Nichts ist wahr, alles ist erlaubt. So lautet der Leitspruch der Assassinen in Ubisofts Assassin’s Creed-Reihe. Nimmt man diesen Leitspruch ernst, kann er natürlich auch auf die historische Authentizitätsnähe mancher Spielelemente in Assassin’s Creed bezogen werden. Doch Scherz beiseite. Es wurde schon seit ungefähr einem Jahr gemunkelt, dass der neue Teil im alten Ägypten spielen werde. Und das tut Assassin’s Creed Origins nun auch, wie wir ja seit der E3 2017 und Ubisofts Pressekonferenz wissen.
Zunächst kam mir in den Sinn: Assassinen in Ägypten? Habe ich etwas verpasst? Also durchforstete ich die Lore der Spielereihe und wurde fündig. Bis dato dachte ich, dass alles mit Altair Ibn-La’Ahad und der Geschichte aus Assassin’s Creed 1 angefangen hätte, was auch der historischen Realität näher kommen würde. Denn der reale Assassinenorden, der seine Wurzeln in Persien und Syrien hatte, bestand nur vom 11. bis zum 13. Jahrhundert, bis die Mongolen ihre Festungen überfielen. Laut Lore der Spielereihe existierte allerdings auch ein ägyptischer Assassinenorden. Dies ist gut möglich, da Ägypten auch einmal unter dem Einflussbereich der Perser stand.
Doch zurück zur Lore des Games: „Amunet“ war eine weibliche Assassine, die in Ägypten lebte und Kleopatra mit einer Schlange vergiftete. Zumindest, wenn man den Hinweisen in Assassin’s Creed 2 Glauben schenkt und ihr Grab in einer der italienischen Kirchen entdeckt. Nach der historischen Überlieferung wissen wir jedoch, dass Kleopatra mit Schlangengift Selbstmord beging. Letztlich stelle ich mir die Frage: warum wird der neue Protagonist Bayek eingeführt, wenn es doch schon eine weibliche Assassine „Amunet“ in der Lore gibt, deren Geschichte man schön hätte ausbauen können? Doch wir werden sehen…

Doch was wissen wir jetzt über das neue Spiel? Es wird keine Minimap geben, stattdessen gibt es nun eine Kompasslinie, ähnlich wie in Skyrim. Dies liegt nahe, da es das typische Türmeerklettern, um die Map freizuschalten, wohl nicht mehr geben wird. Dies soll den Spieler laut Ubisoft tiefer in die Welt eintauchen lassen. Bayek, so der Name unseres Protagonisten, besitzt einen Adler namens Senu, den man zur Aufklärung selbst steuern, also fliegen kann. Daher auch, oh welche Überraschung, der Ursprung der „Eagle-Vision“. Ein Loot- und Crafting-System für Kleidung und Ausrüstung, sowie Waffen und ein Leveling mit Skilltree verändern das Gameplay hin in Richtung RPG. Man wollte sich an The Witcher 3 orientieren, so das Studio, um nach der Schaffenspause des Franchises einen frischen Reboot hinlegen zu können. So kann man manche coole Moves aus dem Gameplay-Trailer wohl nur ausführen, wenn man vorher auch Punkte in solche Fähigkeiten investiert hat. Zum Beispiel die Slo-Mo-Bogen-Spring-Attacke (siehe Video). Des Weiteren stehen – neben Schild, Bogen, Khopesh und natürlich anderen auffindbaren Waffen wie z. B. Speere – auch die versteckten Klingen wieder zur Verfügung. Unnötig darauf hinzuweisen, dass diese ikonische Assassin’s Creed-Waffe eine Erfindung seitens Ubisoft ist, die seit Teil 1 aus dem Jahre 2009 besteht.

Origins wird vom Team unter Ashraf Ismail entwickelt, das auch Assassin’s Creed: Black Flag (AC4) kreierte und Bayek wird vom Schauspieler Abubakar Salim gespielt.
Die Story, soweit bekannt – eine kleine Geschichtsstunde
Doch worum geht es und wann spielt das neue Origins? Angeblich 49 vor Christus. Die Linie der Pharaonen endet, die Götter „sterben“ und eine neue Weltordnung bricht herein. Unser Protagonist Bayek stammt aus Siwa, einer Oase nahe der ägyptisch-libyschen Grenze und entstammt einer langen Reihe von Kriegern, den sogenannten Medjay. Seine Geschichte wird, geht es nach Ubisoft, in den Ursprüngen des Credos der Assassinen aller zeitlich später folgenden Assassin’s Creed-Spielen enden. Daher auch der Titel „Origins“. Bayek befindet sich in einer sich wandelnden Welt, ist tief mit alten Traditionen und dem Glauben an die Götter verbunden. Und nun steht er vor der Herausforderung seinen Platz im Ägypten Kleopatras zu finden, immer auf der Seite des ägyptischen Volkes. Kleopatra lebte von 69 v. Chr bis 30 v. Chr., geherrscht hat sie seit 51 v. Chr. als Kleopatra VII. Philopator (die „Vaterliebende“). Wir werden also wohl auch die Umstände, wie sie mit achtzehn den Thron mit ihrem jüngeren Bruder Ptolemaios XIII. bestieg, miterleben dürfen. Und den ptolemäischen Machtkampf um den Thron; ebenso wie Kleopatras Versuche, Alleinherrscherin zu werden und ihr Reich zu festigen. Alle diese Aspekte werden sicherlich im Spiel Erwähnung finden.
