Games auf über 100 Stationen, eine Retro-Austellung, Rennfahrsimulationen, Tanzautomaten, Animekino, Brettspiele und Tabletops, Chiptune-Musik…
Es wurde viel geboten auf der 11. Langen Nacht der Computerspiele. Blendendes Licht der vielen Monitore, bunte aufblinkende Lichter, kostümierte Cosplayer, Familien mit Kindern, Freundesgruppen, Menschen aller Altersklassen füllten am 29. April 2017 die Räume der HTWK in Leipzig. Eine Geräuschkulisse angefüllt mit Gelächter, schrillen Sounds von diversen Spielen, vermischt mit dem Hintergrundrauschen unzähliger Unterhaltungen. Und zum ersten Mal hatten wir, SPIELKRITIK, mittendrin unseren eigenen Stand. Doch dazu später.
Beim Betreten des Gebäudes wurde einem schnell klar, dass die Organisatoren hinter diesem Event eine große Leidenschaft für Videospiele in sich tragen. Man wurde begrüßt von beleuchteten Vitrinen, in denen Dutzende alte Videospielverpackungen und seltenes Merchandise mit Sorgfalt und viel Liebe zum Detail ausgestellt waren. Es wurden keine Eintrittspreise verlangt und Besucher konnten kommen und gehen wie sie wollten. Außerdem konnte man, wenn manchmal auch etwas Geduld nötig war, fast alles selbst ausprobieren: Sei es in die virtuelle Realität eintauchen, eine Runde Dirt Rally im Fahrsimulator absolvieren oder ein Musikstück auf einem japanischen Tanzautomaten tanzen.
Stark vertreten war das Thema Retro. An unzähligen klassischen Konsolen konnten Jung und Alt zeigen, was sie können. Freunde duellierten sich in Pong, graue Hasen redeten über die gute alte Zeit und schwelgten in Nostalgie, und so manch ein Elternteil zeigte seinem Nachkommen vor welchem Bildschirm und mit welchem Spiel die eigene Jugend verbracht wurde. Dass die meiste Zeit fast kein Automat oder Computer unbesetzt blieb, zeigt, wie alte Spiele noch heute jedes erdenkliche Publikum ansprechen und begeistern. Andere Aussteller versuchten sogar, den Gästen die Faszination an Chiptune-Musik oder einem GameBoy-Netzwerk näher zu bringen.
Besucher, die mit dem alten Kram nichts anfangen konnten, durften sich an einem der rund 60 PCs mit Spielen ihrer Wahl austoben. Klassenzimmer waren umfunktioniert worden, für die optimalsten Bedingungen abgedunkelt und vollgepackt mit Computern. Zudem konnte man sich Tipps beim ansässigen Leipziger eSports Verein holen. Dieser stellte auch selbst PCs zur Verfügung und veranstaltete Turniere, an denen jeder interessierte Besucher teilnehmen durfte. Wer davon noch nicht die Nase voll oder schmerzende Gelenke hatte, konnte auch bei Turnieren in Mario Kart oder Rocket League mitmachen und bei Erfolg kleine Preise gewinnen. Im obersten Stock ließen sich Roboter bestaunen, die gegeneinander Fußball spielten, im Erdgeschoss konnte man lernen, wie man einen Lötkolben benutzt. Außerdem gab es einen eigenen Raum für Spieleentwicklung. Dort zeigten motivierte Nachwuchsentwickler stolz ihre selbst kreierten Spiele. Wer auch das gesehen hatte, konnte sein Wissen rund um Games und Popkultur bei einem „Nerdquiz“ testen und auch dort diverse Preise einsacken.
Doch auch der geübteste Spieler braucht irgendwann eine Pause und auch daran hatten die Organisatoren gedacht. Auf einer Außenterrasse im ersten Stock war ein Grill aufgebaut, wo hungrige Gamer sich für kleines Geld eine Bratwurst oder ein Steak zu Leibe führen konnten. In der Mensa der Fachhochschule gab es belegte Brötchen, Kaffee und andere Getränke. Und während man so aß, hatte man die Möglichkeit, hier aufgebaute Tabletop-Games zu bestaunen oder eines von vielen Brettspielen selbst auszuprobieren.
Am interessantesten war für mich aber die Vortragsreihe (hier das Programm als PDF), die parallel zur Veranstaltung in einem Hörsaal stattfand. Themen der Referate waren beispielsweise die Preisentwicklung bei Retrospielen oder der Auflagenschwund von Videospielzeitschriften. Angehende Master und andere Fachkundige erzählten von ihren Erfahrungen und Forschungen in den jeweiligen Bereichen und ließen die zahlreichen aufmerksamen Zuhörer an ihrem Wissen teilhaben. Nach Ende der Präsentation durften die Hörer ihre Fragen an den Vortragenden stellen. Dabei entwickelten sich viele sachliche und überaus interessante Diskussionen unter den Beteiligten.
