:

  • Die Preise im Wii-Shop-Kanal werden nicht in Euro, sondern in sogenannen Nintendo-Punkten angezeigt: 100 Punkte entsprechen dabei einem Euro. Die Preise für Spiele liegen zwischen 500 und 1500 Punkten. Die Aufladung erfolgt entweder direkt mittels Kreditkarte oder mit den vom Nintendo eShop bekannten Guthabenkarte. Den Guthabenkarten entsprechende Codes können allerdings auch online bei PayPal gekauft werden.
  • Für Downloads und Speicherstände stehen auf der Wii insgesamt 256 MB Speicherplatz zur Verfügung. Einzelne Spiele sind nie größer als 40 MB. Die meisten, vor allem auf der Virtual Console, sind allerdings deutlich kleiner.
  • Der Wii-Shop-Kanal ist auch auf der Wii U in vollem Umfang zugänglich und kann über das Wii-Menü aufgerufen werden. Guthaben aus dem eShop ist allerdings nicht nutzbar, sondern muss für den Wii-Shop-Kanal separat aufgeladen werden. Der Speicherplatz ist auch hier auf umgerechnet rund 256 MB beschränkt.
  • Dieser Speicherplatz kann mittels SD-Karten beliebig erweitert werden. Die Spiele können dann auch direkt von SD-Karte gestartet werden, müssen also nicht umständlich verschoben werden. Außerdem ist es über diesen Umweg möglich, Sicherheitskopien auf dem PC anzulegen. Lauffähig sind die Dateien aber stets nur auf der Wii-Konsole, auf der sie gekauft wurden! Sollte diese einmal kaputt gehen, bleibt leider fraglich, ob Nintendos Kundenservice in Zukunft noch weiterhelfen kann.

Re-Downloads:

  • Getätigte Einkäufe werden im Wii Shop-Kanal gespeichert, sodass ihr einmal gekaufte Spiele unbesorgt löschen und kostenlos erneut herunterladen könnt – auch dann, wenn ein Spiel aus lizenzrechtlichen Gründen das Angebot inzwischen verlassen hat. Unter die ganz wenigen Ausnahmen von dieser Regel fallen in erster Linie einige wenige Demo-Versionen.
  • …aber Vorsicht: Die erneute Herunterladen ist derzeit nur bis zum endgültigen Verkaufsstop am 31. Januar 2019 garantiert! Irgendwann im späteren Verlauf des Jahres wird Nintendo die Server vollständig abstellen, sodass ihr die Spiele danach unbedingt lokal abgespeichert haben müsst, möchtet ihr sie weiterhin nutzen. Da es keinerlei Online-Registrierungszwang oder ähnliches gibt, geht das dann aber unbegrenzt.

Sonstige Online-Funktionen:

  • Etwaige Online-Funktionen wurden bereits vor einiger Zeit abgeschaltet – Online-Ranglisten, Online-Mehrspielermodi und ähnliches funktioniert demnach schon jetzt nicht mehr.
  • Kostenpflichtige DLCs – unter dem Namen Pay & Play bekannt – sind hingegen weiterhin erhältlich, so etwa zusätzliche Gebäudetypen in My Life as a King oder weitere Songs in Retail-Games wie Samba de Amigo. Diese können auch heute noch mittels im Wii-Shop-Kanal vorhandenen Guthaben gekauft werden. Der Kauf erfolgt allerdings nicht im Shop-Kanal, sondern direkt aus dem jeweiligen Spiel heraus. In oben verlinkter Meldung verliert Nintendo übrigens kein Wort darüber, inwiefern solche Pay & Play-Inhalte noch verfügbar sein werden. Es ist allerdings zu vermuten, dass für diese Inhalte die selben Deadlines gelten, wie für den Wii Shop-Kanals sonst auch: Bis zum 26. März aufgeladenes Guthaben könnte demnach bis zum 31. Januar 2019 eingelöst werden. [sk]