Fast unbemerkt ist seit Anfang 2017 ein neues Videospiel-Printmagazin erhältlich: Ohne schrille Provokationen und Exklusiv-Enthüllungen, ohne Kampfpreis oder absurd umfangreiche Dreingaben buhlt die GAIN um Leser – und ist dabei vor allem eines: sehr hübsch anzuschauen.

Da es aus Gründen, die gleich erwähnt werden, schwer sein dürfte, eines der Hefte vor dem Kauf durchzublättern, gibt es nachfolgend meine detailierten Eindrücke.


Disclaimer: Diese Magazin-Kritik entstand im Sommer 2017 und beschäftigt sich mit der damals aktuellen Ausgabe #3 des GAIN Magazins. Der Text ist somit mehr als drei Jahre alt und sollte unter der folgenden Maßgabe gelesen werden: Zum einen bin ich inzwischen selbst fester Redakteur des GAIN Magazins und damit nicht länger unabhängig in meiner Betrachtung. Damals, als ich diese Rezension verfasst habe, war das anders. 

Ferner hat sich das GAIN Magazin über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren weiterentwickelt und gewandelt: Das Magazin ist professioneller geworden, doch auch die inhaltliche Schwerpunktsetzung ist heute eine etwas andere. Das bedeutet: Dem GAIN Magazin in seiner aktuellen Form wird die nachfolgende Kritik nicht länger gerecht; weder in ihrem Gesamturteil, noch in der Mehrzahl der einzelnen Pro- und Contra-Punkte. Sie sollte deshalb als Relikt des Jahres 2017 gelesen werden, mit bestenfalls sehr eingeschränkter Aussagekraft über das GAIN Magazin in seiner heutigen Form.

Dieser Disclaimer wurde am 09. Dezember 2020 ergänzt und ersetzt einen früheren Disclaimer, in dem ich auf meine eigene Mitarbeit am Magazin bereits hinwies, nicht aber auf den Wandel, den das Magazin im Verlauf der Zeit erfahren hat.


Ungewöhnliche Ausgangslage

Ich schätze, dass die wenigsten schon einmal vom GAIN Magazin gehört haben. Deshalb erst einmal die Basics: Die GAIN ist ein Videospiel-Printmagazin, das seit Anfang 2017 im 3-Monats-Rhythmus veröffentlicht wird. Erhältlich ist das Heft in einigen Edeka-Filialen in Berlin; daneben besteht bisher nur die Option, die Zeitschrift online zu bestellen (entweder als Einzelheft oder im Abo; auf united-kiosk.de auch als ePaper).

Für exakt 5 Euro bietet die vor mir liegende Ausgabe #3 (vom Juli dieses Jahres) solide 96 Seiten und kommt dabei ganz ohne Werbung aus. Das Papier ist dick, schwer und glänzend, der Druck hochwertig. Rund 60 Prozent des Heftumfangs entfallen auf Spieletests: PC und Konsole, von Triple-A bis Indie – allein Nintendo-Systeme bleiben (zumindest in dieser Ausgabe) außen vor. GAIN existiert als Online-Magazin übrigens schon seit 2014, war mir vor dem Start der Print-Ausgabe aber nie aufgefallen. Herausgeber des Magazins ist der in Berlin ansässige Michal Hejzner, und wie er, so sind mir auch die anderen Reaktionsmitglieder zuvor unbekannt gewesen.

Und wer sich bis hierher noch nicht die Frage gestellt hat: „Wie kann das funktionieren?“, denkt vermutlich schon: „Das kann nicht funktionieren.“ Ich meine: „Vielleicht doch. Mal abwarten.“

Ohnehin ist „funktionieren“ und „funktionieren“ nämlich zweierlei, und so sollte man unterscheiden, zwischen dem Wert, den ein Magazin seinen Lesern bietet, und seinem Marktpotential. Ob ein Heft wirtschaftlich erfolgreich ist oder nicht, dürfte sich auf lange Sicht auf seine Qualität und seine Inhalte zwar auswirken, ist für den Leser – in dem Moment, wo er das Magazin kauft und liest – aber trotzdem erstmal zweitrangig. Daher möchte ich meine Rezension auch mit den Eindrücken beginnen, welche die GAIN bei mir persönlich hinterlassen hat.