Im Gameplay sah man bereits Gladiatoren und römische Soldaten, was nahelegt, dass wir vielleicht Caesar und Marcus Antonius in Cutscenes oder ähnlichem begegnen werden, bis hin zu Kleopatras und Antonius Selbstmord nach Kaiser Augustus Sieg über Ägypten (ich spekuliere, denke aber nicht, dass das Spiel solch eine Zeitspanne abdecken wird). Ich bin sehr gespannt, welchen historischen Geschehnissen sich das Spiel annimmt und ob meine Mutmaßungen sich als richtig erweisen. Dass das Spiel allerdings auf dem „Höhepunkt“ der ägyptischen Zivilisation spielt (wie z.B. von PC Games und anderen Seiten behauptet), mag ich datumstechnisch sehr bezweifeln. Schon vor dem Einfall Alexanders des Großen in Ägypten im Jahre 332 v. Chr. hatte es 31 Dynastien gegeben. Und als Kleopatra an die Macht kam, hatten bereits 300 Jahre lang die Griechen Ägypten in ihrer Hand – bis die Römer sich ebenfalls in Stellung brachten. Dass Kleopatra, wie alle ptolemäeischen Herrscher, griechisch sprach, macht deutlich, dass der Zenit Ägyptens zu diesem Zeitpunkt der Geschichte bereits längst vorbei war.
Zudem hat das Team wieder mit Historikern zusammengearbeitet, gibt aber auch offen zu, dass vor allem bei Wandmalereien und Farben das Kreativteam sich einige Freiheiten herausnehmen musste, schlicht und einfach, da diese über all die Jahrhunderte nicht mehr nachweisbar sind. Wenn das Spiel im Oktober 2017 erscheint, wäre ich sehr gespannt, wie die Archäologen die historische Darstellung einschätzen. [it]
Schöner Artikel – und gleich noch was gelernt! ^^
Ich bin immer noch erstaunt, dass ich das Ägypten-Setting von AC Origins so interessant finde. Ich kann gar keinen bestimmten Grund nennen, aber es reizt mich auf jeden Fall viel mehr als die Settings von Unity und Syndicate. Und das, obwohl ich Ägypten-Settings (und ähnliche Sachen) sonst so furchtbar langweilig in Videospielen finde. Das sind immer wieder die selben Klischees und Bilder – Treibsand hier, Pyramiden dort, der „kulturelle Reichtum“ erscheint dann auch nicht größer als bei generischen Eis- und Feuerwelten.
Doch was ich von AC Origins von der E3 an Gameplay-Material gesehen habe, das hat was! Und da muss ich gestehen, das reicht sogar, mein Interesse an der Reihe wieder zu wecken, obwohl die Spielmechanik leider auch kaum anders ausschaute, als das, was man seit Jahren kennt (und ich Skilltrees, etc. nicht unbedingt als Innovation sehe).
Ich hab das in der Kolumne „Recycelte Welten“ ja schon einmal angedeutet, wie gern ich durch diese Welten laufen und Sachen tun möchte, die nicht darauf hinauslaufen, irgendjemanden umzubringen. Diese ständige Präsenz von Gewalt erzeugt bei mir bei diesen Spielen eine Art ludonarrative Dissonanz, die diese aufwendig gestalteten Umgebungen irgendwie entwertet.
Davon einmal abgesehen, hat Ubisoft offenbar eine kluge Entscheidung getroffen, das Spiel so vergleichweise spät in der Geschichte des alten Ägypten anzusetzen. Mir war das schon beim Schauen des E3-Gameplay-Videos aufgefallen, als ich über die zeitliche Einordnung des Spiels noch gar nichts wusste. Ein paar der Szenen, die ich dort sah, wirkten fast neolithisch, dann aber las ich auf der Karte den Namen Alexandria, und schließlich standen römisch aussehnde Schilde irgendwo herum. Es scheint da also einen ziemlich spannenden Kulturmix gegeben zu haben, und dein Artikel bestätigt das.
Und Protagonist Bayek erscheint mir soweit auch ganz interessant.
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