Multiplayer ist mehr als simples Deathmatch und viele Spieler spielen lieber mit- als gegeneinander. Doch unter welchen Voraussetzungen kann ein motivierendes kooperatives Gameplay erzeugt werden, das allen Spielteilnehmern Spaß am Teamplay bereitet?

Dass der Mensch ein Gesellschaftstier ist, lässt sich nicht bestreiten. Wir treten Vereinen bei, suchen den Partner fürs Leben, arbeiten in Teams, treffen Freunde und die meisten fühlen sich in der Gesellschaft anderer wohl. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir schon als Kinder Gleichgesinnte suchen um mit ihnen zu spielen. Wir vereinen uns zu Gruppen und besiegen fiktive Gegner mit Stock und Stein. Auch die Videospielindustrie versucht immer wieder, dieses vertraute Gefühl des Zusammenseins durch Koop-Modi oder ähnliches zu erzeugen. Doch während es einigen Games gelingt, ihre Spieler zu einer Einheit verschmelzen zu lassen und ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen, fühlt sich der kooperative Modus bei anderen Spielen aufgesetzt und unnötig an. Was also unterscheidet ein gutes kooperatives Spiel von einem schlechten?

Kurz gesagt: Die Mechanik! Um ein fesselndes Mehrspieler-Abenteuer zu kreieren, reicht es nicht, einen zweiten Spieler in eine Singleplayer-Kampagne zu pressen. Wenn die Kernmechaniken der Einzelspielermissionen nicht grundsätzlich auf Mehrspieler umgemünzt werden, wirken diese substanzlos und unbefriedigend. Schnell fehlt es den Spielern an Motivation. Denn: „Wenn ich die gleichen Herausforderungen, vor die mich das Spiel stellt, auch alleine geschafft habe oder zumindest weiß, dass ich sie alleine schaffen könnte, wie sollte ich dann zu zweit noch mehr Spaß oder Spieltiefe erleben? Im Zweifel hält mich mein Partner nur auf, weil er ungeübt ist oder schlecht mit dem Gamepad umgehen kann!“

Miteinander statt nebeneinander: Kooperative Spielmechaniken

Genau hier sollte es zu einer wichtigen Änderung im Missionsdesign kommen! Grundsätzlich sollten alle Teilnehmer in einem kooperativen Spiel dieselben übergeordneten Ziele verfolgen. In teambasierten Games darf es nicht einzelne Gewinner oder Verlierer geben. Entweder das gesamte Team triumphiert oder alle scheitern. Dementsprechend wichtig ist es, dass diese Ziele nur durch eine Mehrzahl an Spielern erreicht werden können. Eine beliebte Mechanik sind zwei Schalter, welche nur durch zeitgleiches Drücken die Tür zum nächsten Bereich öffnen. Darüber hinaus existieren auch komplexere Aufgaben, wie das Steuern eines Raumschiffes in Lovers in a Dangerous Spacetime oder das Zubereiten einer vorgegebenen Speise bei Overcooked. Die dort enthaltenen Missionen können nur mit einem oder mehreren Mitspielern bewältigt werden. Außerdem gibt es bei diesen Spielen oft mehr Aufgabenbereiche zu erfüllen als maximale Spielteilnehmer. Ein Beispiel: Um in Overcooked durch Kochen Punkte zu erzielen, müssen die vorgegebenen Zutaten an separaten Stationen geschnitten, gekocht bzw. gebraten und angerichtet auf einen Teller an den Kunden gebracht werden, und es muss sich jemand um das dreckige Geschirr kümmern. Erschwerend kommen Hindernisse wie z.B. Engstellen hinzu, welche nur von einem Charakter passiert werden können, oder aber die gesamten Arbeitsbereiche wechseln schlagartig ihre Position. Die Folge sind ziemlich viele Herausforderungen die bewältigt werden müssen, selbst wenn man zu viert in der virtuellen Küche steht.

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Koordination durch Kommunikation ist hierbei der Schlüssel zum Erfolg. Teambasierte Spiele erziehen ihre Spieler dahingehend, sich auszutauschen und befördern somit ein entscheidendes Element. Ohne diese erzwungene, verbale oder auch nonverbale Interaktion während des Spielens könnte kein Gefühl echter Kooperation aufkommen und man spielte dröge nebeneinander her. Besser sollte es zu einem Austausch von Taktiken, Lösungsvorschlägen, Standorten oder Hilfestellungen kommen. Zeitgleiche Aktionen, aber auch Resourcenmanagement dienen den Spielern als Anlass, sich mit ihren Teammitgliedern zu verständigen und tragen zum positiven Spielgefühl bei.