In ehrenwerter Gesellschaft?

Mein erster Eindruck, als ich das Heft in Händen hielt, war in etwa der: Das ist schwer, das ist dick, das ist schön anzusehen und das erinnert mich in seiner Haptik doch ein wenig an die gute alte GEE – dieser war es 2005 immerhin gelungen, mein Interesse an Printmagazinen wiederzuentfachen, nachdem die klassischen Spieletestmagazine, die ich als Kind verschlungen hatte, durch die Online-Konkurrenz weitgehend obsolet geworden waren. Die Einstellung der GEE vor nunmehr vier Jahren hat für mich eine klaffende Wunde in der deutschsprachigen Heftlandschaft hinterlassen, die von anderen Magazinen stets nur stückweise gefüllt werden konnte (und bevor gleich einer „WASD!“ ruft: Nein. Die ist zwar exzellent, aber schon allein aufgrund ihres 6-Monats-Rhythmus kaum vergleichbar).

Doch zurück zur GAIN. Ich will es nicht Ernüchterung nennen, denn das wäre nicht fair und ginge von falschen Erwartungen meinerseits aus, welche die GAIN selbst an keiner Stelle weckt: Im Unterschied zu manch gescheitertem Magazin der Vergangenheit („und wie immer reichlich Tiefgang“) gibt sie nie vor, mehr zu sein als sie tatsächlich ist. Und eine „neue GEE“ ist sie ganz sicher nicht und wird sie auch nicht werden (und das ist eigentlich auch gut so, denn wer möchte schon Kopie sein). Ansonsten ließe sich vielleicht die Elektrospieler als Vergleich heranziehen, die aber vermutlich auch kaum einer kennt, und die – das musste ich erst recherchieren – nach einigen Jahren im Vertrieb des CSW-Verlages kürzlich die Form eines rund 15 Euro teuren Taschenbuches angenommen hat (und das klingt dann schon ein bisschen wie Sterbebett).


Die Frage nach der Daseinsberechtigung

Der GAIN hingegen merkt man ihre Jugend, ihre Frische an. Auch ihre Unerfahrenheit – immer dann, wenn der eine oder andere Artikel eher wie ein Blog-Post wirkt, oder bei den nicht so seltenen kleineren Stilblüten. Als Beispiel der Schlusssatz der Einleitung des Artikels zu Prey: „Und ob sich dieser Neustart gelohnt hat, sagen wir euch in unserem Test, denn wir haben den neuen Teil ausgiebig für euch getestet“.

Da darf man wohl davon ausgehen, bei einem Artikel, der als „Test“ überschrieben ist, und generell sollte es solche Appetizer in einem Print-Magazin doch eigentlich nicht brauchen. Ansonsten wirken die Texte zumeist unaufgeregt und nüchtern, was nicht per se schlecht ist und mir persönlich eher zusagt, als die analytisch-autoritäre Schreibe einer GameStar oder das Euphorisch-Bildhafte einer Games Aktuell. Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass einige Artikel in der GAIN inhaltliche Tiefe und sprachlichen Esprit vermissen lassen.

Das Review zu What Remains of Edith Finch fand ich etwa sehr gelungen. Auch der Artikel zu Rain World hat mir Lust auf das Spiel gemacht, wogegen es die Kritik zu Get Even nicht schaffte, mir ein klares Bild vom Spiel zu vermitteln. Und bei Warhammer 40.000: Dawn of War III geschah es, das ich als Serien-Unkundiger über weite Strecken fast nichts verstand (oder mangels Interesse abschaltete), weil äußerst detailliert auf Einheitentypen und andere spielmechanische Details eingegangen wird. Am wenigsten lesenswert fand ich den E3-Bericht, aus dem ich nichts mitnahm, was ich nicht schon online erfahren hätte (ansonsten verzichtet die GAIN auf einen News-Part, was angesichts des 3-Monats-Rhythmus sinnvoll sein dürfte).