Unser Beitrag zur Langen Nacht der Computerspiele
Um nicht nur Zuschauer und Konsument zu sein, hatten wir uns entschlossen, uns und SPIELKRITIK.com zu präsentieren. Also hatten wir – anlässlich seines damals gerade bevorstehenden Konsolen-Geburtstags – den GameCube, vier Controller und diverse Spiele mitgebracht und einen kleinen Stand aufgebaut. Schon kurz darauf kamen die ersten Interessierten auf uns zu. Nicht wegen Spielkritik an sich, sondern wegen Mario Kart: Double Dash! Zwar hatten wir viele Spiele zur Auswahl, doch die meisten Besucher mochten ausschließlich Mario Kart spielen. Ob Frau oder Mann, Jung oder Alt, alle wollten als erste über die Ziellinie fahren. Zwischendurch tauschten wir die Spiele und schlossen beispielsweise die Bongotrommeln an den Gamecube an, um den Leuten den Spaß an Donkey Konga 2 zu demonstrieren, doch selbst dann dauerte es nicht lange bis der Nächste fragte: „Habt ihr auch Mario Kart?“ Ja, aber wir haben doch so viele andere, interessante Spiele dabei…
Wenn dann aber ein Spieler oder eine Spielerin nach einer absolvierten Runde auf uns zukommt, ein breites Grinsen im Gesicht trägt und sich für die spaßigen Minuten oder die zurückgeholten Erinnerungen bedankt, hat man das tolle Gefühl, etwas Gutes getan zu haben.
Speziell für die Lange Nacht der Computerspiele hatten wir zudem ein kleines Magazin im A5-Format zusammengestellt und ausgedruckt, das ausgewählte Artikel von SPIELKRITIK.com enthielt und kostenlos mitgenommen werden durfte. Im Laufe des Abends stellten wir fest, dass wir zu wenige Exemplare produziert hatten, da die Nachfrage – natürlich sehr zu unserer Freude – erstaunlich hoch war. Die Besucher zeigten großes Interesse an den Themen, an unserer Philosophie und Herangehensweise an das Thema Computerspiele. Viele waren überrascht, auf welche Weise wir Spiele betrachteten, da sie fast nur die klassischen Reviewseiten kannten und nicht selten kam es auf dieser Basis zu interessanten Gesprächen und Diskussionen. Einige Leute wollten auch mehr über die Homepage selbst erfahren oder über die Personen hinter den Artikeln. So verging die Zeit wie im Flug und gegen Mitternacht wurde es langsam ruhiger in den Fluren. Schließlich bauten auch wir erschöpft aber glücklich unseren Stand ab.
Für mich persönlich war es die erste Lange Nacht der Computerspiele, aber ich weiß schon jetzt, dass es nicht die letzte gewesen sein wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden wir mit SPIELKRITIK auch nächstes Jahr wieder vertreten sein. Es hat einfach zu viel Spaß gemacht, Gleichgesinnte zu treffen, neue Spielerfahrungen zu machen und aufregende Gespräche mit interessanten und netten Menschen zu führen. Obwohl die Veranstaltung bis spät in die Nacht andauerte und Alkohol ausgeschenkt wurde, blieben alle Beteiligten stets anständig und freundlich, und all das erschuf eine sehr angenehme und fast schon familiäre Atmosphäre. Es war ein langer und anstrengender Tag, der dennoch viel zu schnell vorbeiging. Ich hätte gern die Möglichkeit gehabt, noch einen Tag dranzuhängen, um alles auszuprobieren und zu erleben.
Denn wenn ich ehrlich bin, gibt es für mich kaum etwas Schöneres als in guter Gesellschaft Spiele der verschiedensten Art zu erleben. [dm]
Mehr zum Thema: In den nächsten Tagen erwartet euch noch eine kleine Fotogalerie auf SPIELKRITIK.com, in der Zwischenzeit werdet ihr aber auch schon bei René Meyers Schreibfabrik fündig. Außerdem hat Daniel ein Interview mit Leipzig eSports geführt, das er derzeit zur Veröffentlichung vorbereitet.
- Update: Unsere Fotos von der 11. Langen Nacht der Computerspiele
- Sylvios Eindrücke vom letzten Jahr: Impressionen: Gex (3DO), Vector Pilot (Vectrex), Lange Nacht der Computerspiele in Leipzig
Fotos: Xuân Pham
Das klingt alles höchst interessant und wäre mir nächstes Jahr durchaus sogar mal einen Wochenendausflug nach Leipzig wert. Gibt es von den Vorträgen Aufnahmen?