Eine weitere Möglichkeit, mehr Teamwork und Spieltiefe zu erzeugen, ist die Folgende: Viele kooperative Games geben allen Teammitgliedern die gleichen Fähigkeiten und Fertigkeiten an die Hand. Bei anderen jedoch – vor allem bei Rollenspielen – existiert eine klare Aufteilung in verschiedene Klassen und eine Verteilung der damit verbundenen Aufgaben im späteren Spiel. Die Eigenschaften und Fähigkeiten der einzelnen Charaktere sollten eine gut balancierte, komplementäre Symbiose ergeben. Gut balanciert deswegen, weil es sehr nachteilig wäre, wenn einige Spieler zu dominant wären oder durch ungleiche Verteilung der Erfahrungspunkte schneller im Spiel voran schreiten könnten. In vielen MMORPGs wird der Effekt der Symbiose durch ergänzende Grundklassen (Healer, Tank und Damage-Dealer) erzeugt. Während hier eine zwar frei erwählte, jedoch vorgefertigte Klasse das spätere Gameplay und die Rolle im Team weitestgehend vorgibt, existieren in anderen Spielen noch größere Wahlfreiheiten. Payday 2 ist ein Spiel, bei dem bis zu vier Spieler gemeinsam Banken, Tresore und ähnliches ausrauben und versuchen, so viel Geld wie möglich zu klauen, während sie Wellen von KI-Gegnern so lange zurückhalten, bis diese zu einer unbezwingbaren Übermacht angewachsen sind. Dieses Spiel gibt einem jederzeit die Möglichkeit, seine gesammelten Erfahrungspunkte neu zu verteilen, eine andere Rolle im Team zu übernehmen und sich somit der nächsten Mission anzupassen und sie mit einer individuellen Taktik zu bestreiten. Nicht die Spieleentwickler, sondern die Spieler selbst entscheiden, mit welchen Strategien und Kombinationen einzelner Charakterfähigkeiten sie ihre Ziele erreichen.

Es gibt aber noch etliche andere Tricks der Spielentwickler, um ein kooperatives Spielerlebnis spannend und abwechslungsreich zu gestalten. Sei es das gemeinsame Craften und Erkunden in Minecraft, oder sei die Möglichkeit in Super Mario, Jump & Run-Passagen zusammen zu meistern, zeitweise aber auch getrennt voneinander zu agieren. Auch teambasierte First-Person-Shooter wie Counterstrike oder Echtzeitstrategiespiele wie Warcraft 3 müssen in diesem Zusammenhang genannt werden, legen sie doch großen Wert auf ihre eigenen, nuancierten Mechaniken, die sehr komplexes und taktisches Teamplay erfordern.

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Die Liste ließe sich fast beliebig fortführen, mit Borderlands 2, Destiny, World of Warcraft, Fifa, Portal 2, GTA V, Rainbow Six: Vegas, The Division, Ghost Recon: Wildlands, Team Fortress 2… Viele populäre Spiele tragen den kooperativen Gedanken also in sich. Doch worin besteht der Reiz am gemeinsamen Spielen? Wieso agieren so viele Menschen anscheinend lieber gemeinsam mit anderen, als sich im Kompetitiven zu profilieren? Den Unterschied macht die Art der Motivation!

Die Motivation zur Kooperation

Jeder von uns spielt aus einem eigenen, individuellen Antrieb heraus. Um Machtfantasien auszuleben, ein Spiel zu perfektionieren, Erfolgserlebnisse zu erfahren oder um sich zu verwirklichen. Die Motivation hinter kooperativen Spielen unterscheidet sich dabei von der im kompetitiven Spiel und im Einzelspieler-Erlebnis.

Zunächst sollte erwähnt werden, dass ein teambasiertes Spiel ungeübten und neuen Spielern den Einstieg erleichtern kann. Während man im Singleplayer die Regeln durch ein Tutorial erklärt bekommen kann, wirkt die Aufforderung: „Komm! Nimm den Controller in die Hand und ich zeige dir, wie wir zusammen spielen können!“ einladender und ermutigender auf ungeübte Spieler. Die Einstiegshürde wird herabgesetzt, da der Mitspieler bzw. die Freundin als „personal trainer“ fungiert und somit weniger Erfolgsdruck auf dem neuen Spieler lastet. Jeder Besitzer einer Konsole und eines dazugehörigen zweiten Controllers wird sicherlich dieselbe Erfahrung gemacht haben. Hinzu kommt, dass das kooperative Spiel den Schrecken vor größeren Hürden nimmt. Gemeinsam sind schwierige Passagen leichter zu meistern und weniger frusttolerante Spieler fühlen sich eher ermutigt, sich einem Problem doch noch einmal zu stellen statt vorschnell aufzugeben. Und wenn das schwierige Hindernis dann gemeinsam bezwungen werden konnte, stärkt das den Teamgeist und schweißt die Teilnehmer emotional zusammen.