Deutlich geschliffener ist da schon das Layout, das großformatigen Screenshots und Artworks viel Raum lässt, sodass die einzelnen Artikel und Reviews eine individuelle, zum Thema passende Stimmung ausstrahlen (ein bisschen wie im Club Nintendo Magazin früher). Ich kann mir zwar vorstellen, dass dieser etwas broschürenhafte Hochglanzlook nicht Jedermanns Geschmack sein wird. In Kombination mit der weit überdurchschnittlichen Papier- und Druckqualität erscheint mir dieser Aspekt allerdings als gute Nutzung der Möglichkeiten der Erscheinungsform Print: Games werden in der GAIN als dezidiert visuelles und künstlerisches Medium präsentiert; etwas, das erstaunlich wenige Magazine tun. Darüber hinaus sorgen die optisch gelungene Aufmachung und der Verzicht auf bezahlte Werbung dafür, dass die GAIN wie dafür gemacht ist, gesammelt und ins Regal gestellt zu werden.

Doch kommen wir zurück zum Inhalt an sich und stellen uns die Frage, was kann die GAIN, was die Konkurrenz nicht kann? Das ist auch deshalb eine interessante Frage, weil sie zur Frage überleitet, welches die Konkurrenten der GAIN denn eigentlich sind. Von den meisten anderen Printmagazinen unterscheidet sich die GAIN schließlich allein schon durch ihren Veröffentlichungsrhythmus. Bedenkt man nun, dass mehr als die Hälfte des dritten Heftes auf Spieletests entfällt, kommt man kaum umhin, zwischen dieser Review-Lastigkeit und dem Erscheinungsrhythmus einen Widerspruch zu sehen.


Der ideale Leser

Das ging zumindest mir so, bis ich feststellte, dass das auch sein Gutes hat: So viel ich auch täglich über Videospiele lese und die Rezeption von aktuellen Neuerscheinungen in den sozialen Netzwerken mitbekomme, gibt es eine Kategorie von Beiträgen, die ich im Internet fast nie tatsächlich lese: Aktuelle Spieletests. Beim Lesen der GAIN ist mir bewusst geworden, dass ich Fachpresse und Spieler über Neuerscheinungen wie RiME oder What Remains of Edith Finch zwar immer wieder hatte reden hören, aber eigentlich gar nicht weiß, worum es in diesen Spielen geht, wie sie sich spielen oder wie sie ausschauen (noch seltener als ich Spieletests lese schaue ich nämlich Videos). Manchmal, wie im Falle von RiME, kannte ich nicht einmal das Genre.

Neben Zeitmangel ist der Grund dafür wohl der, dass ich über neue Spiele möglichst wenig wissen möchte, solange die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ich sie in absehbarer Zeit selbst spielen werden. Bis das tatsächlich passiert, ziehen in meinem Fall meist Monate, wenn nicht Jahre ins Land, während denen der Diskurs an mir vorbeigeht; und wenn ich das Spiel dann endlich spiele, ist seine Rezeption längst der Schnelllebigkeit des Mediums zum Opfer gefallen.

Und so kann ich mir zwar vorstellen, dass ich mit dieser Sichtweise relativ allein dastehe, aber für mich ist die GAIN in dieser Hinsicht wie gemacht: Sie ähnelt dem Wochenrückblick, den News-Websites manchmal anbieten – die wichtigsten Neuigkeiten zusammengefasst, für Leser, die nicht täglich die Zeit haben, sich auf dem Laufenden zu halten. Aus dieser Perspektive kommt gerade ihre beschränkte Aktualität der GAIN zugute und lässt das Inhaltsverzeichnis wie ein Best-of der wichtigsten Releases der vergangenen drei Monate wirken. Und deshalb kann ich ein Review zu Mass Effect Andromeda lesen, das den Namen „Review“ auch verdient hat (oder hätte, denn im Heft nennen sich die Artikel schlicht Tests) und mir ein Spiel beschreibt, in dem die anfänglichen Bugs bereits behoben sind, die mich als potentiellen Late-Adopter ohnehin nicht interessieren. Das Resultat sind Artikel, die einen erfreulich gesetzten statt gehetzten Eindruck hinterlassen und mich an Titel erinneren, die anderswo schon wieder aus dem Blickfeld geraten sind.