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Meines Wissens nicht, oder zumindest nicht vonseiten der Hochschule. Ich hab leider auch nur einen Vortrag besuchen können („Computerspiele und Bildung“ von Dirk Poerschke, siehe Pitforman in unserer Blogroll). Daniel war bei ein oder zwei anderen.
Der zum Auflagenrückgang von Printmagazinen z.B. hat wohl auf einer Masterarbeit o.ä. basiert, die auch online verfügbar sein soll, wenn ich mich recht erinnere. Daniel weiß da evtl. mehr. Mein eigener Vortrag zu 15 Jahre GameCube basierte v.a. auf meinen diversen Artikeln zu Killer 7 sowie einem noch kommenden Artikel zu Eternal Darkness, weshalb es kaum lohnt, den noch einmal separat zu verschriftlichen.
Generell fand ich die Vortragsreihe eine tolle Sache und war erstaunt, dass sie gerade in den Abendstunden auch wirklich gut besucht war. Bei meinem Vortrag vielleicht 40-50 Leute, denke ich. Manche Referate litten ein wenig unter dem Limit von 30 Minuten, in dem man logischerweise nur schwer in die Tiefe gehen kann, aber sinnvoll ist das in meinen Augen trotzdem, lädt es doch zum spontanen Zuhören ein, ohne dafür gleich den halben Abend zu opfern.
Und sonst: Ich weiß nicht, wie weit von Leipzig du weg bist, aber generell lohnt sich die Anreise von außerhalb inzwischen wirklich! Das Event ist mittlerweile so groß geworden, dass man problemlos den gesamten Tag dort verbringen kann, ohne dass es langweilig würde.
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Leipzig ist zwar nicht so weit weg, aber bisher habe ich das trotzdem immer verpasst. Vielleicht bin ich im nächsten Jahr auch mal dort. Plant ihr denn jetzt, ein fester Aussteller zu werden oder bleibt es bei diesem einmaligen Auftritt?
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Ich hab das Thema auch schon im Photo-Post kurz angerissen: Sofern nichts ganz Blödes dazwischen kommt, werden wir auf jeden Fall auch im nächsten Jahr wieder dabei sein! Die Resonanz war einfach sehr, sehr gut und Spaß hat es auch gemacht, und mit den Erfahrungen aus diesem Jahr können wir nächstes Mal auch besser vorbereitet sein. Wie unser Auftritt im nächsten Jahr genau ausschauen wird, mag ich jetzt noch nicht festlegen, das kommt ganz drauf an, wo wir mit Spielkritik in einem Jahr stehen. Auch ob wir uns wieder auf eine Konsole konzentrieren… Ich fände ja die Dreamcast reizvoll… ;)
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Ich war schon zweimal bei der „Langen Nacht“ und war immer begeistert. Damals verlief die Organisation noch unter der Teil-Regie von René Meyer. Das inhaltliche Spektrum der Veranstaltung hatte mich schon immer begeistert. Wissen gepaart mit Unterhaltung zum Transportieren von Neugierde auf die Technologie ist eine wunderbare Melange. Das Event ist wahrlich für viele Altersklassen geeignet. Ich lauschte Vorträgen über Robotik, konnte Gründungen von Unternehmen „beiwohnen“ und hatte die Gelegenheit viele wundervolle Spiele auszuprobieren.
Ganz besonders ist mir die Begegnung mit den Robotron-Freunden in Erinnerung geblieben. Jungs und Mädels, die bereits zu DDR-Zeiten Berührungspunkte mit „Mikrocomputern“ (in West-Deutschland hießen diese „Heimcomputer“) hatten. Sie erklärten mir diverse KC-Computer und zeigte mir die Programme und Spiele ihrer Zeit. Auch lernte ich die damalige Literatur kennen, die neben technischen Beiträgen auch politisch durchsetzt war.
In jedem Fall ist das Event eine Besucher wert. Es gibt keine zweite Veranstaltung in unserem Land, die – auf Basis des Angebots – so sehenswert ist!
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Ich danke dir für’s Hinterlassen deiner Erinnerungen!
Ich vermute, ich war 2009 zum ersten Mal dort, als die Veranstaltung sich noch auf einen Gang und zwei Klassenzimmer beschränkte, und seither dürfte ich jedes Jahr dabei gewesen sein. Nicht wenige Systeme habe ich dort zum allerersten Mal spielen dürfen.
René kenne ich flüchtig. Er ist noch immer in den Gängen unterwegs und mit seinem Markenzeichen-Hut weithin sichtbar. ;)
Die neue Website der Langen Nacht umfasst auch eine Chronik mit einer umfangreichen Fotosammlung: https://computerspielenacht.htwk-leipzig.de/computerspielenacht/chronik/
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