In einem Team sollte jeder Spieler einen unverzichtbaren Part einnehmen können. Sei es nun durch eine ihm zugeteilte Aufgabe innerhalb der Gruppe oder infolge einer gezielt erwählten Klasse. Spieler motiviert dieses Gefühl gebraucht zu werden und Teil einer  Einheit zu sein. Es geht dabei eben nicht um die eigenen Interessen, sondern um die aller Mitspieler. Gegenseite Hilfestellung, das Teilen von Items oder die Notwendigkeit, sich auch einmal zugunsten der Gruppe zu opfern – all diese Dinge tragen entscheidend zu einem motivierenden Gemeinschaftsgefühl bei. Im Vergleich zum Kompetitiven – wo der eigene Erfolg eine Rolle spielt und es wichtig ist, sich gegen seinen Gegnern zu behaupten – geht es im kooperativen Spiel darum, sich innerhalb der eigenen Gruppe und dort vor allem als guter Partner oder Mitspieler zu beweisen. Die Gewissheit zu haben, ein respektierter und unverzichtbarer Teil einer Gemeinschaft zu sein, kann ein starker Motivationsfaktor sein. Es ist daher die soziale Interaktion, die Spieler auf der ganzen Welt vor die Bildschirme treibt und nicht wenige finden in diesen virtuellen Räumen neue Bekanntschaften und Freunde. Ob als Teamleader im Counterstrike-Clan, Healer in der WoW-Gilde oder als Tellerwäscher in Overcooked. Menschen treffen sich, um Erfolg in der Gemeinschaft zu erfahren und ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

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Um solche Erfahrungen zu generieren, braucht es jedoch auch eine gewisse soziale Kompetenz. Teamplayer sind gefragt. Die Lust zu spielen vergeht schnell, wenn ein Spieler sich abkoppelt und versucht, ohne Rücksicht auf seine Mitspieler eigene Ziele durchzusetzen. Kooperative Spiele verlangen jedoch mehr als reinen Skill. Es braucht Empathie, Geduld und Opferbereitschaft, um Spaß für sich und das Team zu generieren. Rusher oder Eigenbrötler werden nicht gerne gesehen. Als Mitglied einer Gruppe trägt man Verantwortung seinen Spielkameraden gegenüber, anders als wenn man „nur“ der Held im eigenen Singleplayer-Abenteuer ist. Doch nicht jeder ist zum Teamplayer geboren. Manch einer kann oder will einfach nicht von seinen Teammitgliedern abhängig sein und tendiert lieber zum Einzelkämpfer. Und das ist okay so!

Kooperation als Ärgernis

Doch genau hier stoßen kooperative Spiele an ihre Grenzen. Denn neben all den Erfolgserlebnissen, die man im Team erfahren kann, gibt es auch Nachteile am teambasierten Spiel. Zunächst müssen sich alle Spieler zur selben Zeit am selben Ort treffen. Sei es virtuell oder in einem realen Raum. Dass nicht jeder immer Zeit hat und zur Verfügung steht, schränkt die Spontanität und die Verfügbarkeit stark ein. Außerdem muss – bei einem Online-Spiel – jeder Teilnehmer über die dazugehörige Spielplattform und das Spiel verfügen. Für viele ein Luxus. Probleme, die in den meisten rein kompetitiven Spielen und vor allem bei Singleplayer-Spielen nicht vorkommen.

Darüber hinaus kann es dazu kommen, dass der Flow und der damit verbundene Spielspaß leidet. Ein typisches Beispiel ist der unerfahrene Neuling, der nur hinterher hinkt, schlecht mit der Steuerung umgehen kann, Taktiken nicht richtig ausfüht oder öfters als andere Hilfestellung benötigt. Der schwächste Spieler gibt in solchen Spielen die Spielgeschwindigkeit vor, zum Leidwesen manch anderer.

Ein weiteres Problem – das vor allem bei kooperativen Onlinespielen auftritt – liegt im Spielen mit Fremden. Auch abseits von Sprachbarrieren und anderen kommunikativen Problemen ist es ein sehr seltener Umstand, ein wirklich gutes Team zu finden, geschweige denn zu bilden. Spieleentwickler tun sich schwer damit, Systeme zu entwickeln, denen es gelingt, sich untereinander fremde Spieler zum Teamplay zu zwingen oder dem Einzelnen seine Rolle im Team klar verständlich zu machen. Und selbst wenn dies eindeutig erklärt wird, heißt das noch lange nicht, dass sich auch jeder Spieler an seine Rolle hält.

Einen entscheidenden Vorteil hat jedes kooperative Spiel allen anderen gegenüber. Das Spielen in der Gruppe bleibt unberechenbar und schreibt seine eigenen kleinen Geschichten. Denn niemand weiß genau, was als nächstes geschieht. Jede Taktik kann zusammenbrechen, wenn ein Spieler seine Gelegenheit verpasst oder den virtuellen Tod erleidet. Sich als Einzelspieler eine Strategie zurecht zu legen und auszuführen ist relativ einfach. Aber beispielsweise mit drei anderen Spielern in Left for Dead 2 einen Zombie-Massenangriff zu überleben, auf seine Teamkameraden zu achten und nebenbei noch Missionen zu erfüllen, ist etwas ganz anderes.

Man kann wohl sagen, dass Kooperation schon immer zum Spiel dazugehört hat und auch weiterhin dazugehören wird. Koop-Spiele sind im Vergleich zu kompetitiven Spielen frei von den zerstörerischen Rivalitäten untereinander, zeigen uns wie viel wir in der Gruppe erreichen können und motivieren uns stets dazu, unser Bestes zu geben. Und Zusammenspielen macht sowieso doppelt so viel Spaß! Oder wie seht ihr das? [dm]