In der Ruhe liegt die Kraft

Damit will ich nicht sagen, dass monatsaktuelle Spieletests auf Papier eine Sache der Vergangenheit sein sollten – ich möchte sie nicht missen, auch wenn ich sie selbst kaum konsumiere. Doch den Wettlauf um die größtmögliche Aktualität und darum, vielleicht sogar der erste am Kiosk zu sein, ist in meinen Augen kein Qualitätsmerkmal, sondern ein Anrennen gegen Windmühlen. Die GAIN geht diesen Wettlauf nicht mit, könnte es gar nicht, und deshalb wirkt sie – auch wenn dies wohl eher aus der Not geboren und nicht Absicht ist – fast schon wie ein Gegenentwurf zur zeitgenössischen Hype-Maschinerei, welcher doch tatsächlich den Eindruck vermittelt, dass digitale Spiele Kunstwerke sind und nicht nur schnell verderbliche Konsumgüter.

Ohne Zahlenwertungen unter den Reviews kommt andererseits auch die GAIN nicht aus, doch beschränken sich diese Wertungen auf eine einzige Gesamtwertungszahl, die gefühlt sehr in den Hintergrund rückt (obwohl ungewöhnlich ist, dass ein 100er System Verwendung findet, von dem sich immer mehr Magazine aktuell abwenden). Erst nach dem Lesen einer Handvoll Kritiken fiel mir auf, dass ich den Wertungen bis dahin keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Würde man sie ganz streichen, wäre man nach meinem Empfinden also auch nicht schlechter informiert; andererseits tun sie in ihrer gegenwärtigen Form auch nicht wirklich weh. Wie dem auch sei: Wer ein knallhartes Spieletest-Magazin alter Schule sucht, ist bei der GAIN an der falschen Adresse. Unabhängig davon wären ein paar Erklärungen zum Bewertungssystem wünschenswert.

Sehr schlank, vielleicht zu schlank, sind auch die Info-Kästen: Über ein Spiel erfährt man in der Regel nicht mehr als die Plattform und den Publisher. Oft stand ich somit vor der Frage, ob ein getestetes Spiel ein Retail-Release für 60 Euro ist oder download-only und nur 15 Euro kostet – und ist es überhaupt schon erhältlich? Zwei, drei zusätzliche Punkte würden hier schon Abhilfe schaffen.


Specials und Personalien

Natürlich ist fraglich, wie viele potentielle Leser meine oben genannte Meinung teilen und Gefallen daran finden, wenn Kritiken vergleichsweise spät und in Form einer Rückschau erscheinen. Ungeachtet des für mich ansprechenden Formats bin ich daher auch der Ansicht, dass dem Erscheinungsrhythmus und der Vertriebsart der GAIN mit „zeitloseren“ Artikeln und Kolumnen eher gedient sein dürfte. Deren Anteil an Ausgabe #3 ist vergleichsweise überschaubar: Eine gute Portion Retro (ohne die Tiefe spezifischer Retro-Magazine zu erreichen) am Beispiel von Dungeon Keeper und in Form eines Artikels über die Geschichte der Formel 1-Spiele. Letzteren fand ich interessant (auch weil ich letztes Jahr selbst erst einige Worte zu einem klassischen Vertreter verlor). Ich entdeckte darin aber auch gewisse Lücken, wenn etwa die plattformübergreifend gelungene F1 World Grand Prix-Serie und die (meist nicht lizenzierten) Formel 1-Spiele aus dem Hause Ubisoft fehlten. Originell fand ich den Blick auf das aktuelle Thema Games as a Service. In einem auch sprachlich gelungenen Artikel werden die Vorzüge des oft gescholtenen Modells am Beispiel von Hitman (2016) erörtert (auch als Leseprobe online). Der Artikel über den „Remasterwahn“ ist nicht schlecht, wirkt aber etwas zu bloggig. Eine Kolumne über Drogen in Spielen rundet das Gebotene ab und liest sich gut, ohne lange hängenzubleiben.

Dieser kurze Abriss zeigt vielleicht schon, dass die Inhalte der GAIN ziemlich starken stilistischen (und gewissen qualitativen) Schwankungen unterliegen. Die individuellen Fähigkeiten und Sichtweisen der Redakteure bzw. Autoren sind klar erkennbar und ihr sprachlicher Stil wird durch die im Impressum genannte Lektorin offenbar nicht signifikant vereinheitlicht, was sicherlich dazu beiträgt, dass dem Magazin trotz seiner professionellen Aufmachung ein gewisses Fanzine-Feeling anhaftet, das mich an die kurzlebige Printausgabe des NMag erinnert und mir eigentlich recht symphatisch ist. Apropos Autoren: Davon gibt es eine ganze Menge, was sich positiv auf die Themenvielfalt auswirkt. Auf der anderen Seite könnte dem Heft etwas mehr Diversität im Autorenspektrum gut tun: Die neun im Magazin erwähnten Redakteure sind allesamt männlich, weiß, im besten Alter – Attribute, die man keinem von ihnen zum Vorwurf machen kann, wie auch dem Herausgeber und Chefredakteur nicht vorzuwerfen ist, dass gerade diese als Team zusammengefunden haben. Aber als Fakt bleibt die gewisse Uniformität der Beteiligten doch stehen.


Fazit

Im Augenblick ist die GAIN sicherlich keine essentielle Publikation und zeigt auch nicht das Potential, die deutschsprachige Print-Landschaft von unten her umzukrempeln. Dazu fehlten dem Magazin vermutlich schlicht die Mittel, wie größere Verlage sie haben. Die GAIN hingegen ist eine durch und durch unabhängige Publikation, die von ganz unten ihren Weg zu gehen versucht. Was mich dabei optimistisch macht ist der Eindruck, dass Leidenschaft dabei genauso sehr im Spiel ist, wie Professionalität und Planung. Dass eine reichweiten-schwache Publikation überhaupt so rund daherkommt, ruft bei mir anerkennenden Respekt hervor und lässt mich dann auch glauben, dass die GAIN mittelfristig großes Potential hat und es schaffen könnte, sich auf dem Markt zu etablieren. Dazu müsste es allerdings gelingen, qualitativ weiter zuzulegen und ein wirklich eigenständiges Profil zu entwickeln, wie es sich im Layout schon erkennen lässt.

Derzeit würde ich die GAIN als Magazin für den anspruchsvollen Gelegenheitsspieler beschreiben, der ein review-fokussiertes, ästhetisch ansprechendes Spielemagazin aus Papier in Händen halten möchte, der aber nicht das Bedürfnis hat, monatlich, täglich und unmittelbar über alle Neuigkeiten informiert zu werden. Generell erreicht die GAIN weder die analytische Präzision des deutschsprachigen Platzhirsches, noch die Originalität und Tiefe einer GEE oder WASD. Sie vermittelt aber ein Gefühl von Ehrlichkeit und profitiert vom Charme des Underdogs – Qualitäten, die mit etwas Glück nicht weggebügelt sondern ausgebaut werden.

Die Zukunft des Magazins sehe ich dann auch eher in der Nische als im Mainstream. Der Erfolg dürfte davon abhängen, ob die GAIN sich auf dem weiten Feld der Beliebigkeit verliert, wie so viele vor ihr, oder ob sie ihre strukturellen Nachteile in Stärken verwandeln kann. Eine Möglichkeit bestünde darin, Strömungen des Spielejournalismus aufzugreifen, die bislang nur wenig Präsenz im Printbereich genießen. So würden sich Beiträge aus dem Bereich des New Game Journalism oder ein leicht feuilletonistisch Anstrich mit dem hochwertigen Erscheinungsbild der GAIN vermutlich gut vertragen. Kluge, meinungsstarke Kommentare (wie der von Sascha Kretzschmar zu Games as a Service) könnten dem Heft Gewicht und Exklusivität verleihen. So oder so lautete meine Empfehlung: Mutig sein und etwas wagen. Nicht allen gefallen wollen, sondern lieber einigen ganz sehr.

Und meine Botschaft an die potentiellen Leser: Gebt der GAIN eine Chance. Fünf Euro sind ein guter Preis und Ausgabe #4 steht gerade in den Startlöchern. In dem Heft, das kommende Woche (am 9. Oktober) erscheinen soll, geht es unter anderem um Psychische Erkrankungen in Videospielen, ums Überschreiten von Genre-Grenzen, sowie um Shenmue, Splinter Cell, und Fable. Getestet wurden: Hellblade, F1 2017, Agents of Mayhem, Uncharted: The Lost Legacy, XCom 2: War of the Chosen, Pro Cycling Manager 2017 und weitere Spiele. [sk]


Hinweis: Die hier besprochene Ausgabe #3 des GAIN-Magazins wurde mir vom Herausgeber kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Fotos: Xuân Pham


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